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17.12.11 / Ein Brite unter Wilhelms II. Enkeln / Kronprinz Wilhelms Sohn Friedrich kehrte während der NS-Zeit der Heimat den Rücken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-11 vom 17. Dezember 2011

Ein Brite unter Wilhelms II. Enkeln
Kronprinz Wilhelms Sohn Friedrich kehrte während der NS-Zeit der Heimat den Rücken

Viele Hohenzollern sind in Deutschland geboren, viele in Deutschland gestorben und beigesetzt. Doch die wenigsten haben einen Krieg ihres Landes im Feindesland erlebt. Der wohl be­kann­teste unter ihnen ist Fried­rich Prinz von Preußen, Enkel des letzten Deutschen Kaisers und Königs von Preußen sowie Großonkel des aktuellen Chefs des Hauses Hohenzollern.

Nach seinen Brüdern Wilhelm, Louis Ferdinand und Hubertus kam Friedrich Prinz von Preußen als viertes der insgesamt sechs Kinder des letzten deutschen und preußischen Kronprinzen Wilhelm und dessen Ehefrau Cecilie im Kronprinzenpalais zu Berlin zur Welt. Seine ersten Lebensjahre verbrachte er in Danzig-Langfuhr, wo der Kronprinz bis 1913 Kommandant des 1. Leibhusarenregiments war. Wie seine Brüder studierte er nach dem 1931 in Potsdam abgelegten Abitur Jura und Volkswirtschaft. 1932/33 hielt er sich zu volkswirtschaftlichen Studien in Bremen auf. 1936 legte er sein erstes juristisches Staatsexamen an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität ab.

1937 zog er aus dem elterlichen Cecilienhof bei Potsdam aus und zog nach England. Dort arbeitete er unter dem Namen Mansfield für eine Londoner Bank. Nahe dem Dorfe Albury in Hertshire kaufte er sich ein kleines Landgut.

Nach der britischen Kriegserklärung an Deutschland vom 3. September 1939 lebte der Deutsche vorerst mit seiner britischen Identität weiter. Dass er nicht zu den „Home Forces“ eingezogen wurde, erregte jedoch Verdacht und sein Inkognito flog auf. Der Deutsche wurde interniert und nach Kanada deportiert. Da kamen ihm jedoch seine verwandtschaftlichen Bande mit dem britischen Herrscherhaus zugute. Er gewann eine Fürsprecherin in der Königinmutter und vormaligen Königin Mary. Die Tochter von Herzog Franz von Teck und Ururenkelin des 14. Herzogs von Württemberg war deutscher Abstammung. Ihr 1936 verstorbener Mann, König Georg V. Patenonkel des Preußenprinzen. Dank ihrer Fürsprache durfte Friedrich bereits während des Krieges 1941 nach England zurückkehren. Statt in einer Bank arbeitete er nun auf einem Bauernhof.

Nach dem Ende des Krieges heiratete der Prinz reich. Am 30. Juli 1945 ehelichte er im Dorf Little Hadham bei Albury Lady Brigid Guiness, deren Vater, dem 2. Earl of Iveagh, die Guiness-Brauerei gehörte. Er nahm die britische Staatsangehörigkeit an und arbeitete auf seinem bei Albury gelegenen Gut Patmore Hall. Als britischer Staatsbürger, der er nun war, stellte er einen Antrag auf Entschädigung für seine Besitzungen in Schlesien bei dem Entschädigungsfonds, den die britische Regierung für den durch die Polen enteigneten Besitz englischer Bürger eingerichtet hatte. Statt der geforderten 7,5 Millionen D-Mark erhielt er jedoch nur 6500 Pfund, was ungefähr 720000 D-Mark entsprach.

Wie sein Bruder Hubertus versuchte auch Friedrich 1950 sein Glück in dem ehemaligen deutschen Schutzgebiet Südwestafrika, wo das Haus Hohenzollern mehrere Krongüter besessen hatte. Friedrich kaufte die Farmen „Dickdorn“ und „Kosis“ bei Mariental zurück. Sein Bruder starb jedoch bereits am 8. April 1950 in Windhoek und Friedrich kehrte nach Patmore Hall zurück.

