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31.12.11 / Auch mal was lassen / Ratgeber zum Stressabbau

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-12 vom 31. Dezember 2011

Auch mal was lassen
Ratgeber zum Stressabbau

Immer mehr Menschen werden von akuten Erschöpfungserscheinungen heimgesucht. Wir leiden unter der Tyrannei der Selbstoptimierung. Die promovierte Philosophin Svenja Flaßpöhler hat hierzu ein kluges und mit leichter Hand geschriebenes Buch verfasst. Die Botschaft ist so klar wie befreiend: Wir sollten wieder mehr lassen als tun. Doch der Akt der Befreiung ist schwierig, gilt doch die Arbeitssucht neben der Sportsucht als die einzige gesellschaftlich anerkannte, ja sogar geforderte und geförderte Sucht. Während man die Drogenabhängigen, Alkoholiker und Kettenraucher oft an den Rand der Gesellschaft schiebt, lenken die Arbeitssüchtigen sogar weltweit operierende Unternehmen oder ganze Staaten.

Angesichts dieser Arbeitsüberlastung fällt uns das Genießen zusehends schwerer. Den Weg zur Freiheit oder zumindest zu etwas mehr Freiheit in unserem Leben umschreibt die Autorin mit folgenden Worten: „Nur wenn wir nicht jede Herausforderung reflexhaft annehmen, nicht jede Möglichkeit zwanghaft nutzen, nur weil es sich um eine Möglichkeit handelt, sind wir wirklich frei. Es ist dies die Freiheit des Auslassens, des Einlassens und Seinlassens, die Freiheit des Nicht(s)tuns, des Ablassens, Gelassenseins und Loslassens. Erst wenn wir bereit sind, der Aktivität die Passivität an die Seite zu stellen, können wir die Gesellschaft, in der wir leben, und auch uns selbst verwandeln. An die Stelle von Entsagung und Exzessivität träte ein Genuss, der uns zum Funkeln bringt.“

Doch auch der Genuss ist uns zur Arbeit entartet. Dies zeigt sich beispielsweise in unserer schönen Bio-Wellness-Welt in den gehobenen Stadtvierteln. Flaßpöhler macht dies anhand des Werbeslogans „Dinkel macht glücklich“ deutlich. Dinkel ist gesund. Aber schmeckt er auch? „Diese Frage stellt sich die gesundheitsbewusste Genießerin nicht und beißt stattdessen entschlossen in die Dinkelerdbeerschnitte, ein Kuchen, der den Namen Sandkuchen endlich einmal verdient hätte, denn er ist so trocken wie die Sahara und lässt sich nur mit einer Tasse Yogi-Tee herunterbekommen, die praktischerweise am selben Stand verkauft wird“, so die Autorin, die als freie Autorin für das Magazin „Psychologie Heute“ und das Deutschlandradio tätig ist.

Nun hat es Druck und Stress in der Arbeitswelt schon immer gegeben. Manchem, der heute an einem Burnout-Syndrom leidet, mag vielleicht der eine oder andere vorwerfen, er sei larmoyant, schließlich sei früher länger und zumindest sonnabends noch gearbeitet worden. Doch unzweifelhaft haben Smartphones für Arbeitnehmer und das Internet gravierende Veränderungen bewirkt. Es gelingt uns aufgrund der täglichen Mailflut immer weniger, vertiefend und damit befriedigend zu arbeiten. Immer bleibt etwas liegen, Mails müssen noch beantwortet werden, zwanghaft verausgaben wir uns heute im Netz, sammeln, kommunizieren, saugen auf, „bis sich das Denken vollends verflüchtigt hat in den unendlichen Weiten des Cyberspace“.

Flaßpöhlers kluges Buch endet mit einem „Lob des Lassens“. Wir sind unserem Schicksal nicht zwanghaft ausgeliefert und dazu verdammt, in der täglichen Mailflut zu ertrinken. Unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen sind für weite Teile zumindest der deutschen Bevölkerung so gut wie noch nie. Warum sollten wir unser Dasein daher nicht etwas weniger angestrengt angehen und einfach mal Dinge lassen, die nicht unbedingt erledigt werden müssen. Ansgar Lange

Svenja Flaßpöhler: „Wir Genuss-arbeiter. Über Freiheit und Zwang in der Leistungsgesellschaft“ DVA, München 2011, 208 Seiten, 17,99 Euro


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