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19.11.11 / Der größte Staatsmann unter den Hochmeistern / In der Ära Hermann von Salzas wurde der Deutschordensstaat in Preußen gegründet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-11 vom 19. November 2011

Der größte Staatsmann unter den Hochmeistern
In der Ära Hermann von Salzas wurde der Deutschordensstaat in Preußen gegründet

Die Geschichte des Deutschordensstaates in Preußen beginnt in der Ära des Hochmeisters Hermann von Salza. Und das scheint kein Zufall. Nicht ohne Grund gilt der nach Heinrich Walpot von Bassenheim, Otto von Kerpen und Heinrich von Tunna vierte Hochmeister des Deutschen Ordens als der größte Politiker und Staatsmann von allen. 

Wie der Name erahnen lässt, stammte er wohl aus dem Raum Langensalza. Überhaupt stammen in der Anfangsphase des Deutschordensstaates viele Hochmeister aus dem thüringischen Raum. Als er uns das erste Mal begegnet, war er bereits Hochmeister. Er erkannte, dass es um die Sache des Christentums im Heiligen Land schlecht bestellt war, und suchte in Europa neue, europäische Betätigungsfelder für seinen Orden an der Grenze zwischen Christen- und Heidentum.

Da traf es sich gut, dass König Andreas II. von Ungarn Unterstützung im Verteidigungskampf gegen die heidnischen Kumanen suchte. 1211 rief der Magyarenherrscher den Deutschen Orden ins siebenbürgische Burzenland. Für dessen militärische Unterstützung stellte der König dem Orden das Heimatrecht im Burzenland in Aussicht. Wichtige kirchliche Abgaben, darunter das Zehntrecht, gestand der Regent dem Orden ebenfalls zu. Des Weiteren gewährte der Monarch dem Retter in der Not das Recht, Münzen zu prägen sowie seine Ordensburgen mit Steinen zu befestigen, was in Ungarn als besonderes Privileg galt.

Allerdings hielt Andreas sein Versprechen nicht. Nicht nur wegen des Deutschen Ordens, sondern auch wegen der deutschstämmigen Königin Gertrud von Andechs kam es im ungarischen Adel zu Überfremdungsängsten, denen der König nachgab.

Der Konflikt eskalierte. Das Fass zum Überlaufen brachte der Versuch des Ordens, sich vor diesem Unheil verheißenden Hintergrund von Ungarn und seinem König unabhängig zu machen. Einem Wunsche des Hochmeisters folgend, unterstellte Papst Honorius III. 1224 das Burzenland dem Schutz des Apostolischen Stuhls. Da der Orden direkt dem Heiligen Vater unterstand, war der Ungar damit ausgeschaltet. Das ließ sich Andreas jedoch nicht bieten. Der König griff zur Gewalt. Mit seiner zahlenmäßig hoch überlegenen Heeresmacht belagerte und eroberte er die wenigen Burgen des Ordens. Die Burganlagen wurden vernichtet, die erst wenige Jahre zuvor herbeigerufenen Ordensritter vertrieben. Der Mohr, der seine Schuldigkeit getan hatte, konnte gehen. Das sollte dem Deutschen Orden nicht noch einmal geschehen.

1226 droht sich die Geschichte zu wiederholen. Erneut erreicht den Deutschen Orden die Bitte eines christlichen Fürsten um militärische Unterstützung gegen Heiden. Diesmal kam der Ruf von Herzog Konrad von Masowien, den der Deutsche Orden im Kampf gegen die heidnischen Prußen unterstützen sollte. Auch diesmal sollte der Orden für seinen militärischen Einsatz mit einem Territorium belohnt werden.

Diesmal ließ der Orden sich jedoch nicht mit Versprechungen abspeisen. Bevor auch nur eine Hand für den Herzog gerührt wurde, versuchte der Orden, alles niet- und nagelfest zu machen. Als erstes wurde die höchste weltliche Instanz, sprich der Kaiser, mit ins Boot geholt. So gelang es Hermann von Salza, dass Fried­rich II. dem Deutschen Orden die Herrschaft über das Kulmer Land östlich der unteren Weichsel garantierte. Als Gegenleistung für die Erfüllung des Auftrages, gegen die Prußen zu kämpfen, wurde dem Orden die absolute Landeshoheit in dem Gebiet zugesichert. Bis ins Detail wurden die landesherrlichen Rechte aufgezählt und geregelt. Die entsprechende auf das Jahr 1226 datierte Urkunde von Rimini wurde 1235 ausgefertigt.

