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31.12.11 / Der lange Marsch beginnt / Wohin steuert Nordkorea nach dem Machtwechsel?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-12 vom 31. Dezember 2011

Der lange Marsch beginnt
Wohin steuert Nordkorea nach dem Machtwechsel?

Kambodscha, China und Myanmar (Burma) sind die einzigen Länder, die diplomatische Beziehungen zum sonst von der Welt abgeschotteten, despotisch regierten Nordkorea haben. Diese drei Länder können dem Nachfolger von Kim Jong il ein Vorbild für eine langsame Öffnung bieten.

„Die Demokratische Volksrepublik Korea ist ein souveränes Land und kann alle politischen Entscheidungen treffen, die gut für das Land sind“, tönt es in einer Grußbotschaft Kambodschas an das kommunistisch-stalinistische und international isolierte Nordkorea. Ebenso wie der politischen Führung des großen Bruders China ist den wenigen anderen Verbündeten klar, dass die innere Stabilität nach dem überraschenden Tod des „Geliebten Führers“ Kim Jong il oberste Priorität einnimmt, bevor ein wie auch immer gearteter Reformprozess stattfinden kann. Diese Kontinuität scheint vorerst durch die Rückendeckung der Militärs für Kim Jong Un gesichert.

Die großen ökonomischen Probleme Nordkoreas rufen allerdings nach einer Änderung des harschen Kurses aus der Hinterlassenschaft des verstorbenen Diktators. Und hier liegt die Gefahr für den blutjungen neuen Regenten, denn die alten Seilschaften in den Eliten und die betagten Generäle könnten dabei um Pfründe und Privilegien fürchten.

Sie wissen nur zu gut, dass nur eine straffe Führung die im Untergrund schwelende Unzufriedenheit wegen vieler Menschenrechtsverletzungen, Zwangsarbeit, Hungersnöten, medialer Bevormundung und Zensur sowie religiöser Verfolgungen, einer totalen Einschränkung der Reisefreiheit auch im eigenen Land und den Privilegien einer knallharten Oberschicht zu Lasten des geknechteten Volkes unter dem Deckel halten kann.

Die medienwirksam vorgeführte Massentrauer ist deshalb weniger als tiefe Trauer, sondern vielmehr als Ausdruck der Unsicherheit und Angst über die Zukunft einer stets wie eine Kinderschar autoritär gelenkten, unmündigen Bevölkerung zu verstehen. Für sie war der Personenkult um die Familiendynastie Kim jetzt in der dritten Generation Garant einer Sicherheit vor militärischen Auseinandersetzungen. Deshalb werde sich zunächst innen- und außenpolitisch wenig ändern, konstatiert die in der Regel gut informierte „Bangkog Post“ und bescheinigt den wirtschaftlichen Hilfszusagen von Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon, ein möglicher Treibsatz für einen künftigen, vorsichtigen Kurswechsel zu sein. Auch der Einfluss von Kim Jong Uns junger Schwester Kim Kyong-Hui und ihrem Mann Jang Song-Thaek, inoffiziell zweiter Führer des Landes, wird in Asien positiv bewertet, von einem Onkel wie in westlichen Medien ist dabei nicht die Rede.

Der Analyst Norbert Eschborn von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Südkorea umreißt nach seinem jüngsten Besuch in Pjöngjang die Ausgangslage: „Nordkorea steht das Wasser bis zum Hals.“ Stromknappheit, gefrorene Wasserleitungen, knappe Lebensmittel erhöhen den Druck auf den Nachfolger. Die nicht-kommunistischen Regierungen Asiens sehen den einzigen Ausweg aus dem Dilemma in einer Orientierung an den Erfolgsrezepten der Verbündeten China und Myanmar. Gerade China muss hier schon aus eigenem Interesse Einfluss nehmen. Denn Nordkorea ist für Peking ein Puffer gegen die militärische Macht Amerikas in Südkorea und zugleich wichtiger Rohstofflieferant für die weltweit knappen Seltenen Erden, die Chinas aufstrebende Industrie braucht. Die Volksrepublik mit ihren rasanten ökonomischen Erfolgen und dem Aufstieg zu einer Weltmacht könnte als Vorbild dafür dienen, wie sich eine bedingte Hinwendung zum Kapitalismus positiv auf die Wirtschaft eines Landes auswirkt, ohne die Führungsstruktur durch die allmächtige Partei zu gefährden.

Ähnliche Erfolge sind auch in Myanmar zu sehen, das mit einer neuen, verjüngten Führungsgeneration ausländische Investoren und Touristen anlockt, politische Gefangene freilässt, Gewerkschaften und das Streikrecht zuließ und damit aus dem Schatten der Isolation und der Abhängigkeit von Peking trat. Auf dem jüngsten Asean-Gipfel in Bali wurde Myanmar als Belohnung für die neue Politik sogar der Vorsitz des Bündnisses übertragen.

Da der neue Machthaber Kim Jong Un einige Zeit auf Schweizer Schulen verbrachte, mögen außer der Liebe zu westlichen Actionfilmen bereits solche Ideen in ihm brüten, um sein Land aus der ökonomischen Misere zu führen. Doch das wird erst akut, wenn er seine neue Position als gesichert genug erkennen kann. Ein langer Marsch gegen das alte Establishment steht bevor, wie gegenwärtig auch im sogenannten Arabischen Frühling offenbar wird. Joachim Feyerabend


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