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12.11.11 / Sang- und klanglos aus der Welt gehen / Eine Umfrage ergab, dass anynome Bestattungen nicht so gefragt sind wie angenommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-11 vom 12. November 2011

Sang- und klanglos aus der Welt gehen
Eine Umfrage ergab, dass anynome Bestattungen nicht so gefragt sind wie angenommen

Die moderne Gesellschaft hat den Tod aus dem Leben verdrängt. Umso mehr beschäftigen sich Umfragen und Ausstellungen mit dem Tabu-Thema.

In München wird dem Besucher einer Ausstellung in der ehemaligen Karmeliterkirche die Frage gestellt, was er auf seine letzte Reise mitnehmen würde. Der Bestatter und Trauerbegleiter Fritz Roth zeigt berührende, interessante und überraschende Koffer von Bürgern dieses Landes. Frauen und Männer, Alte und Junge packten ihren ganz persönlichen Koffer, der sie auf der letzten Reise aus diesem Leben heraus begleiten könnte. „Ich bin sehr glücklich und war einigermaßen überrascht, dass so viele Menschen bereit waren, sich mit dem Thema ,Tod‘ auf diese Art auseinanderzusetzen,“, so Roth.

Die Ausstellung präsentiert die Koffer zusammen mit einem Foto und einigen persönlichen Zeilen der jeweiligen Person. Fritz Roth ist fest davon überzeugt, dass man mit den richtigen Fragen die Menschen zum Nachdenken bringen kann.

Die Bestattungsform ist auch immer wieder ein Thema bei Umfragen. So hat die Verbraucherinitiative Aeternitas aus Königswinter bei Bonn herausgefunden, dass 55 Prozent der Verstorbenen inzwischen eingeäschert werden. Der Anteil der Feuerbestattungen liege im Osten Deutschlands bei über 80 Prozent. Auch sei ein Nord-Süd-Gefälle auszumachen: Im Norden würden verhältnismäßig viele Verstorbene eingeäschert, während im Süden die Erdbestattung vorgezogen würde. In den katholisch geprägten Regionen habe die Feuerbestattung allerdings zugenommen. Das habe vor allem finanzielle Gründe, da die Kosten für eine Bestattung im Sarg samt Grabgebühren häufig um ein Vielfaches höher seien als bei einer Urnenbestattung. Sarg, Grab, Anzeigen und gesetzliche Gebühren bringen es im Schnitt auf etwa 5000 Euro – ohne Grabpflege. Vor allem aufwendige Särge und verschwiegene Zusatzkosten treiben die Preise in die Höhe. Außerdem sind die Trauernden meist nicht in der Lage in einem Notfall noch Preise zu vergleichen. Am besten ist man dran, wenn man alles schon zu Lebzeiten selbst regelt und die Alternativen prüft. Doch nur fünf Prozent der Deutschen nehmen eine solche Vorsorge wahr, ergab eine Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung.

Jahrhundertelang wurde im Christentum die Feuerbestattung abgelehnt. Es sei eine Missachtung des Willens Gottes den Körper durch Feuer zu zerstören. Im 19. Jahrhundert kam diese vorchristliche Bestattungsform wieder in Mode. Die römisch-katholische Kirche verbot 1886 dann die Verbrennung von Leichen. Dort ist die Einäscherung erst seit 1964 offiziell erlaubt.

In der Zunahme anonymer Bestattungen, bei denen auf Wunsch des Verstorbenen auf jede Namensnennung an der Grabstelle verzichtet wird, sieht die Kirche allerdings ein Problem. Es bedeute einen Verlust an Abschiedskultur, „wenn Menschen sang- und klanglos aus der Welt gehen und niemand mehr Notiz davon nehme“, so der Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes, Thies Gundlach (Hannover).

Gedenken braucht einen Ort, an dem man Abschied nehmen kann. Unabhängig von der Bestattungsform beschäftigte das Meinungsforschungsinstitut Forsa die Frage nach der Trauer. Ergebnis: Jeder dritte Deutsche trauert. Für weit mehr als jeden Dritten bleibt der Verstorbene auch nach Jahren noch im Alltag präsent. Und knapp 30 Prozent der Trauernden wünschen sich mehr Zeit. „Tiefenpsychologische Interviews und eine repräsentative Befragung – das ist ein professioneller Methodenmix, mit dem wir die Black-Box ,Wie trauern die Deutschen‘ öffnen konnten“, sagt Forsa-Geschäftsführer Joachim Koschnicke.

Den häufig beklagten Trend zur anonymen Bestattung bestätigen diese Ergebnisse allerdings nicht. Im Gegenteil: Eine namenlose Beisetzung wünschen sich mit sechs Prozent die wenigsten der Befragten für den Verstorbenen. Jeder vierte Deutsche wünscht sich eine Seebestattung oder eine Beisetzung im Wald.

Viele Freunde hat die alternative Bestattungsform im Wald gefunden. Die Asche Verstorbener wird an den Wurzeln eines Baumes beigesetzt, der in einem als „FriedWald“ ausgewiesenen Wald steht. Auf Wunsch wird der Name des Verstorbenen auf einer Platte am Baum verewigt.

Mit dem Reinhardswald bei Kassel wurde im Jahr 2001 der erste Bestattungswald in Deutschland eröffnet. Mittlerweile gibt es 41 solcher alternativen Bestattungsstätten, an denen bisher mehr als 22000 Beisetzungen stattgefunden haben. Die günstigste Möglichkeit in einem Friedwald beigesetzt zu werden kostet 490 Euro. Die Bäume werden mit forstlichem Sachverstand ausgewählt, sie sind ein natürliches Grabmal und dienen Angehörigen als Ort des Gedenkens und Erinnerns.     Silke Osman


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