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10.12.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-11 vom 10. Dezember 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Im Galopp / Wie die »Piraten« alle anderen überholen, wie sie Marx wiederbeleben, und wie uns Helmut Schmidt von der Euro-Krise befreit hat

Parteien benötigen vor allen Dingen ein „eindeutiges Profil“, um sich von den anderen abzuheben, behaupten Meinungsforscher. Die haben gut reden. Wie soll die SPD „Profil“ gewinnen gegenüber einer Union, die ebenfalls für Frauenquote oder Mindestlohn ist, nur eben ein bisschen anders? Wie sollen sich die Grünen gegenüber Schwarzen abgrenzen, die rasanter aus der Kernkraft aussteigen wollen, als Rot-Grün zur eigenen Regierungszeit?

Auf geheimnisvolle Weise scheinen alle inhaltlichen Fragen geklärt zu sein. Alle wollen irgendwie das Gleiche. Da gibt es nur noch zwei Wege, um an das begehrte „Profil“ zu gelangen: Man fordert von allem, was alle fordern, immer noch ein bisschen mehr und legt sich als Sahnehäubchen einen unverwechselbaren „Stil“ zu.

Die „Piraten“ haben beide Aufgaben virtuos gelöst und bringen uns daher schier um den Verstand vor Begeisterung. Fangen wir mit dem Stil an: Die Piraten sind die „Partei der Internet-Generation“, was schon an sich unüberholbar modern ist. Auf ihrem ersten großen Parteitag ging es zu wie bei den damals modernen Grünen in den 80ern, nur ohne das seinerzeitige Geschrei und das alberne Gefuchtel mit Transparenten.

Und inhaltlich? Mit dem „bedingungslosen Grundeinkommen“ zischen die Neulinge an allen Mindestlohn-Anhängern im Galopp vorbei. Bis zu 1500 Euro monatlich (so lautete die radikalste Forderung) soll jeder bekommen, egal, ob er bedürftig ist oder nicht. Wir hatten an dieser Stelle schon einen Ausblick darauf gewagt, welch magnetischen Eindruck dieses sagenhafte Angebot wohl auf den weniger begüterten Teil der Menschheit außerhalb Deutschlands machen dürfte.

Doch: Würden dann nicht Millionen von Leuten die Arbeit einfach hinschmeißen? Mitnichten, prophezeien die Piraten: Aller Existenzangst entledigt würden sich die Menschen nur umso freudiger ans Werk machen.

Kommt uns das nicht bekannt vor? Ja sicher, Karl Marx hatte ähnliches im Sinn, als er an seine kommunistische Endgesellschaft dachte, in der alle nur noch das machen, wonach ihnen der Sinn steht. 150 Jahre und hundert Millionen Leichen später war seine Idee vorübergehend aus der Mode gekommen. Schön, dass wir sie wieder haben, noch dazu in so jugendfrischem, „unkonventionellem“ Gewande.

Und wer sich nur noch langweilt in so einer Gesellschaft, weil er ohne ein wenig Druck den Hintern nicht hochkriegt? Der kann sich im Piratenland beim Höker um die Ecke sein Heroin holen, um sich die quälende Langeweile wegzudröhnen. Denn Drogen sollen entkriminalisiert werden, wenn es nach den Piraten geht.

Bleibt nur die ödeste aller Fragen: Wer soll das bezahlen? 1500 Euro für jeden mal zwölf Monate macht 18000 Euro im Jahr, bei rund 67 Millionen Erwachsenen im Lande kämen wir also auf etwa 1,2 Billionen Euro jährliche Grundlohnkosten. Das ist knapp die Hälfte der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung.

Um diese Summe einzutreiben, wird es kaum reichen, das per Arbeit erwirtschaftete Einkommen komplett wegzusteuern, womit wir dann alle einen Einheitslohn bekämen, ob wir nun den ganzen Tag schuften oder als Stammgast beim Heroinhöker abhängen. Man müsste wohl auch ans Vermögen der Leute gehen, bis es gänzlich alle ist. Das bleibt das Tolle am Sozialismus, dass er so berechenbar ist. Egal wie und mit welcher phantastischen neuen Begründung er angefangen wird, enden tut er immer gleich: in der totalen Pleite.

