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24.12.11 / Gesamtkunstwerk Weihnachten / Seit 2000 Jahren prägt das Fest die Kunst- und Kulturgeschichte – und umgekehrt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-11 vom 24. Dezember 2011

Gesamtkunstwerk Weihnachten
Seit 2000 Jahren prägt das Fest die Kunst- und Kulturgeschichte – und umgekehrt

Weihnachten 2011: Besinnung auf die Menschwerdung Gottes, zu dessen Ehre und zum Wohlgefallen der Menschen dargestellt in den Künsten – Weihnachten als weltumfassendes Gesamtkunstwerk. Was ist davon geblieben in unserer entchristlichten Welt des oberflächlichen White-Christmas-Gesäusels und des Konsumrauschs?

Seit Mitte des vierten Jahrhunderts feiert die Christenheit den Geburtstag des Herrn. Und seither lässt das Thema Maler, Schriftsteller und Musiker nicht mehr los. Die Kunst stand in Diensten der Religion. Die Erzählung des Evangelisten Lukas vom wundersamen Geschehen im Stall zu Bethlehem bestimmte über Jahrhundert das kulturelle Geschehen: Wer als Maler anerkannt werden wollte, kam nicht umhin, eine Krippenszene auf Leinwand oder Holzpaneel zu bannen.

Weihnachten als Maler-Motiv, das war Weltkunst. Wo immer Christen das kulturelle Leben prägten oder mitbestimmten – Bethlehem und Golgatha waren die beiden gleichberechtigten und gleichhäufigen Themen. Eine Symbolik, die voll und ganz dem Kern der christlichen Botschaft entsprach. Geburt und Tod, Anfang und Ende, A(lpha) und O(mega), die Eckpunkte des menschlichen Lebens, göttlich überhöht in der Symbiose der österlichen Erlösung.

Auf vielfältige Weise mühten sich die größten Künstler in ganz Europa, genauer: in der ganzen christlich-abendländischen Welt, in ihre weihnachtlichen Werke auch den Teil der Botschaft aufzunehmen, der über das Fest der Geburt Christi hinausweist. Eines der frühesten erhaltenen Beispiele ist die „Geburt Christi“ aus dem Perikopenbuch Heinrichs II. Der deutsche König hatte es von den besten Künstlern seiner Zeit für den 1012 eingeweihten Bamberger Dom fertigen lassen.

Das Kunstwerk, das heute in der Bayerischen Staatsbibliothek sorgfältig aufbewahrt wird, enthält die an Sonn- und Feiertagen zu lesenden Bibeltexte. Berühmt sind vor allem die 25 ganzseitigen Bilder auf Goldgrund. Die „Geburt Christi“ zeigt das Jesuskind nicht als neugeborenen Säugling, sondern als kleinen Erwachsenen. Der Stall von Bethlehem wird eher angedeutet, Joseph bleibt am Rand, Maria scheint aus dem irdischen Umfeld herausgelöst. Rundum huldigen Engel dem Heiland, und über allem schwebt das himmlische Jerusalem. So wird die Weihnachtsgeschichte in den Kontext jüdisch-alttestamentlicher Prophezeiungen gestellt und zugleich eingebunden in den Fortgang des Neuen Testaments bis hin zur Offenbarung des Johannes.

Fünf Jahrhunderte nach diesem Meisterwerk von unbekannter Hand entsteht ein weiteres Hauptwerk weihnachtlicher Malerei. Diesmal kennen wir den Künstler: Kein geringerer als Albrecht Dürer gestaltet für die reiche Nürnberger Patrizierfamilie Paumgartner einen Altar, dessen Zentrum wiederum „Christi Geburt“ bildet. Auch Dürer malt nicht einfach das 2. Kapitel des Lukas-Evangeliums ab. Er gestaltet das Weihnachtsgeschehen so, wie es der Zeit und der Quintessenz aus 1500 Jahren Kirchengeschichte gemäß ist.

Dass es sich um eine Auftragsarbeit handelt, hat zu Dürers Zeiten noch keinen negativen Beigeschmack. Angehörige der Stifterfamilie dürfen, angemessen verkleinert, dem Jesuskind huldigen. Im Vergleich zu Heinrichs Perikopenbuch lässt Dürer jenseitige Verheißungen in den Hintergrund treten; seine Weihnacht findet im Diesseits – und am helllichten Tage – statt.

Ob der Künstler schon vorgeahnt hat, wie weit 500 Jahre später die Verweltlichung und Entchristlichung fortgeschritten sein würde? Kernthema war jedenfalls die Menschwerdung des Gottessohnes, die heute fast nur noch die Kulisse für pseudoweihnachtliche Geschenkorgien gibt.

Die Meisterwerke der Malerei waren über viele Jahrhunderte von Weihnachten bestimmt und haben zugleich das Verständnis vom weihnachtlichen Geschehen geprägt. Ihr Anblick ruft uns den vielfach schon vergessenen Kern der Weihnachtsbotschaft in Erinnerung: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!“ Hans-Jürgen Mahlitz


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