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19.11.11 / Rettungsfonds am Rande des Scheiterns / Staaten wie Norwegen, Russland und Japan verweigern Unterstützung, EFSF findet kaum Käufer für Anleihen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-11 vom 19. November 2011

Rettungsfonds am Rande des Scheiterns
Staaten wie Norwegen, Russland und Japan verweigern Unterstützung, EFSF findet kaum Käufer für Anleihen

Auf eine Billion Euro gehebelt und mit Geld von internationalen Investoren verstärkt, sollte der Euro-Rettungsfond EFSF den Durchbruch zur Stabilisierung der Euro-Zone bringen. Inzwischen zeichnet sich aber nicht nur ab, dass ausländische Staatsfonds kaum Interesse am EFSF haben, sondern dass der Fonds an den Finanzmärkten sogar selbst ins Straucheln gerät.

„Wir werden die Euro-Rettung mit Sympathie begleiten“, so oder ähnlich lauten die Absagen, die sich die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, und EFSF-Chef Klaus Regling bei ihrer Werbetour für die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms derzeit bei den Staatsfonds von Norwegen, Russland und Japan einhandeln. China hat die Anfrage nach Beteiligung am EFSF sogar mit Gegenforderungen beantwortet: Peking fordert eine Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft, mehr Einfluss beim IWF oder eine Aufhebung des EU-Waffenembargos.

Bemerkbar macht sich die Zurückhaltung von Investoren aber auch immer mehr bei den Anleihen, mit denen der EFSF an den Märkten Geld einsammeln will. Seit Jahresbeginn konnten lediglich magere 16 Milliarden Euro aufgenommen werden. Noch schwerwiegender ist aber, dass die Renditen der Anleihen mittlerweile doppelt so hoch sind, wie die von Bundesanleihen. Während im Januar noch EFSF-Anleihen zu einem Zinssatz von 2,8 Prozent platziert werden konnten, ist der Zinssatz mittlerweile auf 3,5 Prozent gestiegen. Dass der Zinssatz nicht noch höher liegt, könnte womöglich auch noch Resultat von Tricksereien sein: Wie der „Sunday Telegraph“ berichtet, soll der EFSF bei der letzten Anleihen-Versteigerung selbst Papiere im Wert von mindestens 100 Millionen Euro gekauft haben, um ein Debakel zu verhindern.

Die dürftige Bilanz des Euro-Rettungsfonds ist der Finanzbranche natürlich nicht verborgen geblieben. Joachim Fels von Morgan Stanley hält es zwar immer noch für möglich, dass sich der EFSF „noch in eine Panzerfaust verwandelt“, aber momentan habe der Fonds „mehr Ähnlichkeit mit einer Wasserpistole“.

Das absehbare Scheitern des EFSF lässt weitere anzapfbare Geldtöpfe in den Blick rücken: Neben der Europäischen Investitionsbank vor allem den Internationalen Währungsfonds (IWF) unter Führung von Christine Lagarde. Die rührt – bisher nahezu ohne Erfolg – nicht nur für den EFSF die Werbetrommel bei Investoren, sondern hat sicherheitshalber auch schon dafür gesorgt, dass ihr beim IWF mehr Kompetenzen eingeräumt werden, etwa bei der kurzfristigen Einräumung von Hilfskrediten.

Trotz aller öffentlichen Dementis bezüglich des Griffs auf die deutschen Goldreserven zur Euro-Rettung lohnt sich ein Blick in die Abschlussdeklaration des G20-Gipfels von Cannes: Dort findet sich der Vorschlag einer „speziellen Struktur beim IWF“ wieder, die aus „Sonderziehungsrechten und freiwilligen Beiträgen“ gespeist werden soll. Auch EU-Ratspräsident Hermann van Rompuy soll bereits einen entsprechenden Entwurf in der Schublade haben, bei dem die IWF-Sonderziehungsrechte – de facto nationale Währungsreserven – nicht beim EFSF, sondern in einer Zweckgesellschaft beim IWF eingebracht werden. Sollte van Rompuys Entwurf darauf abzielen, die Mitwirkung des deutschen Bundestages auszuschalten, indem er die Sonderziehungsrechte statt für den im Blick der Öffentlichkeit stehenden EFSF lieber dem verschwiegen agierenden IWF unter französischer Führung zuschanzt, könnte er sich verkalkuliert haben. Im Gegensatz zu anderen Ländern liegt die Verfügungsmacht über die IWF-Sonderziehungsrechte in  Deutschland nicht bei der Regierung, sondern bei der Bundesbank.

Wie lange der Rückgriff auf derartige Reserven den Kollaps des politischen Projekts „Euro“ noch aufhalten kann, ist ohnehin fraglich: Barclays Capital hat in den letzten Tagen Berechnungen zur Situation Italiens vorgelegt. Nach Kalkulation der Bank ist der Punkt, bis zu dem Italien noch zu retten gewesen wäre, bereits überschritten. Gemessen an seiner Leistungskraft hält die Bank für Italien lediglich ein Zinsniveau von 5,5 Prozent bei den Staatsanleihen für tragbar. Massive Stützungskäufe der EZB haben die Rendite lediglich wieder auf 6,5 Prozent drücken können. Die Kalkulation von Barclays ist durchaus nachvollziehbar – allerdings nicht der präsentierte Lösungsvorschlag: Gefordert wird das unbegrenzte Aufkaufen von Staatsanleihen durch die EZB, de facto der Startschuss zum Gelddrucken. Die Forderung wird von anglo-amerikanischen Medien und Bankenvertretern immer energischer vorgebracht. Ein Artikel im britischen „Telegraph“ verdient allerdings besondere Beachtung: In einem mit „America and China must crush Germany into submission“ überschriebenen Artikel fordert Ambrose Evans-Pritchard, der gemeinhin als Sprachrohr der „City of London“ gilt, unverhohlen, Druck auf Merkel und die Deutschen zur Unterordnung auszuüben, damit sie sich mit dem Anwerfen der Druckerpresse abfinden. Angesichts des absehbaren Scheiterns der bisherigen Euro-Rettungsversuche via EFSF oder IWF wird durch die angelsächsischen Forderungen dankenswert die Entscheidung, vor der Deutschland bald stehen wird, auf den Punkt gebracht: Inflation mit wahrscheinlichem Ende Hyperinflation oder Rückkehr zur eigenen Währung.       Norman Hanert


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