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03.12.11 / Das Nest der Krisen / Auch die Weltwirtschaftskrise von 1929/32 schwappte aus den USA nach Europa

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-11 vom 03. Dezember 2011

Das Nest der Krisen
Auch die Weltwirtschaftskrise von 1929/32 schwappte aus den USA nach Europa

Der Einbruch der US-Börsenkurse am Donnerstag, dem 24. Oktober 1929, steht als Symbol für den Kollaps der größten Volkswirtschaft der Erde. Innerhalb von Stunden wurden 16 Millionen Aktien abverkauft. Eine Entwicklung, die sich am folgenden Tag, dem „Schwarzen Freitag“, fortsetzte. In Gang gesetzt wurde mit dem Börsenkrach eine wirtschaftliche Abwärtsspirale, aus der die meisten Länder sich erst mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wieder befreien konnten.

Die Kurseinbrüche des Oktobers 1929 als Ursache der Krise anzusehen wäre jedoch falsch. Sie waren vielmehr letzter Auslöser beim Einsturz eines ohnehin labilen Finanzsystems, das sich mit Fehlentwicklungen und finanziellen Ungleichgewichten teilweise bereits seit 1914 herausgebildet hatte. Ähnlich dem Verbriefungsmarkt in der aktuellen Finanzkrise erwies sich auch 1929 ein neues Finanzprodukt als Brandbeschleuniger in der Krise: Mit Aktien beliehene Makler-Kredite hatten erst seit 1928 Massenverbreitung gefunden. Der Börsenkrach entzog durch fallende Aktienkurse den Krediten die Deckung. Die daraufhin massenweise gekündigten Kredite blieben kein amerikanisches Problem, sondern bewirkten als Kettenreaktion eine Kreditklemme, die bis Europa reichte.

Der Erste Weltkrieg hatte die USA von einem Schuldner zum wichtigsten Kreditgeber der Welt gemacht: Bis 1918 finanzierten die amerikanischen Darlehen die Kriegsführung von Briten und Franzosen. Nach 1918 wurden die US-Kredite dazu gebraucht, dass die Deutschland aufgenötigten Reparationsleistungen an Großbritannien und Frankreich geleistet werden konnten. Quasi im Kreislauf – über den Umweg London und Paris – landeten die in Versailles erpressten Zahlungen zur Tilgung der britischen und französischen Kriegsschulden schlussendlich wieder bei den US-Banken – angereichert um die Zinszahlungen. Diesem aus Sicht der Wall Street grandiosen Geschäftsmodell wurde mit der Kreditklemme nach dem Börsenkollaps die Basis entzogen. Da sie selbst in Schwierigkeiten gerieten, begannen US-Banken von ihnen vergebene Kredite in Europa zu kündigen. In dieser Situation war die von Kanzler Heinrich Brüning auf den Weg gebrachte Sparpolitik nicht zu vermeiden.

Von heutigen Kritikern wird gern übersehen, dass durch den Young-Plan, der die Zahlungen der Reparationszahlungen seit 1929 regelte, Brüning kaum Handlungsfreiheiten hatte. Mit der Kürzung der öffentlichen Ausgaben um 30 Prozent, dem Heraufsetzen von Steuern und dem Senken von Löhnen gelang es Brüning immerhin, ein massives Defizit in ein kleines Plus umzuwandeln. Der Preis dafür war allerdings hoch: Die Wirtschaftsleistung fiel im Jahr 1931 um acht Prozent und 1932 sogar um 13 Prozent.

Dies war aber nicht nur Resultat der Sparpolitik, sondern auch Folge immer stärkerer Handelsbeschränkungen. Die USA begannen im Juni 1930 mit dem „Smoot Hawley Tariff“ 20000 Importgüter mit Zöllen zu belegen und Länder wie Deutschland damit praktisch vom US-Markt abzuschneiden. Ein Vorschlag von Präsident Herbert Hoover zu einem einjährigen Zahlungsstopp für deutsche Auslandsschulden wurde von Frankreich heftig angefeindet. Als das Hoover-Moratorium im Dezember 1931 endlich zustande kam, war es zu spät: Bereits im Sommer 1931 waren mehrere deutsche Großbanken in eine derartige Schieflage geraten, dass sie geschlossen und später verstaatlicht werden mussten.

Die Bankenkrise leitete den zweiten Teil der Weltwirtschaftskrise ein. Die Probleme der Banken verstärkten die Kreditklemme in der deutschen Wirtschaft. Auf dem Arbeitsmarkt erreichte die Krise im Februar 1932 ihren Höhepunkt: 6,12 Millionen Arbeitslosen standen nur zwölf Millionen Beschäftigte gegenüber. Norman Hanert


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