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19.11.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Keine Wahl / Wie uns die FDP den Atem nimmt, wie uns Merkel auf den Endkampf vorbereitet, und wie die Räuber an unser Geld kommen wollen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-11 vom 19. November 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Keine Wahl / Wie uns die FDP den Atem nimmt, wie uns Merkel auf den Endkampf vorbereitet, und wie die Räuber an unser Geld kommen wollen

Ist doch schön, wenn man sich einig ist. Gerade in so schwierigen Zeiten wie diesen. In der CDU ist man sich einiger denn je. Parteichefin Merkel hatte sich fest vorgenommen, nichts Greifbares zu den bevorstehenden Weiterungen der Euro-Rettungspolitik sagen zu wollen in ihrer 60-minütigen Rede vor dem CDU-Parteitag. Und die in Leipzig versammelten CDU-Delegierten hatten sich ebenso fest vorgenommen, nichts Konkretes von ihrer Vorsitzenden erfahren zu wollen. Wie wir sehen konnten, hat das Zusammenspiel hervorragend geklappt.

Man wollte um jeden Preis den verheerenden Eindruck vermeiden, den der gelbe Koalitionspartner gerade hinterlassen hatte auf seinem Frankfurter Treffen: Dort war tatsächlich kontrovers diskutiert worden über die Rettungsschirme, teilweise sogar richtig laut! Es war entsetzlich, der stechende Gestank von „Demokratie“ und „Basisbeteiligung“ ließ jedem ideologiefesten Euro-Europäer den Atem stocken. Und es wird noch schlimmer kommen: Bis zum 13. Dezember stimmen die FDP-Mitglieder selber ab, ob sie den Rettungsschirm wollen oder nicht. Die einfachen Mitglieder! Ja, diese Typen, die wir in besseren Tagen doch bloß als treudoofe Schafsköpfe mit Plakatleim an der Hose kannten, die sollen plötzlich Rechte bekommen. Fürwahr: Europa ist in Gefahr.

Aber nicht bei der CDU. Dort gehen die „besseren Tage“ munter weiter. Sicherlich haben die Delegierten bei sich zu Hause etliche Fragen zur Euro-Krise gestellt bekommen, die sie selber nicht beantworten konnten. Die Fragen hätten sie nun ihrer Chefin stellen können. Oder? Von wegen: Was so ein richtiger Parteisoldat ist, kennt seine Pflichten: Klatschen, klatschen, klatschen und anschließend vor der Presse die „offene Aussprache“ loben, die wieder einmal ein „Beispiel an gelebter Demokratie“ abgegeben habe.

Immerhin ließ die Bundeskanzlerin ihre Parteitagsdelegierten wissen: „Wir haben unser Land vorangebracht!“ Na, das ist doch was. Vorangebracht. Und in welche Richtung? Hier muss man  ein bisschen in den Kaffeesatz von Merkels pathetischen Andeutungen lugen, um Antworten zu erahnen. Eines machte sie schon mal klar: „Es ist keine leichte Aufgabe, ein neues Europa zu schaffen. Aber wir haben keine Wahl.“ „Keine Wahl“ ist die Neuauflage von „alternativlos“, jener Vokabel also, die es zum Unwort des Jahres brachte, nachdem jemand herausgefunden hatte, dass sie eher in den Wortschatz von Kapitulationsverhandlungen gehört als in den von politischen Debatten unter Demokraten.

Da wäre also schon mal eine Richtung erahnbar. Merkel weiter:  Die Sorgen Irlands seien spanische Sorgen, und italienische Probleme seien deutsche. Was uns Merkel damit sagen wollte: Wenn sich die Griechen in den Abgrund stürzen, springen wir hinterher.

Und die CDU-Vorsitzende weiß auch, wie wir am effektivsten Anlauf nehmen. Zwar verpackte sie ihren Plan in möglichst schwammige Formulierungen. Doch mit dem Satz, wir seien „alle Teil der europäischen Innenpolitik“ machte Merkel die Tür auf für jede erdenkliche Rettungsanstrengung in jeder erdenklichen Höhe und für jedes Euro-Land. Schließlich behaupten doch einige Schlaumeier, der Euro sei schon am Ende, wenn Frankreich schlappmacht, weil eine „Rettung“ Frankreichs selbst Deutschland in die Knie zwingen würde. Na und? Dann sei es eben so, denn als Teil der „Innenpolitik“ ist unser Schicksal an die Griechen, Italiener oder Franzosen ebenso fest gekettet wie das der Rheinländer an das der Brandenburger. Die haben den Weltkrieg ja auch gemeinsam verloren.

Jawohl, Weltkrieg. An den erinnern uns die Euronauten ja ohnehin ständig, weil der nämlich wieder ausbricht, wenn der Euro zerfällt. Oder ist er das etwa schon, ohne dass wir’s bemerkt hätten? Dann geben die Töne aus dem Kanzlerbunker Aufschluss über die Lage an der Front.

