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17.12.11 / Gutsalltag im östlichen Ostpreußen / Landesmuseum zeigt Ausstellung über die Güter Samonienen und Tollmingkehmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-11 vom 17. Dezember 2011

Gutsalltag im östlichen Ostpreußen
Landesmuseum zeigt Ausstellung über die Güter Samonienen und Tollmingkehmen

Bei der feierlichen Eröffnung der Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum „Samonienen und Tollmingkehmen – Gutsalltag im östlichen Ostpreußen“ bekamen fast 100 Teilnehmer Erstaunliches zu hören und mit exklusiven Exponaten Hervorragendes zu sehen.

Museumsdirektor Joachim Mähnert dankte dem Sponsor Dr. Erika Dorff, dem Vorsitzenden des Freundes-Vereins des Ostpreußischen Landesmuseums, allen Helfern und Unterstützern der Ausstellung, besonders dem Kurator, Christoph Hinkelmann, für Konzeption und Gestaltung, sowie Dr. Wolfgang Rothe und seiner Familie für zahlreiche und vielseitige Exponate aus Familienbesitz und das umfangreiche Engagement bei der Beschaffung aus vielen weiteren Quellen sowie bei der Darstellung und Kennzeichnung. Es sei eine exemplarische Ausstellung über die beiden Güter und über das Gestüt hinaus sei die Landwirtschaft auf allen Gütern Ostpreußens thematisiert worden.

Dr. Rothe legte in seiner Einführung Wert auf die Verbundenheit von Besitzern und Belegschaften trotz der großen sozialen Unterschiede. Er verdeutlichte die gegenseitige Abhängigkeit am Beispiel der Erntekrone, die am Ende der Ernte zum Gutshaus gebracht wurde, und des „Bindens“ beim ersten Schnitt des Roggens: Jedes Mitglied der Besitzer-Familie bekam ein kleines Ährenkränzchen über die Hand gestreift – eine symbolische Bindung der Besitzer an die Verpflichtung, für die Belegschaft zu sorgen, und an die Pflicht, den Ackerboden nicht nur als Eigentum, sondern quasi als Leihgabe zu behandeln und an künftige Generationen von Besitzern und Arbeitern weiterzugeben. Die Ausstellung sollte die ländliche Lebenswelt veranschaulichen, die es nicht mehr gibt, auch hier im Westen nicht – und die auch ohne Krieg und Vertreibung durch die notwendige Mechanisierung nicht mehr zu halten gewesen sei. Er vermittelte zugleich Einblicke in das Leben auf dem Gut, teils fachlich, sachlich über den Tages- und Jahresablauf auf einem Besitz von 750 Hektar, teils durch eigenes Erleben emotional geprägt – eine überholte ländliche Lebenswelt.

„Wir sind die letzten Zeitzeugen. Unsere Zeit ist dabei zu vergehen“, so beschloss Dr. Rothe seine Einführung – wie wahr. Er bedankte sich bei Mähnert und Hinkelmann durch Übergabe seines rechtzeitig zur Ausstellung erschienenen Buchs über die „Bäuerliche Trakehner-Zucht in und um Tollmingkehmen“.

Der Kurator Hinkelmann führte ein in die Landwirtschaft Ostpreußens im Ganzen und die Landwirtschaft des Gutes und Gestütes Samonienen und Tollmingkehmen im Besonderen, beginnend nach den Agrar-Reformen mit dem Kauf der königlichen Domäne 1821 durch die Familie Kaeswurm, später der Familie Rothe. Eine angebliche „Allmacht“ des Besitzers über Land und Leute seines „Herrschaftsbereichs“ mag überbetont erscheinen. Besonders würdigte er den Ausbau des Trakehner-Gestüts durch Karl Rothe als stabilisierenden Wirtschaftszweig nach der Rezession nach 1929 – bis zum Höhepunkt von drei Olympia-Siegen Samoniener Pferde 1936 in Berlin, und vorher Amsterdam, später nie wieder erreicht von einem Gestüt.

Die Ausstellung selbst ist bestückt mit vielen Exponaten und Modellen, die Gutshaus, Stallungen, Tiere, Landschaft und Wald bis 1944 verdeutlichen. Beachtung verdienen wertvolle Pokale und Silberschalen, eine originale Ernte-Krone (von Frau König) sowie Exponate der 1932 aus den Radstädter Tauern im Salzburger Land eingewanderten Vorfahren der Rothes, der Familie Kaeswurm, bisher nie gezeigte Raritäten. An einer Film-Konsole kann der Besucher eine Auswahl von privaten Filmen von 1935-42 genießen, bebilderte Berichte hören, und den WDR-Film über Tollmingkehmen „Als die Deutschen weg waren“ erleben – ein eindrucksvolles Medien-Angebot.

Samonienen und Tollmingkehmen, die empfehlenswerte, aufschlussreiche Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum, verdient Beachtung, weil sie vor allem für den Nachgeborenen die Schönheit Ostpreußens und das dörfliche Leben in allen Facetten zeigt. Es wäre wünschenswert, wenn es gelänge, Ostpreußen den jungen und jüngeren Menschen nahezubringen, damit die heimatliche Lebenswelt nicht in Vergessenheit gerät.

Die erlebnisreiche Veranstaltung wurde eingerahmt mit Jagdsignalen auf einem Sauerländer Halbmond aus dem Nachlass des OFM Frevert-Nassawen: unter anderem „Fürstengruß“ und „Jagd vorbei – Halali“ (Herr Druckenbrodt).

Die Ausstellung ist noch bis zum 11. März 2012 in Lüneburg zu sehen. Helmut Wiemer


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