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05.11.11 / Blankes Entsetzen / Europas Regierungen begegnen in Griechenland dem Volk

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-11 vom 05. November 2011

Blankes Entsetzen
Europas Regierungen begegnen in Griechenland dem Volk

Eine Volksabstimmung in einem demokratischen Land über eine alle Bürger betreffende Frage – im ach so demokratischen Europa von heute sorgte schon die bloße Ankündigung für Wirbel.

Blankes Entsetzen und erhebliche Verwirrung kennzeichneten die ersten Reaktionen auf das Vorhaben des griechischen Ministerpräsidenten, sein Volk über die Annahme des Euro-Rettungspakets abstimmen zu lassen. Giorgos Papandreou hat einen Paukenschlag gesetzt, der nicht allein den Euro-Raum, sondern das gesamte globale Finanzsystem vor Schreck erstarren ließ. Weltweit brachen die Börsenkurse ein.

Mit ihrem Dogma, niemand werde fallengelassen, war Kanzlerin Merkel von Anfang an auf dem Holzweg. So wie es der Geburtsfehler der Währungsunion gewesen ist, dass hier Volkswirtschaften in eine Währung gezwängt wurden, deren Unterschiedlichkeit in der Wirtschafts- und Währungskultur den dämpfenden Puffer flexibler Wechselkurse unabdingbar machten. Sie durch die Vergemeinschaftung gigantischer Haftungsrisiken zusätzlich mit einander zu verstricken, hat die Lage nur noch verschlimmert. Dadurch sollten „Ansteckungsgefahren“ gebannt werden, hieß es aus dem Munde von Politikern und Bankern. So feierten beide den absurd hohen jüngsten Rettungsschirm von über einer Billion Euro denn auch als den großen Durchbruch zum Sieg über die Schuldenkrise.

Das Gegenteil ist eingetreten, wie sich seit Montag deutlicher denn je erweist: Erst die Verlockung niedriger Zinsen durch den Euro hat die Schulden Griechenlands ins Unbezahlbare steigen lassen. Und erst die Verzahnung des todkranken Hellas mit dem Rest der Euro-Zone über die Rettungsmaßnahmen hat dazu geführt, dass ein so kleines Land „ansteckend“ werden konnte, heißt: zur Bedrohung für den Wohlstand aller Europäer.

Ohne Euro und ohne Rettungsschirme wäre ein Bankrott Griechenlands ein lokales Ereignis geblieben, auf das die Partner in der EU schnell eine Antwort gefunden hätten. Mit einer drastischen Abwertung der Drachme hätte Athen nach einem Schuldenschnitt seine Wettbewerbsfähigkeit wiederhergestellt. Schmerzhafte Reformen wären auch so unerlässlich gewesen – doch kein Vergleich mit dem, was die Griechen jetzt durchmachen! Und sie hätten Licht am Ende des Tunnels gesehen.

Was aber verspricht der gefeierte neue Billionen-Rettungsschirm heute – außer ins Uferlose wachsende Risiken für die deutschen Sparer, Rentner und Steuerzahler? Dass Griechenland seine Staatsschulden bis 2020, gemessen an der Wirtschaftsleistung, um ein Viertel reduziert bekäme, wenn denn alles gut geht und die griechische Wirtschaft nach Reformen wieder anspringt? Experten warnten spontan, dass an 2020 gar nicht zu denken wäre, denn bereits in zwei Jahren wäre bei den Hellenen alles wieder so (schlimm) wie heute. Da ist es die Frage, ob man wirklich entsetzt sein soll, wenn die Griechen diesen Plänen der Euro-Retter ein Bein stellen. Hans Heckel


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