Hören wir also genau hin, was Merkel ihren Getreuen zu sagen hatte in Leipzig: „Europa ist unsere Schicksalsgemeinschaft“, „Es ist Zeit für einen Durchbruch“, „Wir verzagen nicht, wir jammern nicht, wir nörgeln nicht“, denn ab jetzt gehe es „um alles oder nichts“.

Du liebe Güte, das hat sie wirklich gesagt? Ja, hat sie. Wir sind tatsächlich zurückgefallen auf ein Durchhaltegedröhn, das sonst nur panische Potentaten anstimmen, die ihren eigenen Untergang bereits voraussehen. Die aber buchstäblich ums Verrecken nicht einsehen wollen, warum sie ihren eigenen Untergang von dem ihres Volkes abkoppeln sollten. Also alles strammgestanden, nicht verzagen, nicht jammern, vorwärts zum dramatischen Endkampf um „alles oder nichts“. Und wir hatten gedacht, diesen Quatsch hätten wir seit ’45 endgültig hinter uns.

Die Leute reagieren ganz unterschiedlich auf solch Getöse. Die meisten zögen sich am liebsten die Decke über den Kopf: „Ich bin eigentlich gar nicht da.“ Die Intellektuellen schütten ihren zynischen Spott darüber aus und tun auf diese Weise auch ein bisschen so, als gehe sie der Kram eigentlich nichts an, was natürlich Selbsttäuschung ist. Nur die völlig Durchgeknallten, die können gar nicht genug kriegen von „alles oder nichts“ und Endkampf und so und eifern aus vollem Halse mit.

Schließlich gibt es noch die Gerissenen. Die sehen nur die allgemeine Verwirrung, das Chaos in den Köpfen, und überlegen listig, wie sie ihren Vorteil ziehen können aus dem Durcheinander. Boris Palmer, grüner Oberbürgermeister von Freiburg, und seine Frau Franziska Brantner, die für die Grünen im EU-Parlament sitzt, wollen die Gunst der Stunde nutzen für einen gewaltigen Raubzug.

In der „Welt“ rechnen sie uns vor, dass die Deutschen ein Privatvermögen von zehn Billionen Euro angehäuft hätten: in Geld, Wertpapieren, Lebensversicherungen, Immobilien etc. Auf der anderen Seite sei der Staat mit zwei Billionen verschuldet und könne seine nötigsten Pflichten nicht mehr erfüllen – Schulen, Straßen, Bildung, alles verkomme. Das sei ungerecht gegenüber den Armen und den Jungen. Man solle daher ein Fünftel der Vermögen einziehen, und schon seien wir die Schulden los und die Sonne geht auf so schön wie nie.

Wie bitte? Soll also das Rentnerpaar, das unter größten Mühen sein Häuschen gerade erst abgezahlt hat, mit einer Zwangshypothek beladen werden von 20 Prozent, die es von seiner kleinen Rente kaum bedienen könnte? Und so de facto vom Hof gejagt werden?

Aber nein! – Oder doch? Brantner und Palmer wollen jedenfalls unter keinen Umständen so verstanden werden. Jedenfalls jetzt noch nicht. Daher wickeln sie ihren Plan in schönes rotes Sozialneid-Papier und nennen ihn „Reichenabgabe“ oder „Vermögensabgabe“. Wer hält sich schon selbst für „vermögend“ oder gar „reich“. Sie etwa? Eben, ich auch nicht. Also sind wir doch wohl nicht betroffen, nur die „Bonzen“ müssen ran. Nicht wahr?

Eben nicht: Die beiden Grünen-Politiker nehmen mit ihren 20 Prozent ausdrücklich Bezug auf die Vermögen aller Deutschen, also auch auf Ihres und meines und das von dem Rentnerpaar.

Wenn wir für den Euro schon im Endkampf stehen, dachten sich die beiden vermutlich, dann können wir gleich die alte Losung aus dem Dreißigjährigen Krieg wieder rausholen. Damals hieß es, „Der Krieg ernährt den Krieg“, was bedeutete, dass die kämpfenden Armeen alles plündern durften, was ihnen in die Finger kam.

Weil sie von ihren Fürsten alleingelassen wurden in der Gefahr, organisierten tapfere Deutsche in manchen Regionen eigene Milizen, um die gierigen Haufen von ihrem Besitz fernzuhalten. Vielleicht sollten wir das auch tun. Wenn demnächst die Palmers und Brantners mit dem Merkel-Schlachtruf „Alles oder nichts!“ auf den Lippen vor unseren Stadttoren auftauchen, werden wir unsere Mistgabeln zücken und laut zurückrufen: „Nichts!“ Ach, wär’s nicht schön, wenn das so einfach wär?


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