20.04.2024

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24.12.11 / Unnötiger Fehlstart

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-11 vom 24. Dezember 2011

Unnötiger Fehlstart
von Vera Lengsfeld

In dieser Adventszeit sind zwei Themen Stadtgespräch: einmal der Unbekannte, der Weihnachtsmarktbesucher mit vergiftetem Schnaps bewirte und der Fehlstart der rot-schwarzen Regierung, die mit einem politischen Giftcocktail zu kämpfen hat, der ihr vom Kurzzeit-Justiz- und Verbraucherschutzsenator Michael Braun eingeschenkt wurde. Braun, ein alter Parteisoldat, nutzte die Gunst der Stunde, als die CDU nicht, wie von allen erwartet, das Bildungsressort übernahm, sondern das Amt der verblüfften SPD zufiel, die so unvorbereitet war, dass sie den Posten erst im zweiten Anlauf mit einer Frau aus der dritten Reihe besetzen konnte. Auch das Personaltableau der CDU geriet ins Rutschen.

Nachdem keine Frau für das Justiz-Ressort zu gewinnen war, kam Braun zum Zuge. Er übernahm das Amt, obwohl er gewusst haben musste, dass es Beschwerden über seine Beurkundung von Schrottimmobilienkäufen gab, die rechtlich vielleicht nicht zu beanstanden, politisch aber untragbar war.

Am Tag nach der Vereidigung gelangten die ersten Vorwürfe an die Öffentlichkeit, wurden, wie es schlechte Politikergewohnheit ist, von Braun erst bestritten, dann bestätigt, ein Prozess, der nach nur zwölf Tagen dazu führte, dass der frisch gebackene Senator aufgab. Statt wenigstens zurückzutreten, bat er um seine Entlassung, was ihm etwa 50000 Euro Übergangsgeld einbrachte.

Der Fall Braun ist bezeichnend dafür, wie weit sich die politische Klasse von den Bürgern, die sie vertreten soll, entfernt hat. Ämter und Posten werden schon längst nicht mehr nach fachlicher Eignung besetzt, sondern nach Parteiproporz oder anderen innerparteilichen Überlegungen. Statt Instrumente der politischen Willensbildung zu sein, wie es das Grundgesetz vorsieht, sind Parteien heutzutage bloße Karriere-Netzwerke, in wachsender Anzahl für Leute, die nie in ihrem Leben etwas anderes gemacht haben als Parteiarbeit. Dementsprechend sieht die Politik aus. Nicht die Bedürfnisse der Stadt oder des Landes stehen im Mittelpunkt der Überlegungen, sondern politisches Handeln wird darauf ausgerichtet, dass es der Partei möglichst hohen Nutzen bei den nächsten Wahlen bringt.

Die Bürger reagieren zunehmend genervt. Während die Berliner Straßen verdrecken, die S-Bahn immer unpünktlicher und schmuddeliger wird, die Schulen vor sich hin bröckeln, die Gewalttaten Jugendlicher, deren Hintergrund aus Gründen der politischen Korrektheit nicht genannt werden darf, wächst, ist der Berliner Senat mit sich selbst beschäftigt. Die Frage ist, wie lange es die Berliner beim verächtlichen Schulterzucken belassen.


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