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24.12.11 / Ohne jedes Verständnis / Jung-Historiker über Feldpost

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-11 vom 24. Dezember 2011

Ohne jedes Verständnis
Jung-Historiker über Feldpost

1405 Feldpostbriefe und Tagebücher, die im Laufe des Zweiten Weltkrieges von 28 deutschen Soldaten geschrieben wurden und sich jetzt in der Bibliothek für Zeitgeschichte in Stuttgart befinden, hat der Autor für seine 2010 an der Universität Tübingen angenommene Doktorarbeit ausgewählt, um zu ermitteln, welche Kriegserfahrungen die Soldaten gemacht haben. Diese Soldaten der Jahrgänge zwischen 1898 und 1925, von denen 19 an der Front eingesetzt waren, die restlichen im Hinterland, sollen belegen, wie sie die Wege durch den Krieg empfanden, welche Erfahrungen sie dabei machten und wie sich diese Erfahrungen im Westen von denen im Osten unterschieden.

Vorweggenommen: Überraschungen bergen die Briefe nicht. So etwa hat sich ein Zeitgenosse, der die Generation seiner Landsleute im Kriege miterlebt hat, ihr Bewusstsein auch vorgestellt. Es ist das Bewusstsein, wie es sich bei Mitteleuropäern in extremen Lagen, häufig in lebensgefährlichen Situationen, bildet.

Der Autor breitet die Zitate aus vor dem Hintergrund eines Geschichtsbildes, das man als zu 100 Prozent politisch korrekt bezeichnen kann. Natürlich hat in seinen Augen Deutschland allein den Krieg begonnen. Und dann hat es einen „Vernichtungskrieg“ geführt. Seine Soldaten haben ein „rasse-ideologisch geprägtes Geschichtsbild“ gehabt. Die Angriffe der deutschen Truppen waren stets „Überfälle“. Meldungen über die Verfolgung der deutschen Minderheit in Polen waren „Gräuelmeldungen“. Angebliche polnische Partisanen waren nichts als „Schimären“ und so geht es fort.

Wer die Geschichte so schlicht deutet, ist verständlicherweise überrascht, dass die deutschen Soldaten in ihren Briefen ungeschminkt von ihren Strapazen und ihrer Verzweiflung ebenso berichteten wie über den Tod ihrer Kameraden, aber ebenso offen ihre Zuversicht wie auch ihren Siegeswillen ausdrückten. Wie die Briten, so hätte auch der Autor erwartet, dass die Soldaten angesichts der alliierten Luftangriffe auf die deutsche Zivilbevölkerung Hass gegen die deutsche Führung entwickelten, doch musste er feststellen, dass der Hass viel eher die Urheber dieser Massentötung traf, nämlich die Briten und US-Amerikaner.

Es scheint dem Autor unverständlich, dass die Soldaten gegen Kriegsende zwar nicht mehr an den deutschen Sieg glauben konnten, aber trotzdem verzweifelt weiterkämpften – und zwar, wie der Doktorand meint, „für das Regime“. Als typisch nationalsozialistisch wertet es Andreas Jasper, dass man damals von den Soldaten aufopferungsvolle Pflichterfüllung erwartete, ja, sogar Treue bis in den Tod.

Es war sicherlich eine Fleißarbeit, die der junge Historiker geleistet hat. Man hätte es bei der Dissertation belassen sollen; was die Veröffentlichung in Buchform bezwecken soll, ist unklar. Aufschlussreich wäre gewesen, wenn Andreas Jasper es in Bezug gesetzt hätte zu ähnlichen Untersuchungen über Soldaten der übrigen Krieg führenden Mächte, um so zu erfahren, ob das Verhalten der deutschen Soldaten ganz ungewöhnlich war oder ob es allgemein menschlichem Verhalten entsprach. So aber belegt es nur, wie der heutigen jungen Generation jedes Verständnis für Haltung und Bewusstsein der Deutschen im Krieg abhandengekommen ist.

Hans-Joachim von Leesen

Andreas Jasper: „Zweierlei Weltkriege? Kriegserfahrungen deutscher Soldaten in Ost und West 1939 bis 1945“, Schöningh, Paderborn, 2011, geb., 344 Seiten, 48 Euro


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