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03.12.11 / Ideologischer Grabenkampf / Beim Betreuungsgeld geht es nicht mehr um den Bedarf der Mütter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-11 vom 03. Dezember 2011

Ideologischer Grabenkampf
Beim Betreuungsgeld geht es nicht mehr um den Bedarf der Mütter

Eigentlich schien nach der Runde im Koalitionsausschuss vor vier Wochen alles klar zu sein. Die FDP bekam ihre Steuererleichterungen und die CSU ihr Betreuungsgeld für Mütter, die ihre Kinder lieber zu Hause betreuen wollen. 100 Euro ab 2013 und ein Jahr später 150 Euro sollte es pro Kind und Monat geben, so wie es auch schon im Koalitionsvertrag hieß. Doch nun rebellieren die CDU-Frauen. Bundeskanzlerin Angela Merkel konnte nur mühsam ihren Aufstand auf dem kürzlich abgehaltenen CDU-Parteitag unterbinden. Mitte der Woche will die Bundesregierung nun eine Einigung verkünden.

Allen voran gibt sich die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) kämpferisch. Die ins Spiel gebrachten Gutscheine oder eine längere Anrechnung von Rentenzeiten wollen die bayerischen Christsozialen nicht akzeptieren. Es sei ein Gebot der Gerechtigkeit, dass sich Mütter über eine Barauszahlung auch eine Alternative zur Kita-Betreuung wie beispielsweise eine Tagesmutter organisieren können. Da ein Kita-Platz den Steuerzahler bis zu 1000 Euro im Monat kostet, seien die Beträge von 100 bis 150 Euro pro Kind vergleichsweise gering und für den Steuerzahler im Übrigen billiger.

Der Konflikt, der nun die Unionsparteien zu zerreißen droht, gilt als Folge der von der vormaligen Familienministerin so euphorisch vertretenen Krippen-Offensive. Bis 2013 sollte ein Drittel der Kinder einen solchen Platz erhalten können. Vor horrenden Kosten wurde damals von Familienverbänden vergeblich gewarnt; nun erweisen sie sich als schwerer Ballast. Kommunen und Städte stöhnen über die hohen Investitionen; Eltern ärgern sich über hohe Beiträge.

Warum sind Kindergärten und Kindertagesstätten so teuer? An den Löhnen der Erzieherinnen, die zu den untersten Einkommensgruppen zählen, liegt es kaum. Vor allen Dingen freie und kirchliche Träger bemängeln die teuren behördlichen Auflagen. Die Feuerwehr verlange einen kostspieligen Brandschutz, die Gewerkschaft einen eigenen Raum für das Personal; Energieschutzbestimmungen und eine aufwändige Bürokratie müssten gestemmt werden.

Auf diese Weise verteuern sich die Plätze ständig. In Hamburg müssen Durchschnittsverdiener bis zu 393 Euro pro Kind für einen Ganztagesplatz bezahlen. Damit lohnt sich für eine ganztags oder halbtags arbeitende Ehefrau, nach Abzug aller Sozialabgaben und Steuern, vielfach kaum noch die Berufstätigkeit. Bleibt das Kind aber zu Hause, steht die Mutter bisher ohne finanzielle Hilfen vor dem Problem einer eventuellen Kinderbetreuung.

Das von der Opposition als „Herdprämie“ diffamierte Betreuungsgeld wollte hier eine Abhilfe schaffen, so dass Eltern sich beispielsweise eine Tagesmutter organisieren können. Praktisch wäre diese Lösung auch, da viele Eltern gar keinen Kita-Platz nahe an ihrem Wohnort bekommen können und Wartezeiten von mehr als einem Jahr avisiert werden. Doch solche Fragen scheinen in dem Gewirr von ideologischen und finanziellen Fronten in der Unionsfraktion kaum jemanden zu interessieren (s. S. 8). Hinrich E. Bues


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