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26.11.11 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-11 vom 26. November 2011

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

„Der Abend allein in das Beste!“, lässt Agnes Miegel in ihrem Gedicht „Heinrich von Plauen“ den ehemaligen Hochmeister des Deutschen Ritterordens sagen, der auf der Burg Lochstädt seinen Lebensabend verbringt, nach langen Jahren der Gefangenschaft wieder als freier Mann. Hier spürte er im Wellenschlag des Frischen Haffes, im Rauschen der Kiefernwälder, im Wind, der von der nahen See kommt, und im Duft der blühenden Linden den Atem des von ihm geliebten Preußenlandes. Diesen Satz habe ich mir für meine späten Jahre aufgehoben, denn er spricht von Dankbarkeit für einen geborgenen Lebensabend, und ich sage ihn oft vor mich hin, wenn ich zur Schummerstunde in die Tannen vor meinem Fenster blicke – erfüllter Traum eines Kindes, das in einer baumlosen Großstadtstraße aufwuchs. Und dann sehe ich auch die Burg Lochstädt vor mir, wenn wir mit der Bahn nach Neuhäuser fuhren: Hoch über dem Steilhang lag sie, die Ordensburg mit ihrer Schlosskapelle, dem ältesten erhalten gebliebenen Ordensraum – unvergessen. Und jetzt auch wieder lebendig gemacht durch einen Leserbrief an unsere Ostpreußische Familie, der sich allerdings nicht mit der Burg befasst, sondern mit der Heilstätte, die sich auf diesem schmalen Landstreifen zwischen dem Frischen Haff und der Ostsee befand. In diese Heilstätte wurde 1936 die zwölfjährige Waltraut Scheurer aus dem Kreis Gumbinnen eingewiesen, um hier in dem heilkräftigen Seeklima zu gesunden. Das führte auch dazu, dass es im Seebad Neuhäuser [Netschnikow] einige Pflege- und Erholungsheime gab, für die dieser stille Kurort geradezu ideale Bedingungen bot. Auch nach so langer Zeit erinnert sich Waltraut Braklow geborene Scheurer an die dort verbrachten fünf Monate, in denen sie zwar auch von Heimweh geplagt wurde, die aber durchsonnt wurden von herrlichen Sommerstunden an der See. Die heute in Hamburg Wohnende schreibt:

„In all den Jahren, in denen wir nun schon hier sind, habe ich nie von diesem Heim oder von den Orten Lochstädt oder Neuhäuser gehört. Es hatte die Anschrift: ,Seeheilstätte für Kinder bei Lochstädt, Post Neuhäuser, Kreis Fischhausen‘. Dorthin sind doch sicher nach der Wende ehemalige Einwohner gefahren. Niemand hat bisher davon berichtet, wie es jetzt dort aussieht. Neben der Heilstätte gab es große Häuser, in denen die Ärzte mit ihren Familien wohnten. Erinnert sich niemand von den ehemaligen Einwohnern an diese Orte, niemand von den ehemaligen Kurgästen oder Heiminsassen an diese Einrichtungen? Ich wäre sehr dankbar, wenn ich etwas darüber erfahren würde.“ Ja, diesen Wunsch geben wir gerne weiter. Zwar wird der Kreis der in Frage kommenden Informanten altersbedingt immer kleiner, aber da auch während des Krieges die Heilstätten genutzt wurden, dürfte es sicherlich noch Leserinnen und Leser geben, die dort waren. Und mancher wird auf einer Samlandreise auch diese Landzunge zwischen Haff und See besucht haben, aber ihre Berichte dürften wenig Erfreuliches enthalten. Nach einem Haus in Fischhausen, das auch heute bewohnt wird, haben wir ja kürzlich gefragt, aber da scheint sich nichts ergeben zu haben. Von der Burg Lochstädt, deren Restaurierung und Bestandssicherung 1937 erfolgte, soll nur noch ein Burgstall stehen. Der Abriss der Ordensburg erfolgte in den 60er Jahren. (Waltraut Brak­low, Reinbeker-Redder 208 in 21031 Hamburg.)

