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24.12.11 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-11 vom 24. Dezember 2011

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

kein Weihnachtsfest ohne den bunten Teller, und so wollen wir es auch heute halten. Unsere Kolumne soll so ein richtig bunter Familienteller werden, und da fangen wir doch gleich mit den Pralinen an. Das sind für uns die Erfolge, die wir verzeichnen können, und für die wir viel Dank geerntet haben, den ich heute weitergeben will an alle, die mitgeholfen, mitgedacht, mitgefühlt haben. Auch wenn eine positive Meldung mit Verspätung kommt, mit reichlicher sogar, freut man sich, und vielleicht ist die Freude sogar besonders groß, weil man mit einem Erfolg nicht mehr gerechnet hat. So erging es mir mit dem Schreiben von Herrn Georg Bendrien aus Bad Oldesloe, dessen Suchfrage vier Jahre zurückliegt. Da sein Dank nicht nur mir, sondern unserer ganzen Ostpreußischen Familie gilt, will ich ihn im Wortlaut weitergeben:

„Im Oktober 2007 bat ich Sie, mir im Rahmen Ihrer Möglichkeiten bei der Suche nach meinen Großeltern mütterlicherseits, von denen ich nur den Namen Tätz wusste und dass sie bis zum Kriegsende in Königsberg lebten, zu helfen. Sie haben dann in Ihrer Kolumne meine Geschichte in sehr freundlicher und persönlicher Weise aufgenommen. Leider habe ich – wie ich jetzt bei der Durchsicht meiner Unterlagen feststellte – damals vergessen, mich dafür bei Ihnen zu bedanken. Aber ich wurde durch das erste Echo auf die Veröffentlichung so gefangen genommen, dass ich gleich immer weiter nach möglichen Antworten suchte, ohne immer wieder in die Unterlagen zu schauen. Es gab eine Vielzahl telefonischer Kontakte mit interessanten Gesprächen, die sich anfangs immer nur auf die Familie Bendrien bezogen, über die ich ja gut mit Daten versorgt war. Nun kam noch ein sehr persönlicher Hintergrund dazu. Aber es gab auch viele Hinweise, wie ich zu meinem eigentlichen Anliegen weiterkommen könnte. Erst in diesem Jahr schienen sich die Informationen zu verdichten, und ich war bereit, einfach ein entsprechendes Ehepaar mit passendem Alter und Wohnsitz als meine Großeltern zu akzeptieren. Und nun kam heute ein Brief, in dem Suchanfragen beim DRK-Suchdienst aus dem Jahr 1946 mit den Namen suchender Verwandter verbunden – die nicht mehr leben, aber mir noch bekannt waren – diese Annahme bestätigten und mir nun die Gewissheit gaben, die richtigen Großeltern gefunden zu haben. Jetzt ist meine Ahnentafel so vollständig, wie ich sie gerne meinen Kindern und Enkeln hinterlassen wollte. Allen, die dazu beigetragen haben, gilt mein tiefer Dank. Es tut gut, zu erfahren, dass es auch heute, fast 65 Jahre nach Kriegsende, noch möglich ist, solche Nachforschungen erfolgreich zu führen. Sie haben mit der ,Ostpreußischen Familie‘ etwas ganz Großes geleistet, und es wäre schön, wenn Sie noch vielen so helfen können.“

