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10.12.11 / Brüssel soll Grünen helfen / Widerstand gegen polnische AKW-Pläne – Ökonomisch nicht tragbar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-11 vom 10. Dezember 2011

Brüssel soll Grünen helfen
Widerstand gegen polnische AKW-Pläne – Ökonomisch nicht tragbar

Planungen polnischer Behörden sehen im nächsten Jahrzehnt den Bau mehrerer Atomkraftwerke vor. Während Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck bei einem Warschau-Besuch lediglich vorsichtige Kritik vorgebracht hat, scheinen Brandenburgs Grüne gegen die polnischen Pläne sogar ernsthaft vorgehen zu wollen. Angriffspunkte wurden in einem Rechtsgutachten zusammengetragen, das von den Grünen-Landtagsfraktionen in Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern in Auftrag gegeben wurde: Nach Meinung der Gutachterin Cornelia Ziehm weisen die polnischen Planungen „erhebliche Defizite, die überarbeitet werden müssen“, auf.

Nach Ansicht der Berliner Juristin muss infolge der Mängel das Verfahren für das Atomenergieprogramm in Polen komplett neu gestartet werden. Ob sich polnische Gerichte dieser Ansicht anschließen werden, bleibt abzuwarten. Verzögert, wenn nicht sogar zu Fall gebracht werden könnten die polnischen Pläne aber auf einem anderen Feld: bei Verstößen gegen EU-Recht, die es bei den Planungen scheinbar massiv gegeben hat. Wie bereits in der Vergangenheit – etwa bei EU-Fördergeldern, die von Brüssel für den Schienenverkehr genehmigt, von Warschau aber beinahe in den Bau von Autobahnen umgeleitet worden wären – scheint auch im Fall des Atomprogramms EU-Recht von den polnischen Behörden eher nach Gutdünken interpretiert worden zu sein: Vorgeschrieben sind grenzüberschreitende Konsultationen, bei denen Anrainer Bedenken geltend machen können. Die Frist für derartige Konsultationen der Nachbarländer würde Ende 2012 ablaufen.

Tatsächlich ist die Entscheidungsfindung der polnischen Behörden jedoch im Wesentlichen bereits abgeschlossen. Eine Steilvorlage, das gesamte Projekt mit Hilfe des EU-Wettbewerbsrechts zu Fall zu bringen, ist die Einräumung eines Marktmonopols für den Investor, dem nach bisherigen Planungen ein Monopol auf dem Strommarkt eingeräumt werden soll.

Inwieweit das geplante Atomprogramm ohne Monopolstellung für einen Investor wirtschaftlich überhaupt noch Sinn hat, ist fraglich. Die Mehrzahl der geplanten Reaktoren wird zu einer Zeit in Betrieb gehen, in der mit deutlich anziehenden Uranpreisen zu rechnen ist. Schätzungen zur sogenannten strategischen Reichweite bei Uran gehen davon aus, dass bei der heutigen Förderung bereits ab 2040 die Vorräte weltweit verbraucht sein werden. Allein China, dessen Aufkäufer im Rahmen einer langfristigen Einkaufsplanung derzeit die Weltmärkte abgrasen, will bis 2030 insgesamt 60 atomare Energieanlagen in Betrieb haben.

Ob es in so einer Situation noch sinnvoll ist, als Land mit eigenen reichen Kohlevorkommen ein Atomprogramm komplett neu aus dem Boden zu stampfen, sei dahingestellt. Auch im Hinblick auf Stromexporte für den deutschen Markt wird das polnische Vorhaben zu spät kommen. Die russische Atomholding Rosatom wird bereits im Jahr 2015 im Gebiet um Königsberg ein Atomkraftwerk mit einer Leistung von 2300 Megawatt in Betrieb nehmen. Für Königsberg allein ist die Anlage überdimensioniert und scheint von vornherein auf Stromexporte nach Polen, Litauen und Deutschland ausgelegt zu sein. N. Hanert


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