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17.12.11 / Wackliger Sieg / Halbautomatische Strafverfahren für Schuldensünder durchgesetzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-11 vom 17. Dezember 2011

Wackliger Sieg
Halbautomatische Strafverfahren für Schuldensünder durchgesetzt

Vorerst sieht es so aus, als hätte die Kanzlerin die Regierungschefs der anderen Euro-Länder von einer Schuldenbremse überzeugen können.

Ungewollt zollte selbst die rot-grüne Opposition der Kanzlerin ihren Respekt für den Verhandlungserfolg beim jüngsten Euro-Gipfel: Die beckmesserische Kritik von Sigmar Gabriel bis Jürgen Trittin drückte pure Hilflosigkeit aus.

Vor allem der Kern ihrer Attacke kann nicht überzeugen: Angela Merkel habe die Krise verschärft, indem sie viel zu lange mit den dringend notwendigen Hilfen für die wankenden Schuldenstaaten gezögert habe. Die Wahrheit liegt eher im Gegenteil: Erst als Rating-Agenturen und Anleger ihnen die glühenden Eisen (Herabstufung der Bonität, Forderung nach immer höheren Zinsen) gezeigt hatten, fanden sich die Regierungen bereit, sich Stabilitätsforderungen zu beugen, ohne welche alle weiteren Hilfsmilliarden nur versickerten.

Bei aller Anerkennung für das unbestreitbare Verhandlungsgeschick der Kanzlerin blieben die Reaktionen aus der Fachwelt jedoch verhalten. Hat Berlin womöglich abermals nur feste Versprechen gemacht, für die Deutschland im Gegenzug nur vage Zusagen erhielt?

Der Handel von Brüssel lautet: Die Krisenländer verpflichten sich, nationale Schuldenbremsen einzuführen und sich einer Haushaltsaufsicht samt „automatischer“ Strafen im Falle der Verfehlung auszusetzen. Hier beginnt das Problem: Der angebliche „Automatismus“ funktioniert bestenfalls halbautomatisch. Mit einer „qualifizierten“ Mehrheit können Strafverfahren gegen Schuldensünder noch immer auf europäischer Ebene gestoppt werden. Doch am Beispiel der Europäischen Zentralbank zeigt sich längst, wer die Mehrheit in der Euro-Zone hat – und beherzt ausübt: die ehemaligen Weich- währungsländer mit der lockeren Disziplin.

Im Gegenzug zu dem halbautomatischen Strafmechanismus verpflichtet der Brüsseler Kompromiss die Deutschen zu weiteren großen Schritten in Richtung Transferunion, welche die deutschen Steuerzahler noch teuer zu stehen kommen werden. Ein zweischneidiges Schwert ist für Deutschland die selbst verschuldete Isolation Großbritanniens. Positiv wird allgemein bewertet, dass der britischen Rosinenpickerei in der EU endlich eine Absage erteilt wurde. Ebenso, dass Londons Premier David Cameron eine glatte Bauchlandung hinlegte bei dem Versuch, nach alter englischer Tradition einen Keil in den Kontinent zu treiben.

Andererseits fehlt demnächst mit den Briten eine Stimme, die wie Deutschland dem freien Handel und Gewerbe den Vorzug gibt vor staatlichem Wirtschafts-Dirigismus, wie ihn Frankreich bevorzugt. Europa wird ohne England ein Stück mediterraner. Für die USA wird Deutschland als Partner indes interessanter, nachdem sich mit England ihr bisheriger Brückenkopf in Europa selbst ausgebootet hat. Hans Heckel


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