19.04.2024

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12.11.11 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-11 vom 12. November 2011

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

„Über das Internet kann man durchaus geteilter Meinung sein, mir ist die Einrichtung oftmals lästig“, schreibt ein Leser aus der Lüneburger Heide und das kann ich getrost unterstreichen. Und doppelt sogar seine weiteren Ausführungen: „Aber für eine Personensuche ist das Internet zuweilen doch hilfreich.“ Das könnte auch für unsere Ostpreußische Familie gelten, selbst wenn der Aufwand durch verstärkte Recherche und Absicherung der persönlichen Daten heute erheblich größer und komplizierter ist als früher. Aber er lohnt sich und in diesem besonderen Fall auch für mich, denn der Schreiber erklärt weiter: „Denn ich habe Sie übers Internet wiedergefunden, als Journalistin für die Ostpreußen-Zeitung.“

Wiedergefunden? Ich kenne ihn nicht, bin ihm nie begegnet, und doch war ich ihm einmal vor langer Zeit ein guter Wegbegleiter. Das war in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts, als ich junge, aus der Heimat vertriebene Schriftstellerin wieder beruflich Fuß zu fassen versuchte und als Reporterin bei der „Landeszeitung für die Lüneburger Heide“ festen Boden fand. Sie hatte als eine der ersten Zeitungen der englisch besetzten Zone eine Lizenz erhalten und erschien in zwölf Regionalausgaben. Ich schrieb nicht nur Reportagen, sondern textete auch die Kinderseite „Das Karussell“ und weil diese so rege Zustimmung fand, ging man auf meinen Vorschlag ein, unter diesem Titel ein Kinderjahrbuch herauszugeben. So erschien 1951 die erste Ausgabe des Kinderkalenders „Das Karussell“, der dann 18 Jahrgänge folgten. Auch als ich längst die Hamburg-Redaktion des Verlages übernommen hatte, erstellte ich ihn weiter, denn ich hatte mir damit einen Jugendtraum erfüllt, der vom alten „Auerbachs Kinder-Kalender“ beseelt war, ohne den es für mich kleine Leseratte kein Weihnachtsfest gegeben hatte.

Und für manches „Karussell-Kind“ wohl damals auch nicht, denn der ältere Herr aus der Heide rechnet sich noch heute dazu. Er schreibt: „Beim Aufräumen des Dachbodens fand ich einige Bücher aus meiner Kinderzeit wieder. Dabei war auch „Das Karussell“, Ausgabe 1959. Es kamen mir die Weihnachtsgeschenke meiner Großeltern wieder ins Gedächtnis und da lag alljährlich unter dem Tannenbaum dieses kunterbunte Kinderjahrbuch. Das Blättern im wiedergefundenen „Karussell“ hat in mir längst verschüttet geglaubte Erinnerungen an meine Kindheit wachgerufen. Es tut mir unendlich gut, liebe Frau Geede, hin und wieder das „Karussell“ zur Hand zu nehmen – ich konnte antiquarisch sogar noch einige weitere Jahrgänge ergattern – und mich in eine unbeschwerte Zeit ohne Sorgen, außer vielleicht einer verhauenen Klassenarbeit und dergleichen Kindersorgen mehr, zurückversetzen.“ Und dafür dankt er mir noch heute, und ich danke dem nun 62jährigen „Karussell-Kind“ Hans Heinrich für diese mich so überraschenden Worte.

Erinnerungen an jene schweren Jahre, als man versuchte sich ein neues Leben fern der Heimat aufzubauen, erweckt auch Peter Drahl mit seinem Buch über die ostpreußische Grafikerin Gertrud Lerbs- Bernecker. Mit dieser großartigen Künstlerin gab es für mich ein unerwartetes Wiedersehen in Lüneburg. Ich kannte sie seit frühen Königsberger Tagen, in denen es zu einer von beiden Seiten gewünschten Zusammenarbeit gekommen war. Ich hatte eine Novelle geschrieben, die in der Memelniederung spielte und Gertrud Lerbs-Bernecker sollte dazu die Steinzeichnungen machen. Der Königsberger Verlag wollte das Buch mitten im Krieg herausbringen. Es wurde daraus nichts: das Verlagshaus wurde bei den Bombenangriffen der Alliierten im August 1943 zerstört und mit ihm auch das im Druck stehende Buch. Der Verleger hatte gehofft, dass die Grafikerin die Platten gerettet hatte, aber auch sie waren vernichtet worden. Eine Kopie des Manuskriptes besaß ich zwar noch, aber es blieb dann irgendwo im verlorenen Fluchtgepäck, so ist „Die groß  Wassernot“ nie erschienen, wie übrigens auch ein weiteres Buch, das in einem Leipziger Verlag zerstört wurde.

