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19.11.11 / Der Hypochonder / TV-Sendungen brachten ihn auf neue Ideen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-11 vom 19. November 2011

Der Hypochonder
TV-Sendungen brachten ihn auf neue Ideen

Eins möchte ich vorausschicken: Ich liebe meinen Mann! Ich liebe ihn sehr. Sonst hätte ich es ja wohl auch nicht mehr als vierzig Jahre lang mit ihm ausgehalten. Ich liebe ihn mit all seinen Marotten, die ich bisher immer nur leise belächelt habe. Ernst genommen habe ich sie nie wirklich − bis heute. Neuerdings aber, etwa seit seiner Pensionierung, gehen mir seine Macken sehr auf die Nerven! Also, ich ertappe mich immer öfter dabei, dass ich mich unheimlich über meinen Mann aufrege, immer öfter die Geduld verliere. Jahrelang waren es seine kleinen Pedanterien, über die ich mich meistens amüsiert habe. Inzwischen aber hat er sich noch dazu zu einem regelrechten Hypochonder entwickelt. Dabei ist der Mann kerngesund! Das haben ihm mittlerweile fast alle Ärzte in einem Umkreis von 50 Kilometern bestätigt. Er hört jedoch nicht auf, sich ständig neue Krankheiten anzudichten.

Vorige Woche zum Beispiel: Da musste ich ihn drei Mal an einem Tag zur Blutabnahme zum Arzt fahren. Nach einer Gesundheitssendung im Fernsehen bildete er sich nämlich ein, er hätte Diabetes. Dabei fehlten wirklich alle Symptome bis auf Appetitlosigkeit. Aber das reichte ihm schon, um den Arzt zu konsultieren. Und sein Hausarzt spielt mit endloser Geduld das Spiel mit und unterwirft ihn jeder gewünschten Untersuchung!

Übrigens, seine sogenannte Appetitlosigkeit kommt meiner Meinung nach zweifellos von den vielen Pillen, die er zur Vorbeugung jedweder Krankheit schluckt.

Ich zermartere mir den Kopf, wie ich meinen Herbert von seiner Gesundheitsmanie befreien könnte, aber bis jetzt sind alle meine Versuche fehlgeschlagen. Was soll ich bloß anstellen, um ihn auf andere Gedanken zu bringen?

Inzwischen hat sich das Blatt vollkommen gewendet! Bei einem Sturz von der Haushaltstreppe habe ich mir vor vier Monaten einen komplizierten Beinbruch zugezogen, weswegen ich zuerst im Krankenhaus und danach in einer Reha-Klinik landete. Und seitdem gilt Herberts ganze Fürsorge nur noch mir. Er vergaß auf der Stelle seine eigenen, eingebildeten Wehwehchen, ja er sagte sogar mehrere Arzttermine ab, weil er sich um seine Frau kümmern wollte! Ich wusste nicht, wie mir geschah. Soviel Zuwendung hatte ich von ihm noch nie erlebt. Wie gut das tat! Auch wenn es mir inzwischen schon wieder viel besser geht, hört er nicht auf, mich zu verwöhnen. Ich muss sagen, dieses Hobby ist mir bedeutend lieber als das vorige!

Gestern habe ich ihm aber einen gehörigen Schrecken eingejagt. Er kam voller Begeisterung mit einer neuen Überraschung für mich nach Hause: Er hatte eine zehntägige Reise nach Wien für uns gebucht, einschließlich Oper- und Konzertbesuch. Natürlich habe ich mich riesig gefreut, aber ich konnte es einfach nicht lassen, ihn noch einmal an seine Hypochondrie zu erinnern. „Das ist ja sehr schön, mein Lieber. Aber ... der Termin passt mir überhaupt nicht. Ich habe da mehrere Arztbesuche geplant, weißt du. Zuerst zum Hausarzt, um mich mal ordentlich durchchecken zu lassen. Dann zum Augenarzt, zum Hals-Nasen-Ohrenarzt, zum Zahnarzt und ...“ „Das ist doch nicht dein Ernst!“ rief er entsetzt. Da habe ich ihn erst mal umarmt und dann hat er verstanden. Ich freue mich auf Wien!           Frieda-Louise Drent

Belegexemplar erbeten an:  Frieda-Louise Drent, Grachtstraat 32, 9717 HK Groningen, Niederlande

Waldecker Bank eG, 34454 Bad Arolsen, Deutschland, Konto-Nr. 225592, BLZ 52360059


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