Ab 1951 trug Friedrich wieder den Namen Prinz von Preußen, 1953 erhielt er auch die Staatsangehörigkeit zurück, zusätzlich zur britischen. In seiner Wahlheimat betätigte er sich nun als Hotelier. So übernahm er die Leitung einiger renommierter Hotels, darunter auch ein deutsches, das Schlosshotel Reinhartshausen. Das von Clemens August von Westphalen im hessischen Rheingau, am westlichen Ortsrand von Erbach in seiner heutigen Form erbaute Schloss hatte Prinzessin Marianne von Preußen, eine Enkelin König Friedrich Wilhelm II. sowie Schwiegertochter König Friedrich Wilhelm III und seiner Frau Königin Louise, 1855 erworben, nachdem sie sich von ihrem Ehemann, Prinz Albrecht von Preußen, am 28. März 1849 als Folge eines Seitensprunges getrennt hatte. Das Schloss blieb in Familienbesitz und 1947 hatte Prinz Hubertus die Bewirtschaftung des Schlosses und des dazugehörigen Weingutes übernommen. Nach Hubertus’ Tod ist dann Friedrich in die Fussstapfen seines älteren Bruders getreten. In dieser Eigenschaft bewirtete er 1965 seine Nichte Anastasia von Preußen, das älteste Kind seines Bruders Hubertus und dessen zweiter Ehefrau Magdalene Pauline Prinzessin Reuß, als diese 1965 Alois Konstantin Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg heiratete. Er ist der letzte adelige Alleinherr. Seine Söhne führten es nämlich in Erbengemeinschaft als Administration des Prinzen Fried­rich von Preußen weiter, bis es 1987 von dem Bürgerlichen Willi Leibbrand übernommen wurde.

Unweit des Schlosses Reinhartshausen fand Friedrich den Tod. Am späten Abend des 19. April 1966 erhielt der Schlossherr einen Anruf von Prinzessin Charlotte von Croy. Der Inhalt des Gespräches mit der Ehefrau des Chefs des Hauses Hohenlohe-Langenburg, Kraft Prinz zu Hohenlohe-Langenburg, ist den Behörden bekannt, bietet jedoch keine Erklärung für das, was dann geschah. Kurz vor Mitternacht verließ Friedrich mit der Begründung, frische Luft schnappen zu wollen, das Schloss. Das war das letzte Mal, dass er lebend gesehen wurde. Etliche Tage später wurde seine Leiche gefunden. Am 1. Mai wurde sie bei Bingen aus dem Rhein geborgen. Die Kriminalinspektion Wiesbaden schloss nach dem Obduktionsbefund ein Verbrechen aus und kam zu dem Schluss, dass ein Unglück dem Prinzen zum Verhängnis geworden sein muss oder er aber den Freitod gewählt hat.

Ein mögliches Motiv könnte seine gescheiterte Ehe sein. Nachdem die Scheidung wegen der 1946, 1947, 1952, 1953 und 1955 geborenen Kinder Friedrich Nikolaus, Andreas, Victoria, Antonia und Rupert immer wieder hinausgezögert worden war, sollte sie Anfang Mai nun endlich vor dem Landgericht Frankfurt verhandelt werden. Hierzu war Friedrich am 18. April aus dem Vereinigten Königreich angereist. Nur Stunden vor seinem rätselhaften Verschwinden am darauffolgenden Tag hatte er sich bei der Frankfurter Polizei mit einem zweiten Wohnsitz in das Melderegister eintragen lassen. Die Situation hat ihn möglicherweise überfordert. Nach Informationen aus der Familie Hohenzollern war der Prinz schon seit geraumer Zeit wegen seiner seit Jahren geplanten und nun unmittelbar bevorstehenden Scheidung völlig verwirrt.

Im Land seiner Geburt und seines Ablebens fand der Deutsch­engländer auch seine letzte Ruhestätte. Seine sterblichen Überreste liegen in der St.-Michaels-Bastei auf der Burg Hohenzollern, wo auch seine Brüder mit Ausnahme des ältesten beigesetzt sind. Manuel Ruoff


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