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22.10.11 / Mit Armut hat das nichts zu tun / Linke Politiker sehen fälschlicherweise soziale Benachteiligung als Ursache für Islamismus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-11 vom 22. Oktober 2011

Mit Armut hat das nichts zu tun
Linke Politiker sehen fälschlicherweise soziale Benachteiligung als Ursache für Islamismus

Anschläge von Islamisten erschüttern immer wieder die Welt, doch was treibt die Attentäter? Eine Spurensuche − mit Hausbesuch − in Libyen soll Antwort auf die Frage bringen.

„So was kommt von so was.“ Das 2001er Flugblatt der Hamburger PDS hatte es in sich. Tenor: Für den Terrorangriff vom 11. September sei die Politik der USA „ursächlich selbst verantwortlich“. Die Weltsicht, der islamisch motivierte Terrorismus habe seine Ursache in Armut und ungerechter Wohlstandsverteilung, ist in Deutschland weithin populär. Dazu trugen auch Minister wie Heidemarie Wieczorek-Zeul wiederholt bei: „Die Terroristen rechnen auf die Mobilisierbarkeit derjenigen, die sich in den Ländern des Südens, zumal den islamischen Ländern, ohnmächtig und unterlegen fühlen – auch gerade gegenüber den wirtschaftlich starken Ländern des Nordens“, sagte sie im Januar 2002.

Die Attentäter der Anschläge in den Vereinigten Staaten entstammten aber wohlhabenden, angesehenen und säkularisierten Familien. Es war ihnen vergönnt, im Ausland zu studieren. 15 der Männer kamen aus Saudi-Arabien, einem der reichsten islamischen Länder schlechthin. Krankenhausaufenthalte und Schulbildung – kostenfrei. Die saudische Gesellschaft, bestehend aus archaischen Familienstämmen, gilt trotzdem als Brutstätte fundamentalistischer Ideen. Diese Beschreibung trifft mit Abstrichen auch auf ein anderes Land zu, das sich 2011 im Zuge des  Bürgerkrieges wie eine Konservendose geöffnet hat: Libyen.

Der Wüstenstaat am Mittelmeer hat das mit Abstand höchste Pro-Kopf-Einkommen aller Völker im islamischen Nordafrika. Das Wohlstandsgefälle ist nur schwach ausgeprägt – die Verteilung der Ölmilliarden fand bis in die entlegensten Winkel des Landes statt. Hunger und Obdachlosigkeit gab es nicht. An Straßenbau, ärztlicher Behandlung, ja selbst einem Hochschulstudium mussten sich die Libyer finanziell nicht beteiligen – der Staat sorgte sogar für die Arbeitslosen. Trotzdem sah sich die Regierung unter Einfluss von „Revolutionsführer“ Muammar Gaddafi von 1995 bis 1997 in der östlichen Cyrenaika mit einem Aufstand ehemaliger Afghanistan-Veteranen konfrontiert. „Wir sind eben keine Tiere, die nur fressen und scheißen wollen“, kriegt man heute salopp von vielen Aufständischen zu hören. Der brennende Wunsch nach Neuem spielt sicherlich eine Rolle. Ein nicht unerheblicher Teil des Frustes ist aber auch darauf

zurückzuführen, dass Gaddafi die Macht der Imame zurückgedrängt hat. Der Ausgleich: Die islamisch-sozialistische Ideologie des Grünen Buches, von vielen als Ketzerei empfunden. Gaddafi forderte jeden Bürger auf, ein eigenes Verständnis vom Koran zu entwickeln. Auch mit dem verordneten neumodischen Frauenbild, das sogar zu einer weiblichen Leibstandarte des Führers führte, hatten viele ihre Bauchschmerzen.      

Zum Beispiel der 46-jährige Abdul Hakim al Hussadi aus der Küstenstadt Derna. „Frauen sind wie Blumen, die beschützt werden müssen“, sagt er mit strengem Blick. Seine drei Ehefrauen tragen die Burka. Das ist ungewöhnlich in Libyen – ein Mitbringsel aus Afghanistan. Dort lebte Hakim von 1997 bis 2001. Als Sympathisant der aussichtslosen islamischen Erhebung in der Heimat war er um sein Leben gerannt. Als der We-sten mit seinen Armeen am Hindukusch anrückt, greift der kräftig gebaute Mann schließlich selbst zu Kalaschnikow und Panzerfaust. „Die USA haben damals ein fremdes Land überfallen, gemeinsam mit lokalen Kriminellen, der Nordallianz!“ Er selbst habe im östlichen Dschallalabad nur seine Familie und ihr Eigentum verteidigen wollen – und verlässt Afghanistan nach wenigen Wochen mit den Taliban über die Berge. Im Juli 2002 – Verhaftung in Pakistan durch US-Ermittler. „Ich bin nicht gefoltert worden – und sogar die libysche Botschaft setzte sich für meine Rückkehr ein.“ Zurück in der Heimat – und noch mal drei Jahre Gefängnis. Zwei Dinge fallen auf: Der Geografie- und Islam-Lehrer besaß Voraussetzungen zur Flucht und muss bis heute über genügend Geld verfügen, um die drei Ehefrauen zu finanzieren. Gleichzeitig hängt er fundamentalistischen Ideen an. Ein Führer des Phantoms „Al Kaida“ im Osten Libyens ist er damit aber noch lange nicht, auch wenn viele westliche Medien dies behaupten. Hakim ist ein einfach gestrickter Mann und macht sich nichts daraus, offen über seine früheren Kontakte zu saudischen Anhängern Osama Bin Ladens in Afghanistan zu sprechen.     

Politprofis wie Abdel Hakim Belhaj, Rebellenchef in der Hauptstadt Tripolis, oder Nasser Bujaful al Swaj, Führer der „Brigade 17. Februar“ in Al Kufrah, sind da viel gewiefter. Beide waren in der islamischen Bewegung aktiv, beide gingen ins Exil: Abdel Hakim nach Südasien und Europa, Nasser nach Australien. Was sie ebenfalls eint, ist die Zurückhaltung bezüglich ihrer Vergangenheit. Nasser Bujaful bestreitet sogar, Afghanistan jemals betreten zu haben. „Ich glaube an Demokratie und Menschenrechte“, sagt er. Die umfassende Einführung der Scharia würde er von einer Wahl abhängig machen. Zu wissen ist allerdings auch, dass der Islam Falschaussagen zum eigenen oder religiösen Selbstschutz gutheißt. Aber immerhin ist der „Scheich“ eine der wenigen Kräfte im südlichen Kufrah, die für Ruhe und Ordnung sorgen und sich nicht an Schiebergeschäften beteiligen. Die Religion ist das einzige, was die Menschen hier eint und je reicher und mächtiger, desto stärker wächst auch das Bedürfnis nach Allahs Segen.

Der konservative amerikanische Publizist Daniel Pipes schrieb dazu: „Erst wenn wir die ökonomische Dimension des Islamismus nicht mehr überbewerten und stattdessen seine religiöse, kulturelle und politische Dimension stärker beachten, erst dann beginnen wir wirklich, die Ursachen des militanten Islam zu verstehen.“      Billy Six


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