© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-12 vom 14. Januar 2012

Mene mene tekel
von Wilhelm v. Gottberg

Die Überschrift heißt: „Gewogen und zu leicht befunden“. Bibelfeste Menschen wissen, dass dieser Text aus dem Alten Testament Daniel Kap. 6 stammt und dem König Belsazar galt.

Wir übertragen „gewogen und zu leicht befunden“ auf den amtierenden Bundespräsidenten Christian Wulff. Den letzten Beweis seiner Unfähigkeit, dem Amt gerecht zu werden, erbrachte das amtierende Staatsoberhaupt bei seinem Interview mit ARD und ZDF am 5. Januar. Er hatte nicht die Größe, einzugestehen, dass seine Anrufe bei Persönlichkeiten des Springer-Konzerns wegen Vertagung / Verhinderung einer Berichterstattung über eigene Fehlleistungen ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Pressefreiheit war. Er bettelte um Verständnis, erweckte den Eindruck, Opfer einer fürchterlichen Medienkampagne zu sein.

Er habe – so Wulff – in einer hochemotionalen Situation falsch reagiert, dafür entschuldige er sich. Das war alles. Hätte er sich doch Heinrich IV. zum Vorbild genommen, der den Canossa-Gang antrat. Wulff wird seinen eigenen moralischen Postulaten nicht gerecht. Er war es, der ein stets untadeliges Verhalten für die Spitzenpolitiker gefordert hatte. Beim Hauskredit der Frau Geerkens verschweigt Wulff das Wesentliche. Mit der Annahme des Kredits hat er sich abhängig gemacht. Herr Geerkens, obwohl kein Unternehmer mehr, nahm teil an Reisen niedersächsischer Wirtschaftsdelegationen, die Wulff seinerzeit geleitet hat.

In seiner Amtszeit leistete sich Wulff beachtliche Fehlleistungen. Erinnert sei an den Fall Sarrazin. Er ist eine Fehlbesetzung, er belastet das Amt durch seine Weigerung zurückzutreten.