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19.11.11 / Investoren entdecken West-Berlin / Kurfürstendamm im Aufwind: Selbst Schmuddelecke um »Bahnhof Zoo« soll herausgeputzt werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-11 vom 19. November 2011

Investoren entdecken West-Berlin
Kurfürstendamm im Aufwind: Selbst Schmuddelecke um »Bahnhof Zoo« soll herausgeputzt werden

Während sich nach dem Mauerfall von 1989 ein milliardenschwerer Investitionsschub über Immobilienstandorte am Potsdamer Platz, dem Hauptbahnhof, der Friedrichstraße und am Alexanderplatz ergossen hat, war der Kurfürstendamm und die sogenannte „City West“ bei Bauherren etwas ins Abseits geraten. Nun bekannt gegebene Investitionspläne über eine Milliarde Euro künden eine Trendwende an.

„Wir investieren gern an Standorten, von denen wir glauben, dass sie morgen besser sind.“ Der Einschätzung des Karstadt-Retters Nicolas Berggruen scheinen sich immer mehr Anleger aus dem In- und Ausland anzuschließen. Berggruen selbst hat soeben sein fünftes Objekt im Gebiet um den Kurfürstendamm erworben. Am 4. November haben mehrere Eigentümer auf einer Veranstaltung der AG „City West“ zukünftige Projekte im Investitionswert von über einer Milliarde Euro für das Gebiet rund um den Kurfürstendamm, den Tauentzien, die Budapester Straße und den Bahnhof Zoo vorgestellt. Dass sich eine Aufwärtsentwicklung im westlichen Innenstadtbereich ankündigt, war bereits seit 2009 feststellbar.

Im Nachhinein gesehen könnte sich allerdings das Jahr 2011 als die eigentliche Zäsur herausstellen. So wurden innerhalb der letzten zwölf Monate 80000 Quadratmeter Büroflächen vermietet. Einzelhandelsflächen zum Beispiel im Europa-Center und im Kranzler-Eck, die über Jahre schwierig an den Mann zu bringen waren, sind inzwischen wieder zu 90 Prozent vermietet. Außer den Bemühungen der Arbeitsgemeinschaft „City West“ scheint ein Projekt die Trendwende beschleunigt zu haben: der Bau des „Zoofenster“-Hochhauses. In dem kurz vor der Fertigstellung stehenden 118 Meter hohen Haus wird zum Jahreswechsel 2011/12 das Nobelhotel Waldorf Astoria eröffnet werden. Allein in dieses Projekt sind 250 Millionen Euro geflossen.

Hoffnung gibt es auch für den Bahnhof Zoo, dessen unmittelbares Umfeld lange als Berlins „Schmuddelecke“ gegolten hat. Bewegung scheint nun zum Beispiel auch in Verkaufsverhandlungen für eine heruntergekommene Häuserzeile gegenüber dem Bahnhof in der Joachimsthaler Straße zu kommen. Nach dem Willen der Koalitionspartner SPD und CDU sollen auch wieder Fernzüge am Bahnhof halten. Vorreiter könnte ein privater Bahnbetreiber sein, der ab Sommer 2012 eine Verbindung zwischen Berlin und Köln anbieten will. Die Deutsche Bahn nutzt seit dem Jahr 2006 – trotz massiver Bürgerproteste – den Bahnhof Zoo nicht mehr als Fernbahnhof. Ob von der Deutschen Bahn an der offiziellen Begründung „Engpässe im Fahrplan“ weiter festgehalten wird, muss sich erst noch zeigen.

Der neue Bauboom rund um den Kurfürstendamm scheint noch nicht einmal zulasten von Investitionen an anderen Standorten der Stadt zu gehen: Nachdem am Alexanderplatz in diesem Jahr bereits mehrere Hotelprojekte fertiggestellt wurden, hat nun der US-amerikanische Projektentwickler Hines Pläne für ein 150 Meter hohes Wohnhaus am „Alex“ vorgestellt. Der Investor Blackstone präsentierte ebenfalls Pläne für den Umbau eines Hotelgrundstückes am Alexanderplatz: Entstehen sollen weitere 8000 Quadratmeter Einzelhandelsflächen, die bereits vorab an das irische Bekleidungshaus Primark vermietet wurden. Diese vorgestellten Projekte sind nur ein kleiner Ausschnitt von zahlreichen Vorhaben, die derzeit in der Planung sind. Nach Angaben des Unternehmens Bulwien Gesa, das im Auftrag von Hochtief und der TLG Immobilien den Berliner Immobilienmarkt untersucht hat, werden deutsche und internationale Bauträger allein in diesem Jahr mehr als 16 Milliarden Euro investieren. Selbst in dieser hohen Summe wurde nur ein Teil der Projekte erfasst, nämlich nur die mit mehr als 1000 Quadratmetern Fläche. Allerdings gehen mit den Modernisierungen oft auch Mieterhöhungen einher, die es Alt-Mietern schwer machen, am Platz zu bleiben.

Der Drang von Investoren nach Berlin, der nun auch das Gebiet um den Kurfürstendamm erreicht, hat vielerlei Triebkräfte. Der im deutschen Vergleich geringen Kaufkraft der Berliner steht eine hohe wirtschaftliche Dynamik der gesamten Hauptstadtregion gegenüber. Die Zahl der Haushalte steigt durch Zuzug immer noch weiter an. Da es in Innenstadtlagen kaum noch Leerstände gibt, wird auch der Wohnungsbau für Investoren immer interessanter. Der fand in den 90er Jahren vor allem im Berliner Umland und später in östlichen Innenstadtlagen statt, während jetzt zunehmend der westliche Innenstadtbereich in den Fokus von Bauherren rückt. Insgesamt werden im laufenden Jahr 1,1 Milliarden Euro und 2012 weitere 1,2 Milliarden allein in Wohnungsbauprojekte in Berlin fließen.

Ein weiterer Grund für den Bauboom in der deutschen Hauptstadt ist bizarrerweise die unsichere weltweite wirtschaftliche Gesamtlage: Der lange Zeit international als „langweilig“, aber sicher geltende deutsche Immobilienmarkt zieht nicht nur immer stärker deutsche Anleger an, sondern auch Investoren aus dem übrigen Europa und aus Übersee. Inflationsängste, Währungskrisen und nach geplatzten Spekulationsblasen daniederliegende Immobilienmärkte wie in den USA, Spanien oder Irland führen nun dazu, dass Berlin auch für internationale Investoren wieder die erste Wahl mit einem hohen Zukunftspotenzial ist.       Norman Hanert


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