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12.11.11 / Raus aus dem hektischen Nichts / Autor betont, wie wichtig es ist, sich wieder auf die Wurzeln zu besinnen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-11 vom 12. November 2011

Raus aus dem hektischen Nichts
Autor betont, wie wichtig es ist, sich wieder auf die Wurzeln zu besinnen

Die Welt bewegt sich immer schneller. Viele Menschen verstehen die Zusammenhänge nicht mehr. Sie hören und lesen von Rebellionen im arabischen Raum, schweren Naturkatastrophen in Japan, dem mörderischen Anschlag eines offenbar Wahnsinnigen in Norwegen, der rasend schnell voranschreitenden Verschuldung in den USA und in einzelnen europäischen Staaten und von anderen, verstörenden Dingen. Politische Überzeugungen ändern sich von heute auf morgen. Wer will da noch den Durchblick haben? Wer kann noch das Wichtige vom Unwichtigen unterscheiden?

Der Schweizer Schriftsteller Volker Mohr ist der Ansicht, dass die Technik wie das Soziale die verlorene Identität des Einzelnen wie auch der Staaten kompensieren. Seiner Meinung nach kommen diejenigen am besten mit dem bevorstehenden Wandel zurecht, die aus sich selbst heraus und den eigenen Empfindungen leben. In einem Gespräch mit der „Sezession im Netz“ hat Mohr gesagt, dass es darum gehe, „einen Weg zu beschreiten, der unverwechselbar und echt ist“. Vielleicht sei dies der „Waldgänger-Weg“. Mohr fordert nicht den verklärten und verklärenden Weg zurück, sondern er legt den Menschen nahe, sich auf die ewig gültigen Werte wie die eigene Sprache und Geschichte, die Religion, die Tradition und die Kunst zu besinnen. Diese Haltung könnte eine Alternative zur modernen Ortlosigkeit, zur Flexibilität als eine Folge der Beschleunigung des Lebens sein.

Mohr zufolge lebt der moderne Mensch in einem hektischen Nichts, „dessen Zugriff er sich nur dadurch immer wieder entziehen kann, dass er sich auf die Hektik einlässt – dass er sich als Konsument und Verbraucher versteht“. Er habe seine Bindungen und damit auch seine Bindungsfähigkeit, seinen eigenen Ort verloren. „Wir sind zu Nomaden geworden“, schreibt Mohr, „und brauchen daher den Vergleich mit jenen ursprünglichen Nomaden an den Rändern der Sahara bald nicht mehr zu scheuen. Im Gegenteil: Der Beduine zieht von Weideplatz zu Weideplatz, während wir vom Aldi zur Tankstelle und von dort weiter zu McDonald’s ziehen.“ Unterwegssein ist wichtiger geworden als Ankommen. Dies habe zur Folge, dass die westlichen Gesellschaften mittlerweile Organismen glichen, deren Immunsystem geschwächt ist.

Mohr widmet sich beispielsweise der modernen Architektur, hinter welcher ein totalitärer Charakter stecke. Die Wärmedämmung sei zu einem der wichtigsten Faktoren des Bauens geworden. Noch immer gelte das Neue Bauen der 30er Jahre den Architekten als Maßstab, „indem die kargen, unpersönlichen Formen bewusst gesucht werden“.

Wie könnte eine Alternative zu diesem Zustand sein, den Konservative wie Mohr beklagen? Der Schweizer Schriftsteller sagt, die wahre Alternative zur Flexibilität „wäre im geistigen Sinn eine umfassende, humanistische Bildung, im manuellen oder künstlerischen Bereich ein Handwerk, das Originales hervorbringt und nicht einfach durch die Industrie reproduzierte Einzelteile nach vorgegebenen Schemata zusammensetzt“. Doch davon sind wir – das weiß auch Mohr – weit entfernt. Aber auch im Kleinen könne die Abkehr vom technisch-mechanistischen Weltbild gelingen;  beispielsweise dann, „wenn man sich, etwa in der Sprache, über die letzten Reformen hinwegsetzte, oder in der Kunst auf das besänne – und zwar durchaus gegenständlich –, was von Dauer ist“.  

            Ansgar Lange

Volker Mohr: „Der Verlust des Ortes“, Band 27 der Reihe Kaplaken, Edition Antaios, Rittergut Schnellroda 2011, 88 Seiten, kartoniert, 8,50 Euro.


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