Vor dem Parteitag wurde bemängelt, dass die Piraten keine Meinung zur Euro-Krise hätten. Damit haben die Neupolitiker aufgeräumt. In ihrem Beschluss kritisieren sie sogar mutig die Demokratiedefizite im zusammenwachsenden Europa: „Wir kritisieren allerdings den Verlust von Demokratie im Zuge der europäischen Einigung, darunter auch die demokratischen Defizite bei der Entstehung des Europäischen Stabilitäts-Mechanismus (ESM).“ Europa ist nicht gerade demokratisch – darüber zeigen sich sogar Spitzenpolitiker gelegentlich besorgt und versprechen, dass sie da irgendwann was machen werden. (Und es ist ja auch schon einiges passiert, wie beispielsweise ... äh ... ach, wir müssen einfach mehr Vertrauen haben!) Die Piraten jedenfalls mögen das nicht, dass Europa so wenig demokratisch ist, und wollen stattdessen, so wörtlich in ihrer Erklärung, „ein Europa der Bürger und Regionen“. Wunderbar! Endlich junge Leute, die mutig Position beziehen. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hätte es kaum aufregender formulieren können. „Europa der Bürger und Regionen“ – das birgt Sprengstoff!

Was Helmut Schmidt wohl dazu sagen würde? Das qualmende Orakel der SPD kann das gefährliche Gefasel von einer angeblichen Euro-Krise nicht mehr hören: „Alles Gerede und Geschreibe über eine angebliche Krise des Euro ist leichtfertiges Geschwätz von Medien, von Journalisten und von Politikern.“ Na, da sind wir aber beruhigt. War also alles nur Einbildung? Muss wohl so sein, wenn der das sagt. Und dennoch sei die Lage gefährlich, warnt Schmidt, weil Unions- und FDP-Politiker „schädliche deutschnationale Kraftmeierei“ betreiben, indem sie von anderen Euro-Ländern dreist verlangen, sie sollten sich an geschlossene „Verträge“ halten.

Wirklich unfassbar: Wie soll jemals ein friedliches, geordnetes Miteinander zwischen den Staaten gedeihen, wenn wir unseren Partnern ständig das Vertragsgeschmiere von gestern unter die Nase reiben? Schmidt weiß, wie Europas Zukunft auszusehen hat, und gibt den Deutschen einen guten Rat, der wie ein Befehl klingt: Zahlen und Schnauze halten, denn, so der Altkanzler, eine „gemeinsame Verschuldung“ der EU-Mitglieder sei „unvermeidlich, um die Krise dauerhaft zu überwinden“. Deutschland dürfe sich dem nicht aus „national-egoistischen Gründen“ versagen. Gemeinsame Verschuldung! Eine herrliche Aussicht: Unsere Griechen würden eines Tages aufwachen und feststellen, dass alles nur ein böser Traum war. Dass ihr Land gar nicht pleite ist, sondern jeden Kredit bekommt, den man aus der deutschen Zahlungsfähigkeit herausquetschen kann. Die Party könnte sofort wieder losgehen, und wie wir die fröhlichen Hellenen kennen, würde sie das auch.

Dazu muss allerdings viel Geld hereingeholt werden. Dafür will SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles so bald wie möglich die Eintreiber von der Leine lassen. Die Steuern für die „mit den starken Schultern“ müssten dringend erhöht werden, damit der Staat seine solidarischen Aufgaben erfüllen und der Haushalt saniert werden kann.

Das mit der Haushaltssanierung wollen wir mal nicht so ernst nehmen. Wir wissen, wie unsere Politiker das meinen. Sie reden seit 40 Jahren davon, passiert ist stets das Gegenteil.

Dass indes der Staat mehr Geld benötige, um seine Aufgaben zu erledigen, das kann niemand bestreiten. So soll Griechenland mit einem gewaltigen Investitionsprogramm wieder in Schwung gebracht werden. Beispielsweise könnte man bei der Infrastruktur eine Menge verbessern, neue Straßen bauen und so. In Deutschland die Investitionen in die Straßen entsprechend zurück­zufahren, um so die Mittel für Hellas freizubekommen, wird allerdings nicht reichen. Wie der Zustand unserer Verkehrsadern belegt, fließt da eh kaum noch ein Cent hin. Einfach weiter Schulden zu machen, um die Südländer zu stützen, geht auch nicht mehr so einfach. Wir haben einfach schon zu viel davon.

Ergo bleibt nur, die „starkschultrigen“ Deutschen mächtig zur Kasse zu bitten. Und wenn die EZB zudem noch massig Geld druckt, leisten auch die schwachschultrigen Deutschen ihren Beitrag, indem ihre Einkommen und Sparkonten entwertet werden. Wer dagegen protestiert, der bekommt es mit Helmut Schmidt zu tun: „National-Egoist! Schnauze!“


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