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17.12.11 / China: Athen ist überall / Statt Griechenland zu helfen, sollte Peking seine Provinzen retten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-11 vom 17. Dezember 2011

China: Athen ist überall
Statt Griechenland zu helfen, sollte Peking seine Provinzen retten

Was bereits seit einigen Jahren befürchtet wurde, scheint Realität zu werden. Auf Chinas Immobilienmarkt beginnen auf breiter Front die Preise zu fallen: Wie Chinas staatliches Statistik-Büro im November mitteilte, wurden im Oktober bereits aus 34 von 70 wichtigen Städten Chinas fallende Immobilienpreise gemeldet, darunter auch die vier bisher als „erstklassig“ geltenden Standorte Peking, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen.

Welche soziale Sprengkraft in den fallenden Immobilienpreisen steckt, bekam bereits ein Immobilienunternehmen in Shanghai zu spüren. Nachdem Preisnachlässe von zehn Prozent für Neukunden bekannt wurden, stürmten aufgebrachte Käufer, denen in der Vergangenheit zu höheren Preisen Wohnungen vermittelt worden waren, die Verkaufsräume des Unternehmens. Verständlich wird die Reaktion der Käufer angesichts der Praxis, Anzahlungen, die über die Familien oder über Kredithaie zusammengebracht werden, von bis zu 50 Prozent zu leisten.

Die Auswirkungen des Preisverfalls sind aber tiefgreifender: Nach Schätzungen hatten Immobilien- und Infrastrukturprojekte in den letzten Jahren einen direkten und indirekten Anteil von bis 50 Prozent am chinesischen Bruttosozialprodukt (BSP). Auch wenn einige westliche Beobachter das Wirtschaftsmodell Pekings als Beispiel für die Zukunft hochgejubelt haben, war klar, dass eine derartige Fehllenkung von Kapital nicht langfristig aufrechterhalten werden kann. Vorausgesehen hat das der an der „New York University“ lehrende Nouriel Roubini: „Das Problem ist natürlich, dass kein Land so produktiv sein kann, dass es 50 Prozent vom BIP in neues Grundkapital investieren kann, ohne es irgendwann mit enormen Überkapazitäten und einem erschütternden Problem mit faulen Krediten zu tun zu bekommen.“

Die errichteten Überkapazitäten waren in den letzten Jahren allerdings das Rezept des vermeintlichen chinesischen Wirtschaftswunders. Die Resultate sind mittlerweile über ganz China verteilt zu sehen: Geisterstädte mit 65 Millionen leerstehenden Wohnungen, Dutzende hochmoderne Flughäfen, die von keinem Flieger angeflogen werden, Autobahnen, die ins Nichts führen und nagelneuen Fabriken, die nicht in Betrieb genommen werden, damit durch Überproduktion kein Preisverfall ausgelöst wird.

Weniger offensichtlich ist, wer außer den privaten Immobilienkäufern und Projektentwicklern vom Platzen der Investitionsblase betroffen sein wird. Neben den chinesischen Banken dürften vor allem die unzähligen Zweckgesellschaften der Provinzregierungen in den nächsten Jahren für manche Überraschung sorgen. Schätzungen über die Schulden, die von den 22 Provinzen und diversen Kommunen aufgetürmt wurden, reichen von 822 Milliarden bis zu 1,6 Billionen Dollar. Eine Entwicklung, die den renommierten Wirtschaftsprofessor Lang Xianping bereits im September dazu gebracht hat, die Versuche der chinesische Regierung, sich international als Retter zu profilieren, heftig zu kritisieren: „Unsere Regierung redet noch davon, Griechenland zu helfen – jede Provinz von China ist ein Griechenland.“ N.H.


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