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03.12.11 / Auf Heimaturlaub in der heiligen Stadt / Kölner Meisterwerke aus den großen Sammlungen der Welt sind jetzt wieder am Rhein zu sehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-11 vom 03. Dezember 2011

Auf Heimaturlaub in der heiligen Stadt
Kölner Meisterwerke aus den großen Sammlungen der Welt sind jetzt wieder am Rhein zu sehen

Im Mittelalter galt Köln neben Rom, Konstantinopel und Jerusalem als eine der vier heiligen Städte des Christentums. Zu verdanken hatte das die mit 40000 Einwohnern größte Metropole des Heiligen Römischen Reiches ihrem Reichtum an Reliquien, unter denen die der Heiligen Drei Könige sowie die der Heiligen Ursula und des Heiligen Gereon die prominentesten sind.

Die Erzbischöfe von Köln gehörten zu den mächtigsten Männern nördlich der Alpen. Ab dem späten 13. Jahrhundert aber bestimmten Patrizier und Kaufleute die Geschicke der enorm reichen Handelsmetropole. Unter diesen idealen Rahmenbedingungen stand das Kölner Kunstschaffen in höchster Blüte. Davon erzählt eine prachtvolle Ausstellung im Kölner Museum Schnütgen. Sie umfasst 225 Kunstgegenstände, die zwischen 1000 und 1550 in Köln geschaffen wurden. Bemerkenswert ist, dass ausschließlich Spitzenwerke aufgeboten sind. Viele wurden wegen ihrer Kostbarkeit und Bedeutung noch nie oder seit vielen Jahren nicht mehr ausgeliehen, wie Ausstellungskuratorin Dagmar Täube betont. Seite an Seite mit dem Eigenbesitz des Museums sind 160 Leihgaben aus Lissabon und Madrid, Paris und London, Los Angeles, New York und anderen großen internationalen Sammlungen auf Heimaturlaub in Köln. Dass sie in alle Welt verstreut sind, haben diese Meisterwerke der christlichen Kunst nicht zuletzt den Franzosen unter Napoleon zu verdanken. Ab 1801 gehörte Köln zu Frankreich. Die Kirchenschätze wurden verstaatlicht und meistbietend verkauft. Eine enorme Menge christlicher Kunstwerke wechselte so die Besitzer. Denn Köln hatte „buchstäblich an jeder Ecke eine mehr oder minder große Kirche, eine Kapelle, ein Hospital, ein Stift oder ein Kloster“, berichtet Miriam Verena Fleck in ihrem Katalogaufsatz. In 17 Ausstellungsabteilungen schwelgt Köln nun in der eigenen großen Vergangenheit. Erste Glanzlichter setzen Schnitzereien aus Elfenbein, Walrosszahn und Knochen. Aus Cleveland eingeflogen wurde das „Diptychon mit Szenen aus dem Leben des Hl. Martin von Tours“ (1340/50). Das linke Täfelchen zeigt vermutlich seine Weihe zum Bischof. Das rechte feiert seinen berühmten Akt der Barmherzigkeit. Martin ist am Bettler bereits vorbeigeritten. Doch er besinnt sich eines besseren: Er wendet sich um und zieht das Schwert, um seinen Mantel zu teilen. Der Bettler schaut erwartungsfroh zu ihm auf. Das sicher anrührendste Beispiel für die hohe Kunst der Goldschmiede ist das aus dem Aachener Domschatz entliehene Simeons-Reliquiar (1330/40). Die romanische Kassette mit der Armreliquie des Heiligen Simeon wurde zu einem „sprechenden“ Reliquiar umgearbeitet, das von der Darbringung im Tempel erzählt. Indem die Kassette mit vier Säulchen als Unterbau auf eine edelsteinbesetzte Grundplatte montiert wurde, ist sie zum Altar geworden. An ihm stehen sich zwei Figürchen zwecks eines rituellen Tausches gegenüber. Die Muttergottes reicht dem Tempelpriester Simeon als Opfergabe zwei Tauben dar. Der wiederum streckt ihr das Jesuskind entgegen.

Die älteste unter den aus Holz geschnitzten Marienskulpturen ist die aus Zülpich geborgte „Hovener Madonna“ (um 1170/80). Majestätisch sitzt die kostbar gekleidete Himmelskönigin auf ihrem Thronstuhl, das uns segnende, mit Krone und Zepter als Weltenrichter gekennzeichnete Jesuskind auf dem Schoß. Der Anflug eines Lächelns umspielt die Mundwinkel der Muttergottes. Bei den jüngeren Madonnenfiguren ist das Lächeln weit stärker ausgeprägt und gilt als typisch kölnisch.

Prachtvoll vertreten ist die Glasmalerei. Zu den Höhepunkten gehört die aus dem Kölner Dom stammende „Geburt Christi“ des Älteren Bibelfensters (um 1250/60).

In der farbenfrohen Szene weist Maria zum in der Krippe liegenden Wickelkind, auf das der links am Fußende postierte Josef einen wachsamen Blick wirft. Besinnlich neigt der Ochse seinen Kopf zum Jesusknaben, während der Esel sein zum „Iah“ geöffnetes Maul gen Himmel reckt.

Die Kölner Tafelmalerei hatte im 15. Jahrhundert ihre größte Blüte. Deren prominenteste Vertreter sind der Veronikameister und Stefan Lochner. Das namengebende Hauptwerk des Veronikameisters ist aus London angereist: die „Hl. Veronika mit dem Schweißtuch“ (um 1420). Vor goldenem Grund hält die lieblich dreinschauende Heilige das ausgebreitete Tuch in die Höhe.

Der Legende zufolge hatte Veronika Jesus um sein Bildnis gebeten, das er ihr mit seinem Gesichtsabdruck auf ihrem Schweißtuch überließ.

Tiefenräumliche Illusion kennzeichnet hingegen Stefan Lochners aus Lissabon entliehene „Darbringung im Tempel“ (1447). Am linken Bildrand stehen Maria und Joseph, der ein Körbchen mit den als Opfergabe bestimmten beiden Tauben hält.

Ihnen gegenüber auf der anderen Seite des Altares steht der Hohepriester Simeon und trägt den Jesusknaben auf den Armen. Er ist Simeon, der ihn als den Erlöser erkannt hat, zugewandt und streichelt ihm den grauen Bart.

Veit-Mario Thiede

Die Ausstellung ist bis 26. Februar 2012 im Museum Schnütgen, Cäcilienstraße 29-33, Köln, dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr sowie jeden ersten Donnerstag im Monat bis 22 Uhr geöffnet, Eintritt: 6,80 Euro. Der Katalog aus dem Hirmer Verlag kostet im Museum 39 Euro, im Buchhandel 49,90 Euro.


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