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26.11.11 / Das Kreuz mit der Moschee / Bizarre Vorwürfe über eingeschmuggelte christliche Symbole machen Moscheebau in Köln zu einer Posse

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-11 vom 26. November 2011

Das Kreuz mit der Moschee
Bizarre Vorwürfe über eingeschmuggelte christliche Symbole machen Moscheebau in Köln zu einer Posse

Vorerst kommunizieren der Vorstand der Moschee und ihr Architekt zwar über einen Vermittler wieder, doch ein Rechtsstreit scheint unvermeidbar.

Die im Bau befindliche Groß-Moschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld soll Platz für 1200 Gläubige bieten. Die fast fertige Kuppel hat eine Höhe von 34,5 Metern, die Minarette von 55 Meter. Jahrelang wurde um das größte Moscheebauprojekt Deutschlands in Köln gestritten. Der prominente jüdische Intellektuelle Ralf Giordano, der die Moschee als „Falsches Signal“ bezeichnet, und eine eigens gegründete Partei „Pro Köln“ hatten jahrelang erfolglos versucht, das Projekt zu stoppen. Jetzt droht ein Streit zwischen dem Bauträger und dem Stararchitekten Paul Böhm, um die für 2012 geplante Fertigstellung des größten Moscheebauprojektes in Deutschland.

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), ein deutscher Verein, der allerdings der Kontrolle des staatlichen Präsidiums für Religionsangelegenheiten der Türkei unterliegt, erhebt als Bauträger bizarre Vorwürfe gegen den Architekten. Böhm, der auch Architekt verschiedener moderner Kirchen war, soll, so der nicht offen geäußerte Vorwurf, gezielt christliche Symbole in das Bauwerk eingeschmuggelt haben.

Im Ursprungsentwurf bestand die Kuppel noch aus drei Schalen. Darin befürchtete Ditib die „Heilige Dreifaltigkeit“. Deshalb verlangte Ankara vier Schalen in der Kuppel. Als diese angefertigt wurden und den Anschein eines Kreuzes erweckten, wurde von Ankara wiederum ein Änderungswunsch vorgetragen, es blieben im dritten Anlauf jetzt zwei Schalen, aber auch in diesen Entwurf soll noch ein verstecktes Christogramm verborgen sein.

Die Ditib als Bauherr der Kölner Moschee hat den Vertrag mit Böhm vor vier Wochen gekündigt. „Als Künstler hat Herr Böhm brilliert, als Baumeister hat er leider versagt“, so die Sprecherin Ayse Aydin. Baumängel, eine gewaltige Kostenexplosion und falsche Farben, sind die von der Ditib vorgebrachten offiziellen Gründe. Der Architekt und die Baufirma, die schon seit Monaten kein Geld mehr erhalten hatten, werfen dem türkischen Bauträger vor, durch ständige Änderungswünsche die Baukosten selbst in die Höhe getrieben zu haben und Baumängel künstlich konstruiert zu haben, für ein Gebäude, das noch gar nicht abgenommen ist.

Es ist ein seltsamer Streit, der in Köln tobt. Eigentlich dachte man, dass die Konflikte um die riesige Moschee in der Innenstadt längst beigelegt seien. Viele ursprünglich skeptische Kölner Bürger bewunderten bereits die Betonkugel und die in den Himmel ragenden Minarette und sahen die Moschee bereits als „Kölsche Moschee“.

In Wahrheit gärte es schon lange zwischen dem Architekten und den Bauherren, seit einigen Wochen nun wird der Konflikt auch öffentlich ausgetragen. Böhm sieht den Grund für das Zerwürfnis vor allem in dem von der Türkei vor kurzem eingesetzten neuen Vorstand der Ditib. Die Ditib will ihre Deutschland-Zentrale in der neuen Moschee einrichten, deshalb geht es um viel Prestige. Auch manche deutsche Politiker wie die türkischstämmige SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün sehen in Ankara den eigentlichen Auslöser des Streites. Die Ditib ist im Grunde eine türkische Behörde, die nach der Großwetterlage in der Türkei handelt. Die Regierung der Türkei wird mit Erdogans AKP von einer islamistischen Partei gestellt, die sich zwar im Westen als weltoffen darstellt, aber ihren eigenen Anhängern gegenüber ein islamistisches Weltbild predigt.

Der größte Moschee-Komplex in Deutschland sollte eigentlich im kommenden Frühsommer eingeweiht werden. Nun drohen jahrelanger Rechtsstreit und Baustopp. Im Streit um den Weiterbau der Kölner Ditib-Moschee wurde Alt-Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) als Schlichter eingesetzt. Schramma gehört dem Moschee-Beirat mit Vertretern aus Politik, Kirchen und Kultur an. Ihm ist es in einem Moderationsverfahren gelungen, die verhärteten Fronten wieder ins Gespräch zu bringen. Der stellvertretende Vorsitzende der türkischen Religionsgemeinschaft Ditib, Orhan Bilen, schlägt jetzt versöhnlichere Töne gegen-über dem Kölner Architekten an und kehrt die Scherben zusammen, die er und andere in den letzten Wochen verursacht haben. Ein Rechtsstreit, so ließ er wissen, solle nach Möglichkeit abgewendet werden. „Böhm bleibt derjenige, mit dem dieses Kunstwerk immer verbunden sein wird. Wir sind stolz auf diese Moschee mit ihrer modernen Architektur“, sagte Bilen in einem Gespräch mit dem „Kölner Stadtanzeiger“. Die Ditib möchte in dem Moderationsverfahren „alle Optionen offen“ halten. Sie verlangt in ihrer jüngsten Stellungnahme nur noch eine Beseitigung von Baumängeln, von künstlerischen Differenzen ist – im Gegensatz zu früheren Äußerungen – nicht mehr die Rede. An dem Vorwurf versteckter christlicher Symbole sei nichts dran gewesen, so Bilen. Trotz des Bekenntnisses zum Böhm-Entwurf wird eine Einigung schwierig. Das Verhältnis zwischen Ditib und Böhm ist „noch immer ziemlich unterkühlt“, so heißt es aus dem Beirat, so dass es wohl doch auf einen Prozess hinausläuft. Wie es ganz praktisch mit Böhm nach der vorläufigen Einigung bei der Sitzung des Moscheebeirats in der letzten Woche weitergehen und ob er als künstlerischer Leiter auf die Baustelle zurückkehren kann, bleibt unklar. Trotz angeblicher Mängel sollen die Bauarbeiten weitergehen. Zurzeit wird die Glasfassade eingebaut. Die Kosten sollen wegen der fortlaufenden Umplanungen von ursprünglich 28,7 Millionen Euro zu Baubeginn 2009 auf 38 Millionen Euro gestiegen sein, so die Ditib.

Zu Zeiten von Kemal Atatürk, der ab 1923 der Türkei ein westliches Aussehen und eine laizistische Verfassung gegeben hatte, tat man sich in der Türkei mit christlichen Architekten nicht so schwer. 1927 wurde der deutsch-österreichische Stararchitekt mit brasilianischem Pass Clemens Holzmeister damals einer der begehrtesten Kirchenbauer im deutschsprachigen Raum, gebeten die neue türkische Hauptstadt Ankara zu bauen. In keinem der von Holzmeister zur vollsten Befriedigung der türkischen Behörden geschaffenen Staatsbauten, seien es Ministerien, Botschaften, Militärgebäuden oder das türkische Parlament, hat man christliche Symbole ent-deckt. 2008 hat man in Ankara eine Straße nach ihm benannt. Bodo Bost


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