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31.12.11 / Im Mittelpunkt der groteske Mensch / Scharfer Beobachter seiner Zeit: Der katalanische Surrealist José Porta Missé

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-12 vom 31. Dezember 2011

Im Mittelpunkt der groteske Mensch
Scharfer Beobachter seiner Zeit: Der katalanische Surrealist José Porta Missé

Das habe er seinem Vater zu verdanken, sagt der 84-Jährige, der eine große Vitalität ausstrahlt. Zentral auf Barcelonas Prachtboulevard Passeig de Gràcia gelegen, lebt und arbeitet José Porta Missé in seinem weiträumigen Domizil. Es ist ein fließender Übergang vom Wohn- in den Arbeitsbereich. Einer der Räume ist den Gemälden seines Vaters Josep Porta Galobart (1888–1958) gewidmet. Darunter eine Porträtzeichnung von Carmen Franco, der Tochter des spanischen „Führers“. Um seine künstlerische Unabhängigkeit zu bewahren, verzichtete der Senior bewusst darauf, politische Kontakte zu nutzen. Und diese Haltung hat der Filius José konsequent übernommen.

Dabei mangelte es nicht an Gelegenheiten. Im Zeitraum etwa zwischen 1950 und 1970 geriet Spanien unter General Franco international in die Isolation. Der Diktator suchte nach Wegen, dies zu konterkarieren und ergriff die Initiative. Es erging die Direktive, die weit über die Landesgrenzen hinaus inzwischen international anerkannten spanischen Maler für patriotische Interessen einzuspannen. Davon profitierte auch Salvador Dalí, dem fortan die spanischen Botschaften Raum für seine Werke boten.

Zu Beginn ihrer Laufbahn verband beide Surrealisten eine Freundschaft. So teilten sie sich seinerzeit ein Atelier auf Mallorca. Mit seiner eher introvertiert angelegten Art entwickelte sich der 1927 in Barcelona geborene José Porta Missé zum Geheimtipp der Kunstszene des Landes. Dabei verstand er es, Menschen aller Altersstufen für seine Malerei zu begeistern. Seine Bilder hängen heute über den Globus verteilt in vielen privaten Sammlungen.

Auslandsaufenthalte hinterließen unverkennbar ihre Spuren in seiner künstlerischen Entwick­lung. Das wird dem Betrachter in den Bildern vermittelt, die die erlebten Epochen, deutlich untereinander abgegrenzt, reflektieren. Bestimmend für die auf Mallorca verbrachte Zeit sind die immens großen Insekten. Danach fließen in seine Porträts Eindrücke aus dem Swinging London der 60er Jahre ein, wo er eine unbeschwerte Zeit verbrachte. In den Arbeiten aus dieser Epoche fängt Porta Missé die Noblesse englischer Aristokraten ein, deren natürlich gelebte distinguierte Lebensart einen nachhaltigen Eindruck auf den in der Öffentlichkeit zurück­haltend agierenden Maler aus Barcelona machte. Der spätere Porta Missé entdeckte schließlich den Konstruktivismus für sich.

Neben London war ein weiterer Abschnitt für den aufstrebenden Surrealisten prägend: Berlin. Von der Kommode in seinem Wohnzimmer nimmt er ein Foto hoch, entstanden in der deutschen Hauptstadt während der Goldenen 20er. Es zeigt seinen Vater in illustrer Runde zusammen mit Heinrich Zille und Max Beck­mann. Dieses Umfeld sollte den Lebensentwurf des Surrealisten Porta Missé entscheidend beeinflussen und die Richtung vorgeben, in die er sich fortan bewegt.

Als Kreativer ist er im Herzen jung geblieben. Sein Domizil im Herzen Barcelonas frequentieren auch zahlreiche Menschen, darunter junge Talente, die er nach Kräften fördert. Er nimmt sich Zeit für den Dialog mit „unkundigen Kunstinteressierten“, und begeistert sie für Anliegen der Kunst und des Künstlers. Dabei befreit er den Begriff Kunst von allem daran eventuell haftetem Elitären.

Das kulturelle Leben der Stadt pulsiert und er nimmt aktiv daran teil. Die Siesta zwischen halb drei und fünf Uhr nachmittags ist ihm heilig und fester Bestandteil seines Tagesablaufs. So fühlt er sich am Abend fit und ausgeruht, Veranstaltungen zu besuchen und Kollegen zum gegenseitigen Austausch zu treffen. José Porta Missé unterhält Kontakte weit über Katalonien hinaus. In Madrid wurde das Ensemble des Teatro Lara auf ihn aufmerksam. Er freut sich, dass sein Surrealismus auch von Künstlern des darstellenden Genres geschätzt wird. Seine Arbeiten sprechen ihre eigene Sprache.

Seine Freunde in Deutschland meinen, es sei an der Zeit, ihren Landsleuten den „neuen Porta Missé“ nicht länger vorzuenthalten und haben ihre Fühler ausgestreckt, um den rüstigen Surrealisten zu bewegen, im Frühjahr 2012 eine Ausstellung seiner Werke im vertrauten Berlin zu eröffnen (www.porta-missé.eu). Michael Johnschwager


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