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22.10.11 / Christentum kann helfen / Moral für den Kapitalismus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-11 vom 22. Oktober 2011

Christentum kann helfen
Moral für den Kapitalismus

Wolfgang Ockenfels ist ein unorthodoxer Kirchenmann. Der Zigarrenraucher nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er zu kirchlichen oder politischen Fragen Stellung nimmt. Neben seinem Hauptberuf als Professor für Christliche Sozialwissenschaften an der Universität Trier überzeugt Ockenfels als Redner auch zu wirtschaftlichen Fragen sowie als Chefredakteur der Zeitschrift „Die Neue Ordnung“. Sein letztes Buch ging über die Partei, deren Mitglied er ist: die CDU.

Sein aktuelles Werk ist dem Kapitalismus gewidmet, unter dessen Entartungen die aktuelle Finanz- und Wirtschaftswelt, ja ganze Gesellschaften kranken. Mit Ludwig Erhard und seiner „sozialen Marktwirtschaft“ haben das skrupellose Treiben der Boni-Banker und Spekulanten sowie die immer neuen Euro-Rettungsschirme nichts mehr zu tun. Ockenfels, als konservativer Katholik und Geistlicher Berater des Bundes Katholischer Unternehmer sicher nicht linker Neigungen verdächtigt, sagt klar: „Die finanzkapitalistischen Rückfälle mit ihren ungeheuren Maßlosigkeiten und Wertzerstörungen haben freilich nicht nur den Kapitalismus diskreditiert. Auch die sozialakzentuierte Marktwirtschaft deutscher Prägung hat einen gewaltigen Vertrauensverlust erlitten.“ Der globale Kapitalismus habe abgewirtschaftet und sei an seiner eigenen Maßlosigkeit gescheitert.

Der Autor fordert die Rückkehr zu einer sozial und zugleich ökologisch ausgerichteten Marktwirtschaft, die nicht nur als nationalökonomische Kategorie oder als westeuropäisches Leitbild zu begreifen, sondern auch im Weltmaßstab anzuwenden sei. Dabei ist die globale Gerechtigkeit dem streitbaren Gottesmann besonders wichtig. Ockenfels kritisiert die Idee vom „Import von Humankapital“, um die Probleme des eigenen Fachkräftemangels mit jungen Talenten aus Entwicklungsländern zu lösen. Auch der insbesondere von der EU betriebene Agrarprotektionismus findet in ihm einen scharfen Kritiker, da hierdurch die Entwicklungsländer womöglich mehr geschädigt werden, als durch finanzielle Hilfen „des Westens“ wieder gut gemacht werden kann.

Mit seinem Plädoyer für die Übertragung der Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft im Weltmaßstab an Stelle des entarteten Kapitalismus anglo-amerikanischer Provenienz stützt sich Ockenfels auch auf die Haltung der Päpste, die einen unregulierten Kapitalismus und vor allem den Sozialismus-Kommunismus aus religiösen, moralischen und so-

zialethischen Gründen ablehnen: „Dieser gilt sei 1989, seit dem Zusammenbruch des ‚Ostblocks‘ als hinfällig. Jener ist in diesem Jahr in eine massive internationale Krise geraten.“

Auch wenn sich der Verfasser gegen die globalen Spieler mit ihrem Deregulierungsmantra wendet, heißt dies nicht, dass er kein Auge für die Missstände unseres „Sozialstaats“ hätte. Die Höhe des Sozialetats sei kein alleiniger Indikator für soziale Gerechtigkeit. Allerdings müsse auch die Gier der Profiteure und Spekulanten wirksam bekämpft werden. Ockenfels ist sich sicher: Wenn sich die religiöse Verankerung der allgemeinen Moral lockert, dann wird das Eigeninteresse oder der persönliche Nutzen zur moralischen Norm erhoben. In einem Land, in dem selbst die CDU ihr C als Hypothek begreift, sind wir unmittelbarer Zeuge solcher Vorgänge.             Ansgar Lange

Wolfgang Ockenfels: „Was kommt nach dem Kapitalismus?“, Sankt Ulrich Verlag, Augsburg 2011, 176 Seiten, 16,95 Euro


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