Aber nach der Flucht, auf der ich in der Lüneburger Heide gelandet war, schien das auch nicht so wichtig, da ging es einfach um das Überleben. Und man freute sich über jede Begegnung mit Menschen aus der Heimat, ein Wiederfinden konnte zur Sternstunde werden. Ehe ich erfuhr, dass Gertrud Lerbs und ihr Ehemann, der Kunstmaler Kurt Bernecker, in Lüneburg lebten, hatte sie schon von mir gehört, denn sie schrieb im Mai 1949 an ihre Freundin Hertha Drahl, Mutter des Buchherausgebers: „Kürzlich hörte ich hier auch manches von Ruth Geede. Welch eine erstaunliche Betriebsamkeit hat dieses Mädchen. Sie arbeitet für die ,Lüneburger Zeitung‘. Ich bestaune ihre Lebenstüchtigkeit und will mir bis zu einem gewissen Grade ein Beispiel daran nehmen, wenn ich einmal wieder gesund bin. Hoffentlich!“ Sie wurde leider nicht mehr gesund. Ihre bereits in Königsberg ausgebrochene Krankheit, Multiple Sklerose, verschlimmerte sich von Jahr zu Jahr und führte damit zur Reduzierung und Aufgabe ihres künstlerischen Schaffens. Gertrud Lerbs verstarb im Mai 1968 im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte. Ich hatte sie, solange es ging, öfters aufgesucht und auch über sie und ihr Schaffen geschrieben. So zu ihrem 50. Geburtstag am 7. März 1952: „Es ist ein weiter Weg von Königsberg bis Lüneburg – ein noch weiterer von jenem Tag an, da Gertrud Lerbs mit 15 Jahren zur Königsberger Kunstakademie kam, bis zum Meilenstein des halben Lebensjahrhunderts. Man sagte dem Landkind aus Rogehnen damals den Werdegang einer „zweiten Käthe Kollwitz“ voraus. Wie aber niemals ein wirklicher Künstler mit einem anderen vergleichbar ist, wurde aus dem „Nesthäkchen“ der Königsberger Akademie keine „zweite Kollwitz“ sondern „die Lerbs“, die schon früh aufsehenerregende Erfolge verzeichnen konnte. Über eine im Mai 1952 erschienene Veröffentlichung im damals noch jungen, aber auflagenstarken Ostpreußenblatt war sie besonders erfreut, wie aus einem weiteren Brief an Hertha Drahl hervorgeht: „Kürzlich erschien im Ostpreußenblatt ein Aufsatz über uns von Ruth Geede. Er ist gut und besonders Kurt zeigte ihn stolz herum...“

Warum ich das alles erzähle? Weil ich glaube, dass durch diese persönlichen Verbindungen das Lebensbild dieser großen Ostpreußin noch mehr an Konturen gewinnt, obgleich die schon in dem Buch von Peter Drahl deutlicher als in einer üblichen Künstlerbiografie hervortreten. Denn der in Königsberg geborene Autor ist ihr Patensohn, hat schon der jungen Künstlerin Modell gestanden. In Herta Drahls Elternhaus in Königsberg hatte einst die 15-Jährige ihre ersten Zeichnungen gemacht. Die räumliche Trennung, als die Familie Drahl in den 30er Jahren nach Hamburg zog, wurde durch viele Besuche gemindert. Aus dem verbrannten Königsberg floh Gertrud Lerbs zu ihrer Freundin in deren Evakuierungsort in der Lüneburger Heide. Durch die später an Herta Drahl gerichteten und sorgsam von ihr gehüteten Briefe gewinnt man einen tiefen Eindruck in die Psyche dieser Frau, die durch den Verlust vieler ihrer Arbeiten und dem Unvermögen, neue schaffen zu können, unsagbar litt. Ein Erahnen ihres schweren Schicksals und das ihrer Landsleute zeigen schon ihre frühen Werke.

