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22.10.11 / Hund entdeckt Leiche / Britischer Krimi »entführt« Leser nach Sussex

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-11 vom 22. Oktober 2011

Hund entdeckt Leiche
Britischer Krimi »entführt« Leser nach Sussex

In dem verwilderten Vorgarten eines unbewohnten Cottage hat der Trüffelhund Honey beim Herumstöbern Überreste eines menschlichen Skeletts zum Vorschein gebracht. Sein erschrockenes Herrchen Jim Belbury packt noch schnell die Ausbeute des Nachmittags ein und ruft die Polizei. Kurz darauf parken im pittoresken Zentrum des südenglischen Dorfes Flagford mehrere Polizeifahrzeuge neben dem Gehsteig. Einer davon ist jener erfahrenen Chief Inspector Wexford. Ihm und seinem Team steht die Lösung eines besonders schwierigen Falls bevor, da sich bald herausstellt, dass der Mord an dem unbekannten Mann mittleren Alters vor mindestens zehn Jahren begangen wurde.

Mit der vorliegenden 21. Folge ihrer Wexford-Kriminalromanserie stellt die 81-jährige britische Autorin Ruth Rendell erneut ihr Gespür für Charaktere, Befindlichkeiten und komische Situationen unter Beweis, wobei ihr diesmal daran gelegen war, die in jüngerer Zeit eingetretenen gesellschaftlichen Veränderungen zu veranschaulichen. So fühlt sich Chefermittler Wexford, mittlerweile Großvater, noch den bewährten alten Umgangsformen verpflichtet, während in seinem beruflichen Umfeld zwar ein lockerer Ton vorherrscht, andererseits aber die strenge Einhaltung gewisser Spielregeln erwartet wird. Mit Wexford und seinen jüngeren Kollegen begibt sich der Leser gleichsam auf Feldforschung in der Grafschaft Sussex, wo kauzige, misstrauische, fernsehsüchtige und andere Zeugen den Kriminalbeamten ihre Sicht der Dinge zum Besten geben.

Ruth Rendell, die eine Ader für soziale Themen hat, führt ihren Lesern diesmal die Situation von Immigranten vor Augen. In Sussex leben viele Somalis, von denen die wenigsten assimiliert sind wie die Familie Dirir in Wexfords Nachbarschaft. Viele schotten sich von ihrer Umgebung ab und kümmern sich nicht um die Kultur ihres Gastlandes. Zur Normalität gehört für sie die für Europäer verstörend wirkende Sitte der Genitalverstümmelung kleiner Mädchen.

Im vorliegenden Fall tritt sogar die Polizei auf den Plan. Dennoch muss gebangt werden, ob das akut gefährdete kleine Mädchen Shamis tatsächlich körperlich unversehrt bleiben wird. Dabei hat Rendell es vermieden, die Eltern des Mädchens moralisch anzuprangern. Beredt erläutert sie, dass diese noch ganz im Bann der uralten Tradition stünden. Durch das Geschehen auf diesem Nebenschauplatz wird die eigentliche Handlung zwar in die Länge gezogen, aber das gehört ja auch zu den Regeln eines guten Krimis.       Dagmar Jestrzemski

Ruth Rendell: „Der vergessene Tote“, Blanvalet, München 2011, gebunden, 352 Seiten, 19,99 Euro


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