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14.01.12 / Am Rande des Bankrotts / Ungarn: Unbotmäßige Zentralbank wird an die Kette gelegt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-12 vom 14. Januar 2012

Am Rande des Bankrotts
Ungarn: Unbotmäßige Zentralbank wird an die Kette gelegt

Die ohnehin angespannte Finanzlage Ungarns hat sich innerhalb weniger Wochen noch einmal dramatisch verschärft: Der Kurs des Forint ist im Sinkflug, die Bonität des Landes wird von allen drei großen Rating-agenturen inzwischen als „Ramsch“ eingestuft. Wie Investoren die Lage einschätzen, wurde bei einer Auktion von ungarischen Staatsanleihen in der ersten Januarwoche sichtbar: Obwohl ein Zinssatz von knapp zehn Prozent für einjährige Anleihen geboten wurde, fanden sich nicht genügend Abnehmer für die Papiere.

Zusätzlich angeheizt wird die dramatische Lage durch die Regierung Viktor Orban: Obwohl Ungarn dringend auf Finanzspritzen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU angewiesen ist, hat es der Regierungschef scheinbar darauf anlegt, potenzielle Geldgeber vor den Kopf zu stoßen. Jüngster Beleg sind die am 30. Dezember verabschiedeten Regelungen zur Einschränkung der Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank. Auch wenn Orban innenpolitisch mit seinen Maßnahmen punkten mag, die finanzielle Lage Ungarns wird dadurch zunehmend aussichtsloser.

Sollte es zu einem Bankrott kommen, wären vor allem Österreichs Banken betroffen: Erste Group, Bank Austria, Raiffeisen Bank International und Volksbanken AG haben in Ungarn Kredite in Milliarden Höhe vergeben. Belastet wurden die Banken bereits durch einseitig verkündete Maßnahmen Orbans in Bezug auf Kredite, die von Auslandsbanken an ungarische Privatpersonen vergeben wurden. In einem aktuellen Papier der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) wird nun vor den Folgen einer vollständigen Pleite Ungarns gewarnt. Nach Berechnungen der Bank entfallen 40 Prozent der ungarischen Auslandsverbindlichkeiten an EU-Länder allein auf Österreich. Folge dieses Klumpenrisikos bei einem einzigen Land könnte sein, dass sich weder beim IWF noch auf EU-Ebene Mehrheiten für Hilfsmaßnahmen für Ungarn zustande bringen lassen.

Eskaliert ist der ohnehin schwelende Streit zwischen der ungarischen Regierung und internationalen Geldgebern anlässlich eines neuen ungarischen Gesetzes, das die ungarische Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht zu einer Behörde zusammenlegt. Die wichtigsten Vertreter sollen künftig von der Regierung berufen werden. Orban sichert sich damit weitreichende Durchgriffsrechte auf die ungarische Zentralbank.

Kritik an dem Gesetz kommt nicht nur von außen, sondern auch in Ungarn selbst wird das Vorhaben kritisch gesehen. Die in Budapest erscheinende deutschsprachige Zeitung „Pester Loyd“ vermutet etwa, dass die Beschränkung der Selbstständigkeit der Nationalbank nur ein Vorgriff auf eine weitere Maßnahme sein könnte: der Plünderungen der Währungsreserven der Zentralbank. Die Vermutung kommt nicht von ungefähr, denn bereits Orbans Griff in ehemals unabhängige Pensionskassen hat umgerechnet etwa zehn Milliarden Euro in die leere Staatskasse gespült. Ein Zugriff auf Währungsreserven der Zentralbank im Wert von etwa 35 Milliarden Euro würde einen Staatsbankrott noch einmal aufschieben. H. Müller


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