20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
31.12.11 / Geheimnisse des »german Mittelstand« / Franzosen und Briten versuchen das Rätsel zu lösen, um den deutschen Erfolg zu kopieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-12 vom 31. Dezember 2011

Geheimnisse des »german Mittelstand«
Franzosen und Briten versuchen das Rätsel zu lösen, um den deutschen Erfolg zu kopieren

Es ist nicht nur Frankreichs politische Elite, die sich mittlerweile mit einem Phänomen beschäftigt, das als Quelle der deutschen Exportkraft gilt. Auch englischsprachige Wirtschaftsblätter bemühen sich inzwischen, ihren Lesern eine ungefähre Vorstellung von dem nahezubringen, was sich hinter dem „German Mittelstand“ verbirgt.

Die Faszination kommt nicht von ungefähr. Keine große Industrienation bringt gemessen an der Wirtschaftskraft so viele Spitzenunternehmen hervor wie Deutschland. Neben börsennotierten Großkonzernen gelten über 1000 mittelständische Unternehmen aus Deutschland als Weltmarktführer: An Äußerlichkeiten gemessen widerspricht das Bild des typischen deutschen Mittelständlers vielen Vorstellungen, die sich Franzosen, Briten oder Amerikaner von einem erfolgreichen Weltunternehmen machen. Statt wie ein gewaltiger Konzern, der auf unzähligen Geschäftsfeldern aktiv ist, sieht das typische deutsche Unternehmen, das es an die Weltspitze gebracht hat, oft etwas anders aus: Es ist häufig ein Familienunternehmen, spezialisiert auf eine Marktnische, im Durchschnitt lediglich mit 600 Mitarbeitern, einem Umsatz von 100 Millionen Euro, aber einem Exportanteil von über 60 Prozent. Statt an einer eindrucksvollen Adresse in der Hauptstadt des Landes zu residieren, bleibt der deutsche Mittelständler häufig dem treu, was man anderswo mit abschätzigem Beiklang als Provinz bezeichnet.

Wie kaum jemand anders hat sich der Unternehmensberater Bernd Venohr mit den Erfolgen der deutschen Mittelständler auf den internationalen Märkten beschäftigt. Im Bereich eines Jahresumsatzes über 50 Millionen Euro sind es mehr als 1000 deutsche Unternehmen, die nach Venohr als Weltmarktführer gelten. Gemeinsam ist vielen ein Erfolgsfaktor: Sie haben sich profitabel auf ein sehr kleines Marktsegment spezialisiert, das sie besser als ihre Konkurrenten beherrschen: Erreicht wird dies zum einen dadurch, dass sie teilweise bis zu 100 Prozent mehr für Forschung und Entwick-lung ausgeben als sonst branchenüblich. Zum anderen stützen sich viele Unternehmen auf jahrzehntelange Erfahrung. Möglich wird diese Kontinuität dadurch, dass es sich bei den Firmen häufig um Familienunternehmen handelt. Geschätzte 70 Prozent der deutschen Weltmarktführer sind nach wie vor in Familienhand. In Abgrenzung zum gerade in den USA weit verbreiteten schnellen „Kassemachen“ per Börsengang sind viele der Firmen über Generationen in Familienbesitz geblieben.

Auch bei der Unternehmensführung gibt es deutliche Unterschiede zu vielen Konkurrenten aus dem Ausland: Überdurchschnittlich häufig werden die Unternehmen von Naturwissenschaftlern oder Ingenieuren, statt wie sonst üblich von Managern, Juristen und Vertriebsfachleuten geführt. Bei der Hälfte der deutschen Weltmarktführer steht nach Schätzungen ein Ingenieur an der Spitze des Unternehmens. Trotz des Festhaltens an angestammten Firmensitzen haben fast alle erfolg­reichen Mittelständler früh mit dem Aufbau von Niederlassungen im Ausland begonnen. Resultat ist nicht nur, dass frühzeitig Geschäftsbeziehungen aufgebaut werden, sondern auch, dass häufig „maßgeschneiderte“ Produkte für den jeweiligen Markt angeboten werden können.

Auch wenn die Faktoren, die es ermöglicht haben, dass derartig viele Unternehmen aus Deutschland den Sprung an die Weltspitze schaffen, inzwischen ausführlich untersucht wurden, gibt es keine Garantien für ewigen Erfolg. Ein Teil der Unternehmen bleibt im Laufe der Zeit aus den unterschiedlichsten Gründen auf der Strecke. Zum einen durch Uneinigkeit innerhalb der Eigentümerfamilie oder aber dadurch, dass technologisch die Spitzenposition verloren geht. Rein zahlenmäßig stammen die meisten der deutschen Weltmarktführer aus den bevölkerungsreichen Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Allerdings lohnt ein genauerer Blick: Gemessen an der Bevölkerungszahl schneidet auch Hamburg hervorragend ab, und wie neu vorgelegte Zahlen des Leibniz-Instituts für Länderkunde belegen, haben auch in Mitteldeutschland inzwischen eine ganze Anzahl von Unternehmen den Sprung bis an die Weltspitze geschafft. N.H.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren