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26.11.11 / Ein weiteres Fukushima ist unmöglich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-11 vom 26. November 2011

Ein weiteres Fukushima ist unmöglich

Deutschland anno 1967: ein Land im nuklearen Fortschrittsrausch. Sozialdemokraten überschlagen sich auf ihren Parteitagen in Hymnen auf die strahlende Zukunft, Christ- und Freidemokraten hecheln hinterher, um nicht als fortschrittsfeindlich zu gelten. In der Kernforschungsanlage Jülich geht der AVR ans Netz, er wird als Meilenstein auf dem Weg zur atomaren Weltspitze gefeiert. Es handelt sich um einen Kugelhaufenreaktor, ein Testgerät mit bescheidenen 13 Megawatt. In 21 Jahren speist er 1,7 Milliarden Kilowattstunden ins Düsseldorfer Stromnetz ein.

1983 folgt mit dem THTR-300 in Hamm der erste kommerziell betriebene Kugelhaufenreaktor. Dank seiner kugelförmigen Brenn-elemente ist bei ihm eine Kernschmelze physikalisch unmöglich, ein Plus an Sicherheit, wie Fukushima (ein Reaktor herkömmlicher Bauart) lehrte. Aber in Deutschland hatten inzwischen die ideologisch geprägten AKW-Gegner mobil gemacht. Atom-Angst wurde zum politischen Vehikel der Grünen. 1989 wurde der Reaktor stillgelegt, damit endete die Fortentwicklung dieser Bauart. Aber während Deutschland nun dabei ist, sich ganz aus der Nukleartechnologie zu verabschieden, haben andere Länder die Jülicher Erfindung wiederentdeckt. China baut zwei Kugelhaufenreaktoren, USA, Kanada und Indien haben die Entwicklung aufgegriffen, Frankreich interessiert sich ebenfalls.

Noch gibt es an der TU Dresden ein Kompetenzzentrum für Hochtemperatur-Reaktortechnik, das vom akademischen Nachwuchs gut frequentiert wird. Aber wie lange hier noch in Deutschland gewachsenes Know-how erhalten bleibt, dazu wagt nicht einmal Lehrstuhlinhaber Antonio Hurtado eine Prognose. H.J.M.

 

Zeitzeugen

Philipp Rösler – Der Bundeswirt-schaftsminister und FDP-Vorsitzende scheint in Sachen Energiewende behutsam zurückzurudern. Angesichts der zu befürchtenden Engpässe und Kostensteigerungen durch den schwarz-gelben Atomausstieg will er den allzu üppigen, teuren und energiepolitisch wenig sinnvollen Ausbau der Photovoltaik begrenzen – und zog sich damit sofort den Zorn der Solarwirtschaft zu. Deren Verbandslobby-isten bestreiten, dass es beim Solarstrom noch weitere nennenswerte Kostensteigerungen geben werde. Die Preisentwicklung am Strommarkt deutet freilich darauf hin, dass Rösler Recht hat und nicht die Solarbranche.

Rudolf Schulten – Der deutsche Kernphysiker (1923–1996) hat als Student und Assistent an der Universität Göttingen mit Nobel-preisträger Werner Heisenberg (1901–1976) zusammengearbeitet. Er wurde als „geistiger Vater“ des Kugelhaufenreaktors bekannt, den er an der Kernforschungsanlage Jülich entwickelte und baute. Zugleich lehrte er an der TH Aachen. Noch heute wird Schulten als einer der bedeutendsten Kerntechniker geschätzt – in aller Welt außer in seinem Vaterland.

Ernest Rutherford – Der gebürtige Neuseeländer (1871–1937) wirkte als Kernphysiker in England, wo er auch geadelt wurde. Neben vielen anderen wichtigen Entdeckungen war er der erste, der 1919 nachweisen konnte, dass Atomkerne miteinander verschmelzen und sich in ein anderes Element verwandeln können. Damit war geklärt, wie die Sonne und alle Sterne ihre Energie erzeugen. Mit den Möglichkeiten einer praktischen Nutzung dieser Erkenntnis hat sich Rutherford nicht intensiver beschäftigt.

Edward Teller – Der aus Ungarn stammende amerikanische Physiker (1908–2003) gilt als „Vater der Wasserstoffbombe“. Während des Zweiten Weltkriegs war er am Los Alamos National Laboratory am Bau der Bomben von Hiroshima und Nagasaki beteiligt. Deren gigantische Sprengkraft aber war ihm noch nicht gigantisch genug. Er träumte von der „Superbombe“ und sah sich am Ziel, als 1949 die Sowjets ihre erste Atombombe zündeten. Auch über das Ende des Kalten Krieges hinaus blieb Teller Verfechter einer auf Nuklearer Abschreckung basierenden amerikanischen Hegemonialpolitik.


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