Das wünschen wir auch für Herrn Alexander Thieme aus Uelzen, der sich ebenfalls mit einer Suchfrage an uns wendet, die den Stammbaum seiner Familie betrifft. Und in diesem Fall zeigt sich sogar etwas wie eine Kettenreaktion. Im Jahre 1999 machte ich in unserer Kolumne auf die Arbeit des Familienforschers Aloys Krakor aufmerksam, der im Besitz eines umfangreichen Stammbaumes der Familie von Knobelsdorff aus Sauerbaum war und bereit war, ihn an interessierte Leser abzugeben. Auf dieses Angebot stützte sich dann elf Jahre später der Wunsch eines Lesers mit ostpreußischen Wurzeln, der verwandtschaftliche Beziehungen zu der angegebenen Familie vermutete und deshalb um nähere Angaben und Vermittlung zu Aloys Krakor bat. Da ich nach so langer Zeit keine Verbindung mehr zu dem Familienforscher hatte, brachte ich seinen Wunsch in der PAZ, Folge 15/2010. Nach anderthalb Jahren stieß jetzt Herr Thieme überraschend auf diese Veröffentlichung und ist nun seinerseits sehr an dem Stammbaum der Familie Krakor aus Reuschenhagen, Kreis Allenstein interessiert, weil er auch seine eigene Familie betrifft. Die väterliche Linie führt nach Wartenburg, Kreis Allenstein, und dort zu der Brauerei „Oscar Thieme Bairisch- und Braunbier, Brauerei-Mineralwasserfabrik“. Der Inhaber der in der Allensteiner Vorstadt gelegenen Brauerei war Oskar Thieme, verheiratet mit Theodora Thieme geborene Molinski. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: Theodor Thieme – Großvater des Schreibers –, Edith (Dita) Erna Thieme, Irene Thieme – Mutter der Schlagersängerin Hanne Haller – und Gertrude Thieme. Nach dem frühen Tod des Vaters im Jahr 1935 wurde die Brauerei von seiner Witwe weitergeführt und gehörte 1940 bis 1945 den Schwestern Edith, die in Königsberg Wirtschaftslehre studiert hatte, und Gertrude Thieme. Es wurde allerdings nur noch Bier einer anderen Brauerei abgefüllt, da mit dem Tod des Braumeisters Oskar die Eigenproduktion erlosch. Und nun kommt die Familie Krakor ins Spiel. Großvater Theodor war mit Helene Krakor, *6. Januar 1921 in Reuschenhagen, verheiratet, Tochter des Bahnarbeiters Paul Krakor und seiner Ehefrau Maria, die in der Büttnerstraße in Wartenburg wohnten. Die Familie Krakor muss in der Region Allenstein tief verwurzelt gewesen sein, vermutet Herr Alexander Thieme und hofft, dass er nun aufgrund der beiden Veröffentlichungen in unserer Kolumne mehr über die großmütterliche Linie erfahren kann, ist aber ebenso an Informationen über die Familie Thieme und die Wartenburger Brauerei sehr interessiert. (Alex­ander Thieme, Niendorfer Weg 1 in 29525 Uelzen, Telefon 49171/3844393, E-Mail: alexander.Thieme@auto-thieme.de)

Das sind Beispiele dafür, wie unsere Ostpreußische Familie lebendig bleibt und selbst nach längerer Zeit noch Erfolge verzeichnet werden können. Deshalb, liebe Frau Rau, sollten Sie nicht so schnell die Flinte ins Korn werfen, und ruhig weiter hoffen, wenn sich bis jetzt noch niemand gemeldet hat. In Folge 36 hatten wir ein altes Foto aus dem Familienbesitz von Frau Christel Rau geborene Stadie veröffentlicht, das eine Hochzeitsgesellschaft zeigt, auf dem auch ihre Großeltern, das Ehepaar Franz und Auguste Stadie, abgebildet sind. Sie besaßen das Gut Rheinlauken bei Kraupischken, außerdem betrieb Franz Stadie eine Fleischerei in der Hohen Straße in Tilsit. Da Frau Rau annimmt, dass es sich um das Hochzeitsbild von Gertrud und Bruno Schloemp handelt, wurde auch gezielt nach diesem Ehepaar gefragt, das nach dem Krieg eine Schlachterei im Weserbergland betrieb. „Leider hat mir bisher noch niemand helfen können, außer einer Anruferin, die aber nichts mit den Personen auf dem Foto anfangen konnte.“ Da muss man bei alten Aufnahmen schon Abstriche machen, sie sind oft unscharf, die Gesichtszüge wirken verschwommen und sind kaum zu erkennen.

Wenn keine besonderen Anhaltspunkte ersichtlich sind und es keine Datenangaben gibt, ist es kaum möglich, die abgebildeten Personen zu identifizieren. Die Fotos können nur als Stütze der textlichen Angaben dienen. Deshalb diese ganz kleine Nachhilfe, liebe Frau Rau, damit Sie nicht den Mut verlieren.

