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14.01.12 / Anschein von Demokratie / Die Bundesversammlung repräsentiert das Volk nur unzureichend

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-12 vom 14. Januar 2012

Anschein von Demokratie
Die Bundesversammlung repräsentiert das Volk nur unzureichend

Nie wieder einen Hindenburg, nie wieder eine mächtige und glanzvolle Persönlichkeit an der Staatsspitze. Darin waren sich die Mitglieder des Parlamentarischen Rates einig, als es darum ging, die rechtliche Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland festzulegen. Stattdessen sollte die Stellung des Bundespräsidenten im Vergleich zu der des Reichspräsidenten deutlich geschwächt werden. Kein vom Volk verehrter „Ersatzmonarch“ sollte das Staatsoberhaupt sein, sondern eine Art „Bundesnotar“, dessen Befugnis sich darauf beschränkt, unter bestimmten Voraussetzungen den Bundestag aufzulösen, den Bundesministern ihre Ernennungs- und Entlassungsurkunden auszuhändigen und Gesetze durch seine Unterschrift in Kraft zu setzen. Da sich die Autorität eines Staatsamtes zu einem großen Teil aus dessen Legitimation ergibt, sollte der Bundespräsident auch nicht mehr direkt vom Volk, sondern von einem speziell dafür geschaffenen Verfassungsorgan, der Bundesversammlung, gewählt werden.

Die Bundesversammlung hat einzig und allein die Aufgabe, den Bundespräsidenten zu wählen. Sie besteht gemäß Artikel 54 Absatz 3 des Grundgesetzes „aus allen Mitgliedern des Bundestages und der gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder nach dem Grundsatz der Verhältniswahl gewählt werden“. Die von den Landesparlamenten entsandten Mitglieder müssen nicht selbst der jeweiligen Volksvertretung angehören. Gleichwohl war es lange üblich, dass neben den Spitzenpolitikern der Länder vor allem verdiente und im Sinne der Parteiräson zuverlässige Politiker und Parteifreunde auf die von den Parteien aufgestellten Vorschlagslisten gesetzt wurden. Erst in den letzten zwei Jahrzehnten sind die Landesparlamente dazu übergegangen, vermehrt politisch unabhängige Personen in die Bundesversammlung zu wählen, die weder ein Mandat bekleiden noch einer Partei angehören.

So entscheiden mittlerweile auch Prominente, Sportler und Künstler darüber, wer das höchste Staatsamt bekleidet. Dies erweckt jedoch nur den Anschein einer stärkeren Demokratisierung der Bundespräsidentenwahl, denn selbstverständlich wird von den Wahlleuten erwartet, dass sie für den Kandidaten der Partei stimmen, die sie vorgeschlagen hat. Letztendlich sind sie damit nicht mehr als das Vollzugsorgan parteipolitisch vorgefasster Entscheidungen. Die Wahl des Bundespräsidenten erfolgt ohne Aussprache, was allerdings eine vorherige – und auch übliche – Absprache nicht ausschließt. Dabei erwecken die Parteien gern den Eindruck, die Mitglieder der Bundesversammlung hätten ein imperatives Mandat und seien somit an den Willen der sie entsendenden Partei gebunden. Tatsächlich sind sie in ihrer Wahlentscheidung jedoch frei und nicht an Aufträge und Weisungen gebunden. Auch haben sie das Recht, eigene Wahlvorschläge zu machen und selbst noch in der Bundesversammlung einen Kandidaten zu benennen. In der Praxis machen sie von ihrem Recht des freien Mandats jedoch nur selten Gebrauch.

Würde die Bundesversammlung jetzt zusammentreten, hätte sie 1240 Mitglieder. Union und FDP hätten allerdings nur eine Mehrheit von maximal drei Stimmen – vorausgesetzt, dass es unter den von ihnen entsandten Wahlleuten keine Abweichler gibt. Der parteipolitische Druck auf diese dürfte daher enorm sein. Jan Heitmann


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