Hier in Lochstädt [Pawlowo] mussten einst die Bernsteinfischer der westlichen Samlandküste wie alle Bewohner ihre Funde abliefern, denn der Orden besaß das Bernstein-Regal, die Gewinnung des Bernsteins und der Handel waren damals Staatsmonopol. Wer besonders schwer dagegen verstieß, kam an den Galgen. Das Samland ist heute noch der Hauptfundort von Bernstein in der ganzen Welt, allerdings sieht die Westküste bei Palmnicken geradezu trostlos aus. Aber für uns bleibt der Bernstein unser „Samlandgold“, und so ist es auch kein Wunder, dass der Bernsteinwecker, über den wir in Folge 33 berichteten, Aufmerksamkeit erregte. Leider etwas verspätet – was wieder einmal an einer E-Mail-Panne lag – kamen Fotos und Berichte. Ich hatte wegen der anfänglichen Funkstille gemeint, dass es sich bei dem Bernsteinwecker mit der Aufschrift „Preußische Zeitung“ um ein einmaliges Stück handeln müsste. Was auch soweit stimmt, als es sich bei dem Wecker um ein Werbegeschenk dieses Königsberger Zeitungsverlages handelt. Nun ist ja jede Bernsteinuhr ein Unikat, denn sie wurde ja in der Staatlichen Bernsteinmanufaktur in Handarbeit gefertigt, aber bei einer Zuschrift ergibt sich doch eine Parallele, denn auch hier handelt es sich um ein Firmengeschenk. Eine echte „Palmnicker Marjell“, Frau Hanni Lenczewski-Wittke, übersandte uns ein Foto von einer Bernsteinuhr, die ihr Vater Fritz Wittke als Jubiläumsgabe von seinem Betrieb bekam. Die Widmung besagt es: Für 24 Jahre treue Dienste, Pr. Bergwerk und Hütten AG Zweigniederlassung Königsberg 1. Mai 1939. Und Frau Lenszewski-Wittke erzählt dazu auch eine Geschichte:

„Meine Mutter hat diese Uhr auf abenteuerliche Weise bei der Besetzung durch die Rote Armee in Palmnicken, durch schlimme Jahre bis zur Vertreibung Ende Ok­tober 1947 und durch die scharfe Kontrolle auf dem Königsberger Hauptbahnhof bei der Ausreise retten können. Sie hatte die Uhr in einer ,Zudeck‘ – einem Oberbett – eingewickelt, diese in einen Kartoffelsack gesteckt und ihn dann zugenäht. So kam die Uhr durch die Kontrolle. Es gibt noch einige Uhren dieser Art. In dem Buch „Die Staatliche Bern­steinmanufaktur Königsberg“ werden Fotografien von einigen Uhren gezeigt, von denen ich einige Abbildungen zuschicke. Meine Uhr ist die, auf deren Zifferblatt der Zeiger auf sieben Minuten nach neun steht. Es gibt also immer wieder etwas Neues.“

Das trifft auch auf das Foto zu, das uns Frau Erika Toll aus Glück­stadt übersandte, denn auch dieses zeigt einen geretteten Wecker. Ihr Mann Roland Toll besitzt ein durch die Reichhaltigkeit der verarbeiteten Bernsteinstücke besonders schönes und kostbares Exemplar. Es stammt von seinen Eltern, dem Tierarzt Toll und seiner Ehefrau aus Tapiau. Vielen Dank auch für diese Mitteilung und das Bild.

Natürlich werden sich die Besitzer dieser wertvollen Bernsteinarbeiten nie von ihnen trennen, und sie dürften sich auch nicht angesprochen fühlen, wenn ich jetzt den Wunsch von Herrn Eckhard Pahlke aus Elsdorf anschließe. Aber vielleicht gibt es doch jemanden aus unserer Leserschaft, der sich von einem schönen Bernsteinstück trennen will, vielleicht aus Altersgründen und weil er niemanden weiß, dem er dieses wertvolle Schmuckstück auch als Erinnerung an die ostpreußische Heimat anvertrauen könnte. Das will nämlich Herr Pahlke tun, denn er sucht ein Bernsteinstück mit Einschlüssen als Geschenk anlässlich einer Konfirmation. Es soll „erzählen können“: vom alten Ostpreußen, von der Bernsteinküste, von der Geschichte seiner Bewahrung durch Krieg und Vertreibung – und diese an den jungen Menschen weiter vermitteln. Vielleicht findet sich ja auch die berühmte „Mücke im Bernstein“? Ich will hier nur seinen Wunsch weiterleiten mit der Bitte, sich an Herrn Pahlke direkt zu wenden, wenn eine Möglichkeit besteht. (Eckhard Pahlke, Keltenweg 10 in 50189 Elsdorf, Telefon 02274/700528, Fax 02274/706155 8, E-Mail: e.pahlke@pahlke-eum.de)

