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19.11.11 / Die Stille gesucht / Von den USA nach Bhutan

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-11 vom 19. November 2011

Die Stille gesucht
Von den USA nach Bhutan

Dass es einen Amerikaner in eine Gegend verschlägt, in der es keine Filiale des Kaffeeriesen Starbucks gibt, ist schon unwahrscheinlich genug, aber die Vorstellung, dass eine Amerikanerin in das unabhängige Königreich Bhutan auswandert, ein Land, in dem es nicht mal rund um die Uhr fließend Wasser und ausreichend Strom gibt, um gleichzeitig eine Lampe und einen Föhn zu betreiben, ist doch eher selten. Doch genau das hat die Amerikanerin Linda Leaming gemacht.

Nach westlichen Vorstellungen mag Bhutan ein sehr armes Land sein, der Leser wird jedoch im Laufe des Buches erfahren, dass die Bevölkerung Bhutans sich definitiv nicht als arm bezeichnen würde. Statt der Steigerung des Bruttoinlandsproduktes hat sich die Regierung schließlich auch die Steigerung des Bruttosozialglücks auf die Fahnen geschrieben und beugt durch einen lediglich sanften Tourismus der Armut vor, sorgt aber auch gleichzeitig dafür, dass die Einwohner ihr Leben ungestört und wie bisher weiterleben können. Ein Leben, in dem eine Matratze den puren Wohlstand verkörpert und ein Wasserkloset eine Rarität darstellt.

Mit offener Zuneigung für Land und Leute erklärt Linda Leaming, weshalb sie in Bhutan ihr großes Glück fand. „Ich kann nicht umhin, dieses Fleck-chen Erde als magischen Ort zu betrachten. Er hat mich verzaubert, ohne Frage, und ich komme mir wie ein mildtätiger Buddha vor. Natürlich bin ich meilenweit von einem Buddhazustand entfernt. Ich bin ein Mensch, der mit beiden Beinen im Leben steht und gestresst ist. Deshalb bin ich hierhergekommen, zum Fluss. Ich möchte mich entspannen, denn selbst in Bhutan rückt die Welt näher. Es gibt Probleme, die einer Lösung bedürfen, Frustration und Spannungen, und das Geld ist immer knapp. Doch hier leben wir im Augenblick, mit jeder Faser unseres Seins … Um das richtig zu begreifen, muss man eingefahrene Gleise verlassen, abschalten und in die Stille gehen.“ In die Stille gehen, eine Eigenschaft, die in der schnelllebigen westlichen Welt, in der sich die neue Modeerkrankung Burn-Out wie eine Epidemie unter der Bevölkerung verbreitet, nahezu verloren gegangen sein dürfte.

Linda Leaming versetzt den Leser in Erstaunen, indem sie ihm erläutert, wie sie lernen musste, sich mit nur einem Eimer voll Wasser zu waschen, in überfüllten Ramschläden, die für sie notwendigen Dinge zu finden und sich mit der schwierigen Amtssprache Bhutans auseinanderzusetzen, in der die Betonung bestimmter Worte häufig schwerwiegende Unterschiede in der Bedeutung in sich birgt. Unterstützt wurde sie stets und in allem von ihrem Mann Namgay, den es, wie sie bildhaft schildert, viel Geduld und Mühen kostete, die quirlige Amerikanerin an das Leben in Bhutan zu gewöhnen.

„Lachen im Land des Donnerdrachens: Mein Leben in Bhutan“ ist ein spannender und äußerst anschaulich geschilderter Bericht über Linda Leamings erste Reise und ihr Leben in Bhutan, angereichert mit vielen Sagen und Erzählungen über das Land am Himalaya.         Vanessa Ney

Linda Leaming: „Lachen im Land des Donnerdrachens. Mein Leben in Bhutan“, Nymphenburger, München 2011, geb., 285 Seiten, 19,99 Euro


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