Während Hermann von Salza beim Kaiser diesen beachtlichen Erfolg erreichte, verliefen die Verhandlungen, die der Komtur Phi­lipp des Ordenshauses in Halle an der Saale mit Konrad von Masowien führte, für den Orden unbefriedigend. Schwung in den Dialog kam erst, als Hermann von Salza mit dem Kaiser aus Palästina 1229 zurückgekehrt war und nun der Deutschmeister Hermann von Balk zum Verhandlungsführer bestimmt wurde. 1230 schlossen Herzog und Orden den Vertrag von Kruschwitz. In ihm übertrug der Herzog dem Orden das Kulmerland sowie alle künftigen Eroberungen in Preußen mit allen zugehörigen Rechten als Schenkung. Der Landesherr hatte damit dem Deutschen Orden geschenkt, was sich letzterer durch die höchste weltliche Instanz bereits hatte zusichern lassen. Nun fehlte im Grunde nur noch die Garantie durch die höchste geistliche Instanz.

Hermann von Salza genoss das besondere Vertrauen des Kaisers, wovon auch die Goldene Bulle von Rimini zeugt. Das bedeutete aber nicht, dass deshalb sein Verhältnis zum mit dem Kaisertum konkurrierenden Apostolischen Stuhl schlecht gewesen wäre. Vielmehr schätzte auch der Papst diesen großen Staatsmann. Insofern bot sich der Hochmeister als Vermittler an. Und in der Tat gelang ihm 1230 die Versöhnung zwischen Friedrich II. und Gregor IX. In der Convention von Ceprano wurde der Kaiser vom Kirchenbann gelöst.

Nach dieser Versöhnung war Hermann von Salzas Verhältnis zu Gregor IX. umso besser. Er konnte nun versuchen, ein päpstliches Pendant zur Goldenen Bulle von Rimini zu erreichen. Dass der Papst an Preußen durchaus interessiert war, hatte er bereits 1229 durch die Entsendung eines besonderen Legaten, Bischof Wilhelm von Modena, deutlich gemacht. Noch im Jahr der von ihm vermittelten kaiserlich-päpstlichen Verständigung erhielt der Hochmeister auch von Gregor IX. zugesagt, was Friedrich II. ihm in der Goldenen Bulle von Rimini und der Herzog von Masowien im Vertrag von Kruschwitz schriftlich zugesagt haben. Doch wer kann es Hermann von Salza nach den ungarischen Erfahrungen seines Ordens verdenken, dass er das auch vom Papst gerne noch einmal schwarz auf weiß haben wollte. So übergab Gregor IX. dem Deutschen Orden in der Bulle von Rieti vom 3. August 1234 die Herrschaft über das Kulmer Land östlich der unteren Weichsel sowie über alle weiteren vom Orden in Preußen eroberten Ländereien. Der Deutsche Orden sollte dabei seinerseits ausschließlich der Hoheit des Papstes unterstehen.

Damit stand der Orden bei seinen Eroberungen im Land der Prußen nun unter dem Schutze beider universeller Gewalten, war aber auch beiden zur Loyalität verpflichtet. Hermann sah in letzterem jedoch kein Problem. Das Oberhaupt eines deutschen Ordens fühlte sich beiden Mächten verbunden. Wir dürfen es ihm wohl abnehmen, wenn er sich selber beschreibt als einen „Mann, der die Ehre der Kirche und des Reiches liebt und nach beider Erhöhung strebt“. Kaiser wie Papst wussten diese Loyalität zu schätzen. Und so bot der Hochmeister sich als Mittler an. Wenn Hermann auch die Vermittlung um ihrer selbst suchte und nicht – wie später etwa Napoleon III. – wegen irgendeiner Provision, so brachte ihm seine Mittlertätigkeit doch zahlreiche Gunstbeweise von beiden Seiten ein – von denen sein Orden profitierte. Kaum ein Ereignis macht die Bedeutung Hermanns für den 1230 erreichten Friedensschluss zwischen Kaiser und Papst derart deutlich wie das anschließende Mahl. Außer Kaiser und Papst nahm eine dritte Person daran teil. Es war der Hochmeister.

Ein weniger glückliches Datum ist der 20. März 1239. An diesem Tag starb Hermann von Salza. Am selben Tag bannte Gregor IX. Fried­rich II. erneut. Diesmal war es für immer. Einen Mittler Hermann von Salza zum Kitten des Bruches gab es nicht mehr.

Hermann von Salza war ein begnadeter Diplomat. Ihm gelang –um ein Bild Otto von Bismarcks abzuwandeln – das Spiel mit zwei Bällen, dem kaiserlichen wie dem päpstlichen. Das Kunstwerk, keine der beiden Kräfte dem Gegner als Allianzpartner zu überlassen, gelang in dieser Virtuosität keinem seiner Nachfolger mehr. Manuel Ruoff


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