Jetzt kommen wir zu sehr speziellen Fragen, die wohl nicht so leicht zu beantworten sind. Die erste stellt Frau Anna Saß aus Berlin, die sich seit einiger Zeit sehr intensiv mit der Erforschung ihrer Familiengeschichte beschäftigt. Ihr Ur-Ur-Ur-Großvater war der Schlachtenmaler Carl Rechlin (1802–1875) aus Tempelhof bei Berlin. Frau Saß versucht aus allen zugänglichen Quellen seine Biografie für eine Publikation zu rekonstruieren und eine Werkübersicht zusammenzustellen. Und nun kommt unsere „Ostpreußische Familie“ ins Spiel, denn es geht um ein Rechlin-Gemälde, das sich in Königsberg befand. Es handelt sich um das Bild „Erstürmung des Grimmaischen Tores in Leipzig durch das Königsberger Landwehrbataillon“, das seit 1844 im Magistrats-Sitzungssaal des Kneip­höfischen Rathauses hing. Das Gemälde hatte dort seinen Ehrenplatz unter dem Brustbild Fried­rich Wilhelm III. Wer kann Frau Saß Näheres zu diesem Gemälde und seiner Geschichte mitteilen? Wer verfügt über Aufnahmen des historischen Magistrats-Sitzungssaales, auf denen möglicherweise das Gemälde zu sehen ist? Ein weiteres Gemälde von Carl Rechlin hing vermutlich im Königsberger Schloss. Auch hier sucht Frau Saß nach Quellen und Kontaktpartnern. (Anna Saß, Petersburger Straße 25 in 10249 Berlin)

Durch einen Artikel von Manuela Rosenthal-Kappi über den Königsberger Bildhauer Johann Friedrich Reusch angeregt, erinnert sich unser Leser Winfried Eichstaedt aus Brodersby an eine Figur von Reusch in seiner Schule, dem Wilhelmsgymnasium in Königsberg. An die Gemälde von Steffeck und Neide in der Aula, die Eingang in die Deutsche Kulturgeschichte des Ostens fanden, kann sich Herr Eichstaedt noch gut erinnern, nicht aber an die Figur von Reusch. Nun hat dieser Künstler, der Königsberg mit seinen Arbeiten so bereicherte, zwei Werke für das 1879 auf dem Hintertragheim eröffneten Gymnasium geschaffen: Eine Bronzebüste Kaiser Wilhelm I., die sich über dem Eingang zur Aula befand, und eine Marmorbüste des Direktors des Wilhelmgymnasiums, Emil Grosse – beide Büsten wurden beim Bombenangriff 1944 zerstört. Gibt es irgendwo noch Aufnahmen dieser Reusch-Büsten? (Winfried Eichstaedt, Drasberger Weg 10 in 24398 Brodersby, Telefon 04644/630.)

Auch kleine Wünsche bereiten große Freude, wenn sie erfüllt werden. Da wird mal wieder ein Poem gesucht, das vielleicht jemand aus unserem Familienkreis kennt – Fragezeichen deshalb, weil es mit Sicherheit in keinem Gedichtband steht. Es handelt sich um ein „Gebrauchsgedicht“, also ein Poem, das zu bestimmten Anlässen vorgetragen wird. Es stammt wohl aus einem Ratgeber für Hochzeitsfeiern, denn so hat es Frau Ingrid Ewers aus Büddenstedt in Erinnerung. Ihr Vater Gustav Pentzek trug es anlässlich der Hochzeit seiner Tochter Eleonore im Jahr 1973 vor. Als alte Frau verkleidet, deklamierte er diesen Glückwunsch, von dem Frau Ewers noch den Anfang in Erinnerung behalten hat: „Was sehen meine Augen denn soviel der Lichter und überall vergnügliche Gesichter! Ich glaube, hier geht etwas Seltenes vor …“ Da die Familie Pentzek aus Froniken Kreis Treuburg stammt, vermutet Frau Ewers, dass ihr Vater das Poem noch aus seiner Heimat kannte. Er verstarb leider schon drei Jahre nach der Hochzeit, so kann sie ihn leider nicht mehr befragen – aber unsere Familie. (Ingrid Ewers, Ringstraße 21 in 38372 Büddenstedt Kreis Helmstedt.)

Da die Wunschliste von Frau Hannelore Müller aus Löhne sehr umfangreich gewesen war und wir zuerst ihre wichtigsten Suchfragen in Folge 38 veröffentlichen konnten, bringen wir heute den noch ausstehenden Wunsch. Vor einigen Jahren las Frau Müller in einem Bericht über Königsberg von einem Gedicht, das sie sehr berührte. Es heißt „Die Toten von Königsberg“, geschrieben von Günter Hagner. Damals notierte sie sich nur Titel und Autor auf einen kleinen Zettel, der ihr nun bei der Durchsicht ihres Ostpreußen-Ordners in die Hände fiel. Sehr gerne würde sie das Gedicht, das nach dem Krieg entstanden ist und sicher bei Gedenkfeiern vorgetragen wurde, mit seinem vollen Text haben. Sie hofft, dass es sich in unserem Leserkreis finden lässt. (Hannelore Löhne, Kiefernweg 18 in 32584 Löhne.)

Eure Ruth Geede


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