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10.12.11 / Am Anfang stand ein Bischof / Sinterklaas, Santa Claus, Weihnachtsmann: Die Verwandlung des Heiligen Nikolaus von Myra

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-11 vom 10. Dezember 2011

Am Anfang stand ein Bischof
Sinterklaas, Santa Claus, Weihnachtsmann: Die Verwandlung des Heiligen Nikolaus von Myra

Von drauß’ vom Walde komm ich her; / Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!“ So beginnt das berühmte Gedicht von Theodor Storm, in dem sich Knecht Ruprecht und das Christkind unterhalten. Weihnachten hat eine lange Tradition und viele Gesichter. Heute begegnet einem vor allem der dickbauchige Rotmantel mit weißem Rauschebart, es gibt aber auch den Bischof mit goldenem Hirtenstab.

Bischof Nikolaus von Myra, gestorben um 350, darf wohl als Vorbild des heutigen „Weih­nachtsmannes“ gelten. Seine Gestalt unterlag im Laufe der Zeit Veränderungen; im 12. Jahrhundert ist er als Bischof mit Stab in der Buchmalerei nachzuweisen, teilweise in griechischer Pontifikaltracht. Ab dem 13. Jahrhundert kleiden ihn in den meisten Legenden Stab, langer Mantel und Mitra. Eine Legendenbildung zeigt Nikolaus als Wundertäter, der drei tote Schüler wieder zum Leben erweckt. In den bekanntesten werden ihm drei goldene Kugeln, Goldbarren oder auch Äpfel zugewiesen, die er drei armen, oft schlafenden Mädchen zuwirft. Im 15. Jahrhundert wurde dieses Bild aufgegriffen und Kinder am 6. Dezember beschenkt.

Durch die Reformation und deren Ablehnung der Heiligenverehrung durfte dieser Heiligentag nicht mehr als solcher begangen werden. So ersann der Reformator Martin Luther, um den Brauch der Beschenkung zu wahren, das „Christkind“, das zu Weihnachten in der Nacht zum 25. Dezember die Kinder beschenkt.

Zurzeit der Gegenreformation, in der sich die katholische Kirche gegen die von Luther ausgehende Reformation stellte, wurde am Nikolaustag festgehalten. Um Nikolaus ins Bewusstsein zu bringen, wurde aus dem Schenken am Nikolaustag ein Zeremoniell. Nun schenkte er den Kindern nicht heimlich etwas, sondern ging in die Familien und fragte, ob gebetet worden sei und ob man sich gut betragen habe. Waren es gute Kinder, so bekamen sie ein Geschenk aus einem großen Sack, der vom in Ketten gelegten Begleiter des Nikolaus getragen wurde.

Dieser Begleiter symbolisierte das Böse, das dem Guten dienen muss. Er hat unterschiedliche Namen, so „Knecht Ruprecht“, „Krampus“, Schmutzli“ oder „Hans Muss“. Dieser Gesell trägt neben der Kette auch eine Rute zum Bestrafen, die oft als erzieherische Maßnahme missbraucht wurde. In manchen Regionen ist ihm ein Holzverschlag auf den Rücken geschnallt. Familiengeschichten erzählen, dass manch „ungezogener Bengel“ in dieser Truhe in den Wald verbracht wurde und von dort allein wieder nach Hause musste. Heutzutage wäre so eine Bestrafung in unseren Breiten nicht mehr vorstellbar.

Im 18. Jahrhundert wurde aus dem Heiligen Nikolaus und dem bösen Knecht Ruprecht eine Person. So fragt Storms Christkind seinen Knecht, ob er sowohl das Säcklein als auch die Rute bei sich führe.

Noch bis ins 19. Jahrhundert wurden die Geschenke in katholischen Haushalten am 6. Dezember, und zwar vom Heiligen Nikolaus, überbracht. Erst danach setzte sich Weihnachten als Gabenzeit überkonfessionell durch. So wie bei den Katholiken nun auch das Christkind zu Weihnachten kam, erfreuten sich die Menschen in protestantischen Familien der Weihnachtskrippe. In Holland jedoch hielt man eisern an dem Heiligen und am Nikolaustag fest, an dem er als Schutzpatron der Seefahrer verehrt wird. Die Kinder werden in der Nacht zum 6. Dezember beschenkt und nicht am 24. oder 25.

In den Niederlanden heißt der Nikolaus Sinterklaas. Der Überlieferung nach reitet er am 5. De­zember auf einem Schimmel über die Dächer und bringt mit seinem Helfer Zwarte Piet durch den Schornstein den Kindern Geschenke. Aus diesem wurde auf der Nordseeinsel Borkum Klaasohm (Onkel Klaus), der die Geschenke ebenfalls vom 5. auf den 6. Dezember bringt. Noch heute wird jährlich am 5. Dezember ein „Heiden“-Spektakel veranstaltet, da in der Figur des Klaas­ohm nicht nur der Heilige Nikolaus von Myra enthalten ist, sondern auch der Prototyp Seemann, der nach langer Fahrt wieder nach Hause kommt und seine Stellung deutlich macht. Kinder bekommen „Sückergood“ (Honigkuchen) und junge Frauen trifft er „auf den Teil, den rechten“, und zwar mit einem Kuhhorn.

Holländer, die nach Amerika auswanderten, nahmen die niederländische Tradition des Sinterklaas mit und bald wurde aus ihm Santa Claus, ein gutmütiger Alter, der Kinder zu Weih­nachten beschenkt. Eine ähnliche Figur, nur ohne Heiligenbezug, gab es auch hierzulande: Das war „Herr Winter“. Viel weiter östlich kennt man „Väterchen Frost“. Er brachte neben den Geschenken auch einen Tannen- oder eben Weihnachtsbaum.

Die 1892 gegründete Firma Coca-Cola erhielt ihren Namen aus den Zutaten Kokablatt (englisch coca leaves) und Kolanuss (englisch cola nut). 1931 erschien eine Werbung mit dem Weih-nachtsmann. Cola ist im Italienischen eine Kurzform von Nikolaus und pass­te so gut zum Firmennamen. Die sympathischen Züge des niederländischen Nikolaus waren gute Werbeakzente und so wurde der dicke Mann in die Firmenfarben Rot und Weiß gesteckt und zum „Weihnachtsmann“, wie wir ihn heute kennen. Noch immer bringt er Kindern zu Weihnachten die Geschenke, wobei er mancherorts vom Christkind, das mittlerweile katholisch geworden ist, unterstützt wird.

In der letzten Strophe des Stormschen Gedichtes heißt es: „Nun sprecht, wie ich’s hier drinnen find! Sind’s gute Kind, sind‘s böse Kind?“ Diese Frage muss sich wohl jedes Kind selbst stellen, ob nun Väterchen Frost oder Sankt Nikolaus entgegengefiebert wird. Christiane Rinser-Schrut


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