Peter Drahl hatte sich mit der Herausgabe dieses Buches, für die er den Walddörfer Kunstverlag gründete, einen Lebenstraum erfüllt. Es wurde ein sehr voluminöses Buch mit dem Abdruck bekannter und unbekannter Grafiken und Gemälde der Künstlerin, Aufnahmen aus dem alten Königsberg, Kritiken, Dokumente aus dem eigenen Familienbesitz und dem erwähnten Briefwechsel, durch den auch ein Stück Zeitgeschichte transparent wird. Peter Drahl schreibt auf der letzten der 240 Seiten dieses großformatigen Kunstbandes, der auch eine Hommage an Königsberg ist: „Ich hoffe mit diesem Buch dargestellt zu haben, dass Gertrud Lerbs mit ihren Werken, ihrer Sehnsucht und ihrer Liebe zu dieser Stadt auch zu denjenigen zählt, durch die Königsberg weiterleben wird.“ Er konnte noch erfreut feststellen, dass dieses im Jahr 2002 erschienene Buch viele Interessenten fand, vor allem nach unserer Besprechung im Ostpreußenblatt.

Aber als Peter Drahl im März vorigen Jahres verstarb, hinterließ er doch eine größere Anzahl Exemplare der sehr hohen Auflage, die seine Tochter jetzt der Landsmannschaft Ostpreußen übergeben hat. Wir wollen nun in ihrem Sinne diese an Interessenten weitergeben gegen eine Spende von 10 Euro, die wir der Bruderhilfe Ostpreußen zukommen lassen. Dieser Kunstband ist vor allem durch die Bebilderung mit Werken von Gertrud Lerbs-Bernecker ein kulturell wertvolles Erinnerungsbuch an Ostpreußen, es dürfte für manchen Gabentisch zu Weihnachten eine Bereicherung sein. Wer es bestellen möchte, wende sich bitte an Landsmannschaft Ostpreußen, Bundesgeschäftsstelle, Ute Vollmer, Buchtstraße 4, 22087 Hamburg, Telefon (040) 414008-91.

In seine Königsberger Jugendzeit zurück führt eine Suchfrage, die unser Landsmann Knut Walter Perkuhn aus Wriedel stellt, der immer auf der Suche nach Angehörigen der alten prussischen Sippe Perkuhn ist. Diesmal dreht es sich aber nicht um irgendeinen Namensvetter, sondern um die Königsberger Familie Luettjohann. Bei ihr war der Pensionsschüler aus dem Kreis Bartenstein oft zu Gast, denn Lilly Luetjohann war eine Freundin seiner Mutter. Sie wohnte mit ihrem Vater zusammen in einer schönen alten Villa, in deren großem Gartenzimmer Lilly Luetjohann einen Kindergarten eingerichtet hatte. Dort spielte der Junge mit den betreuten Kindern oder tobte mit ihnen durch den herrlichen Garten. Unvergessen – und deshalb will Knut Walter Perkuhn diese Erinnerungen in seine Biografie einbringen.

Leider kann er sich weder an die Straße noch an den Stadtteil erinnern, in dem die Villa lag, er weiß auch nichts über den Beruf des Vaters von Lilly. Im Königsberger Einwohnerverzeichnis konnten wir einen Kaufmann Georg Lüttjohann ausmachen. Da dieser in der Regentenstraße in Amalienau wohnte, könnte dieser der Gesuchte sein. Um sicher zu gehen, wollen wir doch unsere Leser befragen, ob sich jemand an die Familie Lüttjohann (Luetjohann) erinnert, vor allem an Lilly und ihren Kindergarten und an das Haus in der Regentenstraße Nr. 1. (Knut Walter Perkuhn, Bergstraße 25 in 29565 Wriedel/Brockhöfe, Telefon: 05829/1668)

Und noch eine Königsberger Adresse wird gesucht und zwar die der eigenen Familie. Frau Sigrid Gericke wurde 1943 in Pr. Holland, dem Wohnort ihrer Großeltern, geboren und wuchs dort auf. Ihre Eltern, Erwin Wüllner und Erna geb. Schmidt, wohnten seit ihrer Heirat im Jahr 1937 in Königsberg, zunächst als Untermieter, dann in einer eigenen Wohnung. Aber wo? Das möchte die Tochter wissen, konnte es aber bisher nicht feststellen. Herr Wüllner war beim Landesarbeitsamt in Königsberg tätig. Wer kann helfen? (Sigrid Gericke, Schnepfenweg 11 in 29229 Celle)

Eure Ruth Geede


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