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10.12.11 / Gefährlicher Metallklau / Die Bahn im Visier von Dieben – Großer materieller Schaden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-11 vom 10. Dezember 2011

Gefährlicher Metallklau
Die Bahn im Visier von Dieben – Großer materieller Schaden

Bahnreisende auf dem Weg von Hannover nach Hamburg bemerken, dass ihr ICE nicht so recht Tempo aufnimmt. Den Grund dafür erfahren sie aus dem Lautsprecher: „Infolge eines Kupferdiebstahls an den Signalanlagen wird unser Zug umgeleitet.“

Was einst vergleichsweise harmlos mit entwendeten Einkaufswagen, gefolgt von Gullydeckeln begann, nimmt ungeahnte Ausmaße an. Am ärgsten betroffen vom Buntmetallraub erscheint dabei die Bahn. Mit demontierten Metallteilen erzielen skrupellose Diebe ansehnliche Gewinne. Da werden rasch 70 Meter Kupferkabel von der Trommel abgewickelt und, zu handlichen Teilen verkürzt, abtransportiert. Das bringt locker 700 Euro in die Kasse der Delinquenten. Bei ihren Raubzügen haben sie es neben Kabelrollen auf Oberleitungen, Weichen- und Telekommunikationskabel, ja sogar Schienenstränge, abgesehen. In der Regel stehen gut organisierte, eingespielte Banden dahinter, die eine adäquate Logistik aufbieten können, falls erforderlich auch schwere Gerätschaft ins Feld führen. Hier haben es Osteuropäer zu trauriger Berühmtheit gebracht. Stetig steigende „Nachfrage“ lässt unausweichlich den Schluss gesteuerten Auftragsklaus zu. Bevorzugt ins Visier genommen werden die relativ gering frequentierten Strecken in den neuen Bundesländern, mit dem Vorteil kürzerer Transportwege Richtung Osten. Aber auch der öffentliche Nahverkehr ist von den dreisten Machenschaften nicht gefeit.

Neben der Gefährdung von Menschenleben sieht sich die Bahn mit immens hohen Kosten konfrontiert. So wurden 2010 insgesamt 350 Tonnen Kupfer, 675 Tonnen Stahl und 1200 Tonnen andere Metalle entwendet. Dabei liegt der von den Tätern erzielte Gegenwert unter den Kosten, die dem Unternehmen an materiellem Schaden entsteht, den die Bahn mit zehn Millionen Euro beziffert. Zusätzlich schlagen anfallende Reparaturkosten zu Buche. In dieser Kalkulation sind weitere Folgekosten, hervorgerufen durch Verspätungen, noch nicht einmal berücksichtigt.

Die Bahn versucht dieser Bedrohung mit neuen Techniken zu begegnen. Wo immer gestohlene Kabel auftauchen, kann dessen Weg nun leicht zurückverfolgt werden. Dank eines neuen Verfahrens werden Schienen und Stromkabel markiert. Diese Codierung ist präparierten Banknoten vergleichbar, deren Zahlencode nur unter speziellem Licht sichtbar wird. Durch den Einsatz künstlicher DNA, die sich auf Haut und Kleidung sowie Werkzeuge der Täter überträgt, können diese leichter überführt werden. Die ausgefeilte Technologie wird schwerpunktmäßig auf den vielfach heimgesuchten Strecken eingesetzt, so zwischen der Bundeshauptstadt und Hamburg.

Aber es sind nicht allein die höheren Margen, die man mit Kupfer erzielt. Der Diebstahl dieses Metalls ist mit den geringsten Hürden verbunden: Mit den Augen der Diebe betrachtet, liegen Rohre und Dachrinnen, relativ leicht zugänglich sowie hin und wieder nur unzulänglich gesichert, auf Baustellen an der Straße zur nächtlichen Abholung bereit. Einige Täter schrecken in ihrer Rücksichtslosigkeit nicht einmal mehr vor Grabschändung zurück: Auf dem weltgrößten Parkfriedhof Hamburg-Ohlsdorf holten sie eine 600 Kilogramm schwere Bronzestatue vom Sockel. Michael Johnschwager


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