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24.12.11 / Jeder steht jedem im Weg / Unstimmigkeiten zwischen Bund und Ländern und zwischen Berliner Ministerien verhindern Reformen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-11 vom 24. Dezember 2011

Jeder steht jedem im Weg
Unstimmigkeiten zwischen Bund und Ländern und zwischen Berliner Ministerien verhindern Reformen

Egal ob Futter- und Lebensmittel, Energiewende oder Steuern: Drei Beispiele, die zeigen, wo wir schlecht regiert werden.

Weihnachten steht vor der Tür und da ist es angebracht, auch einmal die Leistungen derjenigen, die uns regieren, zu würdigen. So hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel ohne Zweifel angesichts der Euro-Rettung ein unsagbar anstrengendes Jahr. Und dann sind da auch noch die vielen Minister, deren Arbeit aufgrund der alles dominierenden Euro-Krise völlig in den Hintergrund geraten ist.

So können wir uns freuen, dass wir in diesem Jahr – anders als 2010 – ganz entspannt Eier zum Fest essen können, ohne Angst haben zu müssen, uns eine Dioxin-Vergiftung zuzuziehen. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hatte im letzten Jahr schnelle Hilfe und bessere Kontrollen zugesagt. Ein Zehn-Punkte-Plan wurde auf den Weg gebracht ... und ist offenbar immer noch unterwegs.

Erst vergangene Woche war Aigner damit beschäftigt, die Vorwürfe der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch zu entkräften. So arbeite sie mit der EU daran, die Zulassungskriterien für neue Futtermittelbetriebe zu verschärfen. Zudem gebe es auch verschärfte Meldepflichten für private Labore, was von Seiten von Foodwatch jedoch als zu wenig angesehen wird, denn abschreckende Strafen für die Futtermittelbetriebe würden nur selten umgesetzt. Der Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband merkt zwar an, dass die nicht zufriedenstellende Umsetzung bei der Verschärfung der Kontrollen nicht Aigners Verschulden sei, sondern von Ländern und Behörden blockiert würde, doch trösten dürfte das den Verbraucher nicht. Zumal der Prüfbericht des Bundesrechnungshofs Ende November die vielen Fehler im förderalen System der Futter- und Lebensmittelüberwachung detailliert aufgezeigt hatte. So gebe es 400 verschiedene Kontrollbehörden der Lebens- und Futtermittelüberwachung. 2500 Lebensmittelkontrolleure sollen 1,1 Millionen Hersteller, Restaurants und Supermärkte kontrollieren. Zudem werden Daten uneinheitlich und nicht zentral erfasst.

Aber nicht nur bei Bund und Ländern gibt es Kompetenzgerangel. Wer bisher darüber erleichtert war, dass noch kein großer Stromausfall das Land erschüttert hat, wie es von Pessimisten angesichts des überstürzten Ausstiegs der Bundesregierung aus der Atomkraft prognostiziert worden war, darf hierfür dem bisher milden Winter danken. Zwar sind Bundeswirtschafts- und Bundesumweltminister mit dem Thema befasst, doch dies geschieht auf eine Art und Weise, die so manchen verzweifeln lässt. So sollen Unternehmer wie der ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger an zwei aufeinander folgenden Tagen zum Dialog über die Umsetzung der Energiewende geladen worden sein. Am 13. Dezember lud Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) nach Berlin und am 14. Dezember Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Auf die Frage an Röttgen, ob er nicht in Röslers Aufgabengebiet eingreife, kritisierte dieser laut „Financial Times Deutschland“ indirekt seinen Ministerkollegen: „Jetzt ist schon Dezember, man hätte ja auch im Ok-tober einladen können. Da hab ich gedacht: Jetzt mach ich es, damit das Treffen stattfindet.“ Obwohl die Kanzlerin höchstselbst versucht hatte, zwischen Rösler und Röttgen zu vermitteln, indem sie betont hatte, dass die Energiewende ein „Gemeinschaftswerk“ sei, war es ihr nach mehreren Einzelgesprächen im Sommer notwendig erschienen, die Aufgabengebiete klar abzugrenzen. Trotzdem kommt es weiterhin zu Unstimmigkeiten zwischen den beiden Ministerien. Für die Energieversorger ist das ganze Durcheinander nervenaufreibend, denn so können sie nicht langfristig planen und die Gefahr von Stromausfällen wird so noch größer.

Manchmal kann der Bürger, so er denn die Arbeit der Regierenden stets im Blick hat, aber auch von den Unstimmigkeiten in der Politik profitieren. Bundesfinanzhof und das Bundesverfassungsgericht haben bereits moniert, dass die Grundlage zur Erhebung der Grundsteuer ungerecht und veraltet sei. Die Kriterien hierfür sind in den alten Bundesländern aus dem Jahr 1964 und in den neuen Bundesländern sogar aus dem Jahr 1935 und wurden bisher nie aktualisiert.

Zwar arbeiten Bund und Länder in verschiedenen Arbeitsgruppen seit Anfang 2010 an einer Neufassung des elf Milliarden Euro jährlich einbringenden Grundsteuersystems, aber derzeit sieht es so aus, als würden sich verschiedene Grüppchen bilden, die unterschiedliche Modelle bevorzugen. Das dürfte zur Folge haben, dass das Bundesverfassungsgericht 2012 ein Machtwort spricht. Hausbesitzer, die neben einem Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid ihrer Kommune auch den Grundlagenbescheid angefochten haben, können dann eventuell mit Rückzahlungen rechnen beziehungsweise weitere Zahlungen vorerst einstellen. Rebecca Bellano


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