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03.12.11 / Weg vom Bürgerschreck / »Realos« dominierten den Bundesparteitag der Grünen – Klatsche bei »Stuttgart 21«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-11 vom 03. Dezember 2011

Weg vom Bürgerschreck
»Realos« dominierten den Bundesparteitag der Grünen – Klatsche bei »Stuttgart 21«

Realistisch bleiben“ hieß das Motto beim Bundesparteitag der Grünen am vergangenen Wochenende in Kiel. Und so blieben die 800 Delegierten realistisch und der bisherigen Linie grüner Politik treu. Die sonst bei den Grünen-Parteitagen üblichen Flügelkämpfe zwischen „Realos“ und „Fundis“ fielen aus. Statt ideologische Schlachten auszutragen, einigte man sich auf Beschlüsse zu Umweltschutz, Subventionsabbau, Netzpolitik und Mindestlohn.

Längst sind die Grünen in der Mitte der Gesellschaft angekommen und die bürgerlichen Wählerschichten dürfen nicht mehr verprellt werden. Artig wurde immer wieder der Schulterschluss mit der Wirtschaft beschworen, der unternehmerische Klein- und Mittelstand gelobt. Folglich dominierten die „Realos“ auch die Debatte um eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Die beschlossene Anhebung von 42 auf 49 Prozent ab einem Jahreseinkommen von 80000 Euro liegt weit unter dem, was linksgrüne Delegierte gefordert hatten.

Das war ganz im Sinne des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der sich zuvor mit einem eindringlichen Plädoyer für eine moderate Steuerpolitik an seine Parteifreunde gewandt hatte. Er war der eigentliche Star des dreitägigen Parteitages. Sein Wort war quasi Gesetz, und immer wieder wurde er von nachfolgenden Rednern zitiert.

Ansonsten gab es für „Kretsch“, wie er parteiintern genannt wird, am Sonntag wenig Grund zur Freude. Denn auch wenn es sich manche Grüne gewünscht haben mögen, waren es nicht die gen Gorleben rollenden Castoren, die entgleisten, sondern die eigenen Gesichtszüge, als das Ergebnis des Volksentscheides zu „Stuttgart 21“ bekannt wurde. Für Kretschmann eine herbe Niederlage. Die Bürger haben ihn und seine „Wutbürger“ zurückgepfiffen. Nicht diejenigen, die am lautesten waren und am meisten Aufmerksamkeit erregten, haben gesiegt, durchgesetzt hat sich die schweigende Mehrheit der „Friedbürger“. Die direkte Demokratie, einst von den Grünen als Machtmittel der vermeintlich Machtlosen initiiert, wendet sich gegen ihre stärksten Befürworter. Kretschmann will bei „S21“ nun „umschalten von ablehnend-kritisch auf konstruktiv-kritisch“. Ansonsten will er das Bürgervotum „ohne Hintertürchen und doppelten Boden“ annehmen. Dass er die Selbstverständlichkeit betont, den Willen des Volkes umzusetzen, zeigt, dass er sich erst noch in seiner Rolle als Regierungschef finden muss. Jan Heitmann


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