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03.12.11 / Was wusste Präsident Franklin D. Roosevelt? / Vor 70 Jahren griffen japanische Flugzeuge den US-Flottenstützpunkt Pearl Harbor an – Fast 2500 Menschen fanden den Tod

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-11 vom 03. Dezember 2011

Was wusste Präsident Franklin D. Roosevelt?
Vor 70 Jahren griffen japanische Flugzeuge den US-Flottenstützpunkt Pearl Harbor an – Fast 2500 Menschen fanden den Tod

Am 7. Dezember 1941, einem für die US-Amerikaner dienstfreien Sonntag, griffen trägergestützte japanische Marineflieger überraschend in zwei Wellen den US-Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Pazifischen Ozean an. Rund 2500 US-amerikanische Matrosen und Soldaten starben und 21 Kriegsschiffe wurden vernichtet oder beschädigt.

Plötzlich befanden sich die Vereinigten Staaten von Amerika im Kriegszustand mit Japan. Und weil Adolf Hitler, gereizt durch den monatelangen unerklärten Krieg US-amerikanischer Kampfschiffe im Atlantik den USA am 11. Dezember 1941 den Krieg erklärte, sahen sich die größtenteils antiinterventionistisch gestimmten US-amerikanischen Bürger plötzlich in den bereits seit Jahren andauernden Krieg in Europa und Asien verwickelt. Es bildeten sich sofort Gerüchte und später auch Verschwörungstheorien, Präsident Franklin D. Roosevelt habe die US-Pazifikflotte den Japanern bewusst geopfert, um die USA gegen den Willen ihrer Bevölkerung am Zweiten Weltkrieg zu beteiligen. Zu jenen Gerüchten trug maßgeblich bei, dass nachrichtendienstliche Stellen der USA schon lange vor Kriegsausbruch japanische diplomatische und militärische Chiffren „entschlüsseln“ und mitlesen konnten. Bekräftigt wurden solche Gerüchte, als der US-Kongress 1999 den damaligen Flottenchef Admiral Husband E. Kimmel und den Befehlshaber der Landstreitkräfte auf Hawai, General Walter Campbell Short, postum rehabilitierte, weil beiden seinerzeit wichtige Informationen vorenthalten worden seien. Diese zwei Militärs waren 1941 abgelöst und als offizielle Sündenbocke für die hohen US-Verluste benutzt worden.

Richtig daran ist, dass man seit September 1940 den wichtigsten diplomatischen Code der Japaner („Purple“) gebrochen hatte und gleichfalls seit Herbst 1940 die immer wieder wechselnden japanischen Kriegsmarinecodes in unterschiedlichem Maße entschlüsseln konnte. Doch wurden die US-Amerikaner, ähnlich wie am 11. September 2001, dabei ein Opfer des bürokratischen Aufbaus ihrer Nachrichten- und Aufklärungsdienste, wo die linke Hand in der Regel nicht weiß, was die rechte tut und alle Informationen nicht zentral gesammelt und ausgewertet werden. Zudem fassten die japanischen Militärs den Entschluss zum Angriff auf Pearl Harbor aus politischen Gründen erst relativ spät, am 5. November 1941, wobei man das Ergebnis der laufenden diplomatischen Verhandlungen mit den USA noch bis zum 25. November 1941 abwarten wollte. Der Auslauftermin der japanischen Flottenkräfte war folglich erst der 26. November 1941. Die japanischen diplomatischen Chiffremeldungen, welche die US-Amerikaner relativ gut mitlesen konnten, enthielten natürlich nichts über die militärischen Angriffsplanungen. Man konnte ihnen höchstens entnehmen, dass sich die japanisch-US-amerikanischen Beziehungen extrem zuspitzten und die Japaner sich langsam auf das Äußerste gefasst machten. Japanische Flottenbefehle konnte man Ende November/Anfang Dezember 1941 aufgrund von Codewechseln nur sporadisch mitlesen. Auch hätte dies wegen der für den japanischen Angriffsverband angeordneten und eisern durchgesetzten Funkstille kaum etwas gebracht. Zwar erhielt man eine Reihe Hinweise über das Auslaufen japanischer Flottenkräfte, doch waren diese eindeutig gegen Ziele auf der eng­lischen Kolonie Malaya, der niederländische Kolonie Borneo und die als halbautonome US-Kolonie geltenden Philippinen gerichtet. Die Beobachtungen wurden durch den Funkortungsdienst, Meldungen US-amerikanischer U-Boote, diplomatische Erkenntnisse und Agenten bestätigt. Diese japanischen Handlungen erschienen den US-Militärs nicht ungewöhnlich, wobei man nicht mitbekam, dass man einige japanische Flottenkräfte, darunter sechs Flugzeugträger, zeitweilig aus den Augen verlor. Dass es sich hierbei um einen schlagkräftigen Angriffsverband handelte, der sich den Hawaii-Inseln näherte und aus außergewöhnlich großer Entfernung schließlich Hunderte Angriffsflugzeuge startete, gehört in seinem Umfang zu dem, was man bei Geheimdiensten gewöhnlich als „Pleiten, Pech und Pannen“ zu bezeichnen pflegt. Die spärlichen Vorzeichen eines möglichen Angriffs auf Hawaii, die trotz aller japanischen Geheimhaltungsmaßnahmen den US-Amerikanern zur Kenntnis kamen, gingen infolge einer fehlenden Gesamtanalyse der politisch-militärischen Situation in den übrigen Geheimdienstinformationen unter.

Auch wenn Präsident Franklin D. Roosevelt somit vom Vorwurf freizusprechen ist, sechs US-Schlachtschiffe und das Leben von fast 2500 Soldaten der Beschleunigung des Kriegseintritts der USA geopfert zu haben, so spricht ihn der japanische Überfall auf Pearl Harbor jedoch nicht vom Vorwurf äußersten politischen Leichtsinns, ja politischen Abenteurertums frei. Genau wie heute gegenüber dem Iran gebrauchten die USA damals die Waffe des Embargos als politisches Kampfmittel. Das Land der aufgehenden Sonne wurde wegen seiner fortdauernden Expansion auf dem asiatischen Festland von den USA am 25. Juli 1941 „bestraft“, indem man alle Öllieferungen an das Inselreich einstellte und alle japanischen Guthaben einfror. Nippon, das bis dahin neun Zehntel seiner Ölimporte aus den USA bezog und dessen Außenhandel durch das Embargo fast zusammenbrach, litt ungeheuer unter dieser Erpressung. Mit nur etwas analytischem Verstand hätte Roosevelt klar sein müssen, dass sich eine Großmacht wie das aufstrebende Kaiserreich nie einer so brutalen Erpressung unterwerfen werde. Zu bewundern ist höchstens, wie geschickt der US-Präsident die gewaltigen politischen Fehler und Fehldeutungen, die im Vorfeld des 7. Dezember 1941 auf US-amerikanischer Seite angefallen waren, zu überspielen verstand. Gegen den „Kriegstreiber und heimtückischen Aggressor“ Japan stand das plötzlich patriotisch fühlende Amerika wie ein Mann auf und folgte seinem Präsidenten in den von diesem maßgeblich mitprovozierten Krieg. Jürgen W. Schmidt


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