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31.12.11 / Kalte Dusche aus Washington / USA fordern Ankara zur Rückgabe von armenischem Eigentum auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-12 vom 31. Dezember 2011

Kalte Dusche aus Washington
USA fordern Ankara zur Rückgabe von armenischem Eigentum auf

Der Genozid an den Armeniern holt die Türkei ein. Die französische Nationalversammlung hat ein Gesetz beschlossen, das die Leugnung und Billigung jeglicher Völkermorde und Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter Strafe stellen würde – nicht nur die des Holocaust. Ab sofort dürfen türkische Diplomaten in Frankreich nicht mehr jede Politikerrede aus der Heimat ungestraft verbreiten. Denn die Leugnung des Genozids an den christlichen Armeniern 1915 ist türkische Staatspolitik.

Wenige Tage zuvor, am 13. Dezember, ist den Armeniern ein noch größerer politischer Erfolg gelungen, über den deutsche Medien indes kaum berichtet haben: Das US-Repräsentantenhaus hat mit großer Mehrheit die Türkei dazu aufgefordert, nicht nur „alle Formen der religiösen Diskriminierung“ zu beenden, sondern ganz konkret „Kirchen, Klöster, Schulen, Krankenhäuser, Denkmäler … und anderen religiösen Besitz, einschließlich beweglicher Vermögenswerte“ an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben.

Diese Entschließung Nr. 306 hat es in sich, denn die Bereitschaft zur Rückgabe enteigneter Güter ist allemal die Nagelprobe dafür, ob schöne Reden über Menschenrechte und Gleichberechtigung ernst gemeint sind oder nicht. Der US-Gesetzgeber hat mit diesem Beschluss zu verstehen gegeben, dass er Enteignungen im Zuge von Verbrechen gegen die Menschlichkeit für unverjährbar hält – anders lassen sich seine Rückgabeforderungen nach fast 100 Jahren nicht begründen. Aus Sicht der deutschen Vertriebenen ist diese Rechtsposition bemerkenswert, um nicht zu sagen sensationell.

Auch was die heutige Lage der Christen in der Türkei angeht, wurde in Washington Klartext geredet: „Trotz der jüngsten Behauptungen von Ministerpräsident Erdogan über Fortschritte bei der Religionsfreiheit sind die christlichen Gemeinden in der Türkei weiterhin mit schwerer Diskriminierung konfrontiert“, erklärte der Initiator der überparteilich unterstützten Resolution, Ed Royce, ein Republikaner. Aus den Parlamenten Europas sind solche deutlichen Worte kaum zu vernehmen. Dabei sind die Europäer von türkischen Menschenrechtsverletzungen direkter betroffen als die USA, denn Ankara drängt in die EU.

„Die Annahme der Resolution … ist ein großer Sieg für die Religionsfreiheit rund um die Welt und ein Wendepunkt im Kampf des armenischen Volkes um Religionsfreiheit“, erklärte der (demokratische) Kongressabgeordnete David Cicilline. Natürlich haben auch die Vertreter der Armenier in den USA diese Resolution begrüßt. Die Entscheidung, die nicht nur gegen den Widerstand von Ministerpräsident Erdogan, sondern „leider auch gegen den der Regierung unseres eigenen US-Präsidenten“ gefallen sei, reflektiere die weltweit wachsende Einigkeit, „dass die Türkei – beginnend mit Rückgabe Tausender gestohlener Besitztümer christlicher Kirchen – ihre Verantwortung annehmen muss“, erklärte Ken Hachikian, der Vorsitzende der US-armenischen Organisation ANCA. Zwar dürfte der Beschluss kaum schnelle Folgen haben. Doch er zeigt, dass für die Opfer schwerster Menschenrechtsverletzungen auch nach langer Zeit noch politische Erfolge möglich sind. K.B.


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