Eigentlich hätte ja zu diesem bunten Familien-Teller ein passendes Bild gehört – so mit Marzipan, Pfeffernüssen, Katharinchen, dazu ein Stück von unserem herrlichen ostpreußischen Mohnstriezel – und was bringen wir? Rote Mohnblüten inmitten einer sommerlichen Wiese! Und das passt auch, wenn man bedenkt, dass dies ein weihnachtlicher Gruß aus einem wilden Blumengarten in Südafrika ist. Dort lebt unsere Familienfreundin Rosemarie Pakleppa, und so wie sie ihrer ostpreußischen Heimat treu geblieben ist, hat sie ein Stück von ihr nach Suider Paarl geholt. Vielleicht wäre sie nie darauf gekommen, uns ein Foto von ihrer Mohnwiese zu senden, wenn sie nicht in der PAZ Folge 39 die Geschichte von dem „Roten Mohn“ gelesen und das Bild dazu gesehen hätte. Und sie setzte sich gleich hin und schrieb ihre eigene Mohngeschichte, die vor sechs Jahren begann, als Frau Pakleppa einen Brief von ihrer Tochter bekam, dem ein Päckchen mit Wildblumensamen beilag. Sie machte sich sofort an die Aussaat und bald begann es zu blühen wie tohuus in Ostpreußen: Kornblumen, Vergissmeinnicht, Mohn, wilde Stiefmütterchen, Rade und Löwenzahn, auch Kapern und einige Gräser. „Ich ließ alles stehen, bis sie sich versäät hatten, und im nächsten Winter, nach dem ersten guten Regen, begann es zu grünen und zu sprießen. Inzwischen haben sich die Wildblumen bestens etabliert. Nur die Kornblumen und die Rade haben sich nach der ersten Blüte verabschiedet. Sie sind wohl zurück nach Deutschland geflogen. Bei meinen Nachbarn haben sich die Kapern und vereinzelte Mohnstauden auch schon angesiedelt, worüber sie sich sehr freuen. Die Fotos (drei Aufnahmen lagen dem Brief bei) sind aus verschiedenen Sektionen meines Gartens, und ich bin so begeistert über die Blütenpracht.“ Wir auch, liebe Frau Pakleppa, und gerade jetzt im bisher scheußlich nasskalten Winter. Und noch mehr tun uns die anerkennenden Worte für unsere PAZ gut, die Sie ihrer kleinen Mohngeschichte anhängen: „Meine deutschen Freunde, alle Nichtostpreußen, können gar nicht abwarten, bis ich die Zeitung fertig gelesen habe, sie sind alle hell begeistert über den Inhalt. Wir haben uns alle per Satellit deutsches Fernsehen ins Haus geholt und können also gute Vergleiche anstellen.“ Wir danken und grüßen ganz herzlich nach Südafrika mit allen guten Wünschen für das kommende Jahr!

Ja, wir können schon dankbar sein, denn immer wieder bezeugen unsere Leserinnen und Leser ihre Anerkennung für unsere Zeitung. Einen Brief, den ich gerade erhielt, möchte ich doch besonders herausheben, denn er bezeugt die nie gebrochene Liebe zur Heimat, zu Ostpreußen. Geschrieben hat ihn Herr Detlev Storch aus Bad Segeberg, Enkel des Malers Karl Storch der Ältere, der bis 1929 an der Königsberger Kunstakademie lehrte und der in vielen Bildern die Schönheit und Eigenart der ostpreußischen Landschaft festhielt, die ihn so fesselte, dass er, der gebürtige Holsteiner, bis Kriegsende in Königsberg blieb. Der Enkel wurde in Insterburg geboren, seine aus einer Salzburger Familie stammende Mutter gab ihm die Liebe zu Ostpreußen mit, obgleich Detlev Storch nur „zwei mal sieben Jahre“ dort gelebt hatte, bedingt durch Versetzungen seines Vaters. Die letzten Jahre verbrachte er in Neuhäuser und Neutief, heute lebt er in Bad Segeberg, dem Geburts- und Sterbeort seines Großvaters. „Aber ich fühle mich nur als Ostpreuße“, bekennt er, „daher mein besonderes Empfinden für Ihre Schriften, aus denen so viel Mitgefühl für die Wünsche der Landsleute spricht, die oft ihre Herkunft nicht genau kennen. Die Ostpreußische Familie verströmt so viel Seele und Gemüt, wie man so etwas in keiner anderen Zeitung finden würde. Die Liebe zu Ihrer – und auch meiner – Heimat muss unendlich tief sein.“ Das ist sie auch, lieber Herr Storch, sie ist so tief, dass sie nicht auszuloten ist. In meiner Heimat nannte man die kleinen Moorseen „Bedugnis“, das bedeutet „Wasser ohne Grund“. Vielleicht ist solch eine seelische „Bedugnis“ auch das Geheimnis unserer Ostpreußischen Familie. Quellen, die sie speisen, haben wir ja genug: die Erinnerungen und die damit verbundenen Wünsche, Fragen, Antworten und Hilfestellungen in welcher Form auch immer aus der ganzen Welt.

Eure Ruth Geede


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