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05.11.11 / »Geringe geistige Substanz« / Thilo Sarrazin rechnet mit Wowereit-Buch ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-11 vom 05. November 2011

»Geringe geistige Substanz«
Thilo Sarrazin rechnet mit Wowereit-Buch ab

Viele fühlten sich berufen, als „Antisarrazin“ zur Feder zu greifen. Ihre Bücher verschimmeln trotz niedriger Auflage in den Regalen der Buchhandlungen. Nach Ablauf der Sperrfrist werden sie für drei oder vier Euro verramscht. Vielleicht hat deswegen der „Vorwärtsverlag“ den Preis für seine Neuerscheinung „Mut zur Integration. Für ein neues Miteinander“ von Klaus Wowereit auch auf niedrige zehn Euro festgesetzt. Das Buch hat auf wenig schmeichelhafte Weise in den letzten Tagen öffentliche Aufmerksamkeit erlebt, weil eine Berliner Tageszeitung Thilo Sarrazin bat, es zu rezensieren. Sarrazin ließ sich diesen Spaß nicht entgehen und ergötzte sich dann am fehlenden „geistigen Niveau“ seines früheren Chefs.

Sarrazin ignorierte die Buchpassagen, in denen Wowereit sich mit ihm beschäftigte. So wird er umso glaubwürdiger und arbeitete sich an Wowereits Thesen ab: „Ohne Migration wären moderne Gesellschaften gar nicht vorstellbar“, so Wowereit. Sarrazin meint hingegen, die europäischen Länder – also auch Deutschland – hätten im 19. Jahrhundert, als sie zu Industriemächten heranreiften, keine wesentliche Einwanderung gehabt. Weiter meint Wowereit, Integration habe vor allem mit dem Abbau von Diskriminierung und Toleranz sowie Vielfalt zu tun. Alle Minderheiten hätten ein potenzielles Integrationsproblem.

Die Familie Wowereit sei selbst ein Integrationsfall, weil sie einen Migrationshintergrund habe, meint der Buchautor weiter. Seine Mutter sei als Landarbeiterkind in Ostpreußen aufgewachsen. Sarrazin: „Wowereit möge im Geschichtsbuch nachschlagen: Ostpreußen war damals eine Provinz des Landes Preußen.“ Bitter ist es für Heimatvertriebe, wenn Wowereit ihr Schicksal als Rechtfertigung für Zuwanderung aus kulturfremden Regionen missbraucht. Sarrazin findet dafür die Vokabeln: „Kitsch“, „blühender Unsinn“ und „Quack­salberei“.

Auch zur Entstehung von Hochkulturen äußerte sich Wowereit: „(Sie) entstanden immer dort, wo nicht Abschottung, sondern Miteinander gepflegt wurde.“ Sarrazin entgegnet: „Das antike Ägypten, das Römische Reich oder China entwickelten sich nur deshalb zu langlebigen Hochkulturen, weil sie durch gesicherte Grenzen Zuwanderung wirksam kontrollierten.“ Und er fasst zusammen: „Zu hoffen bleibt nur, dass der geistige Anspruch des Regierenden Bürgermeisters weiter reicht, als sein Buch erkennen lässt.“

Sarrazin philosophiert über den eigentlichen Grund des Buches: „Vielleicht verharrt er ja nur aus wahltaktischen Gründen an der Oberfläche der Probleme. Dann hätte er sich allerdings für die falsche Taktik entschieden. Dass man mit klarer Problemansprache weiter kommt, zeigen Heinz Buschkowsky und das spektakuläre Wahlergebnis der SPD im Bezirk Neukölln, das um 15 Prozentpunkte über dem Landesergebnis liegt.“ Aber da könnte Sarrazin auch ganz falsch liegen. Der SPD kann es schließlich gleichgültig sein, wie hoch ihr Stimmenergebnis ist, Hauptsache man regiert. Genau das hat Wowereit erreicht. Hans Lody


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