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10.12.11 / Reines Kalkül / Türkei: Erdogan gibt Aleviten-Massaker zu

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-11 vom 10. Dezember 2011

Reines Kalkül
Türkei: Erdogan gibt Aleviten-Massaker zu

Fast täglich hatte die islamisch-konservative Partei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in letzter Zeit die Massaker der syrischen Regierung an ihrem eigenen Volk verurteilt. Jetzt hat derselbe Erdogan viele überrascht, als er in einem Fernsehduell mit dem Oppositionsführer der kemalistischen Partei CHP die Massaker an 13800 alevitischen Kurden durch die türkische Armee in der osttürkischen Stadt Dersim, die heute Tunceli heißt, zwischen 1936 und 1939 zugab und sich dafür entschuldigte. Damit brach er zwar ein türkisches Tabu, tat dies aber keineswegs uneigennützig.

Zu den Tabus türkischer Geschichte gehörte bislang auch das Massaker. Ein angeblicher Aufstand der Kurden, vermutlich vom Militär provoziert, lieferte den Vorwand für Luft- und Bodenangriffe, massenhafte Exekutionen, Vergewaltigungen und die Deportation der Überlebenden.

Die alevitischen Kurden waren im doppelten Sinne unbequem, als ethnische Minderheit, weil sie keine Türken waren, und als religiöse Minderheit, weil sie keine sunnitischen Muslime wie die Mehrheit der Türken waren, sondern zu den rund 25 Prozent liberal eingestellten Muslimen schiitischer Prägung gehörten, die sich zudem noch als Kurden der Türkisierungspolitik Kemal Atatürks widersetzten. Heute machen die Aleviten, die in ihrer überwiegenden Mehrheit Türken sind, das Gros der CHP-Wähler und der Führungsschicht dieser Partei aus, während Erdogan von den Sunniten gewählt wird.

Eine Aufarbeitung türkischer Geschichte, bei der dann auch die Völkermorde an den Armeniern oder Assyrern 1915 oder den Griechen 1955 aufs Tablett käme, ist von der taktischen Entschuldigung Erdogans nicht zu erwarten. Von dem gegenwärtigen Konflikt der Türkei mit der Kurdischen Arbeiterpartei PKK war in dem Fernsehduell keine Rede. Erdogan ging es vielmehr darum, die stärkste Oppositionspartei, die CHP, und deren Führer Kemal Kilicdaroglu vorzuführen. Kilicdaroglu stammt selbst aus Dersim, seine Familie war von den Massakern der Jahre 1937 und 1938 betroffen. B. Bost


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