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14.01.12 / Kriegsverbrechen im Indischen Ozean / Vor 70 Jahren wurde die »Van Imhoff« versenkt – Niederländische Marinedienststellen gaben unmenschliche Weisung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-12 vom 14. Januar 2012

Kriegsverbrechen im Indischen Ozean
Vor 70 Jahren wurde die »Van Imhoff« versenkt – Niederländische Marinedienststellen gaben unmenschliche Weisung

Vor 70 Jahren ertranken vor der Küste Sumatras über 400 deutsche Zivilinternierte auf einem holländischen Schiff, das von japanischen Bombern versenkt worden war. Wenn auch der Angriff von japanischer Seite erfolgte, so wurden viele dieser Deutschen nicht Opfer eines japanischen, sondern eines niederländischen Kriegsverbrechens.

Als am 10. Mai 1940 deutsche Truppen die Niederlande besetzten, begann die Kolonialverwaltung im damaligen Niederländisch Indien, dem heutigen Indonesien, alle 2436 Deutsche in Lagern zu internieren. Die Kolonien in Übersee wurden von der niederländischen Exilregierung in London regiert. Die Deutschen, die damals in Lager gesteckt wurden, waren Ingenieure, Ärzte, Wissenschaftler, Pflanzer und Erdölexperten. Einige davon waren jüdischen Glaubens. Unter ihnen waren auch Diplomaten, viele Missionare, Kaufleute und Seeleute sowie einige Künstler, wie der Begründer der berühmten balinesischen Malschule, Walter Spies.

Am 14. Dezember 1941 waren japanische Truppen auf Borneo gelandet und im Februar 1942 auf Sumatra. Da Deutschland mit Japan verbündet war, beschloss die niederländische Kolonialverwaltung im Januar 1942, die Internierten in die britische Kronkolonie Indien zu verschiffen. Zwei dieser Transporte mit niederländischen Schiffen gelangten tatsächlich nach Bombay. Das dritte Schiff, das für einen solchen Transport genutzt werden sollte, war der Frachter „Van Imhoff“, benannt nach dem Deutschen Gustav Wilhelm Baron van Imhoff, der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Generalgouverneur in Batavia, dem heutigen Jakarta, der oberste Repräsentant der Holländischen Ostindiengesellschaft im niederländischen Inselreich war.

Die „Van Imhoff“ legte am 18. Januar 1942 im Hafen Sibolga ab – ohne als Gefangenentrans­port gekennzeichnet zu sein. 48 Besatzungsmitglieder, 62 holländische Soldaten und 478 in Käfigen zusammengepferchte deutsche Zivilinternierte befanden sich an Bord. „Eine unerträgliche Hitze und ein furchtbarer Gestank füllten die Räume“, erinnerte sich einer der Überlebenden 25 Jahre später. „Wir bekamen fast nichts zu essen, und was noch schlimmer war, nur unzureichend zu trinken“, erinnert sich Heinrich Seitz, der für die katholischen Steyler Missionare als Bruder Aloysius in Niederländisch-Indien war und seinen Lebensabend im Missionshaus St. Wendel verbrachte. Er war auf dem Schiff der einzige Überlebende der 19 Mitglieder seiner Missionsgesellschaft, die 1875 im holländischen Steyl von dem Deutschen Arnold Janssen gegründet worden war.

Am 19. Januar 1942 griff ein japanisches Flugzeug die „Van Imhoff“ in der Annahme an, dass es sich um einen niederländischen Truppentransporter handle. Beim Sinken der „Van Imhoff“ ging die gesamte niederländische Mannschaft, als erster Kapitän Hoeksema, in die fünf großen fast leeren Landeboote, alle überlebten.

Den deutschen Gefangenen überließ ein flüchtender holländischer Feldwebel am Ende lediglich den Schlüssel ihrer Verließe. Den fast 500 deutschen Zivilinternierten blieb, sofern sie sich noch aus ihren Käfigen befreien konnten, nur noch ein kleines Rettungsboot, das die Holländer zurückgelassen hatten. Auf diesem Boot konnten sich etwa 50 Schiffbrüchige retten, weiteren 20 gelang es, im Meer oder auf Flößen den Haien zu entkommen und sich auf die ungefähr 90 Kilometer entfernte Insel Nias zu retten. Freundliche Niasser, darunter auch ein holländischer Pastor namens Ildefons van Straalen versorgten die Geretteten mit Nahrung und Getränken.

Bis auf Stephan Walkowiak hatten die Niederländer keinen einzigen Deutschen auf eines ihrer Rettungsboote gelassen. Auch das die Unglücksstelle passierende holländische Motorschiff „Boelongan“ lehnte es ab, die Schiffbrüchigen aufzunehmen, als es hörte, dass es sich um Deutsche handelte. In der Nachkriegszeit stellte sich heraus, dass niederländische Marinedienststellen auf der Insel Sumatra die Kapitäne der Evakuierungsdampfer angewiesen hatten, deutsche Schiffbrüchige bewusst nicht zu retten. So starben bei diesem Unglück 411 zivilinternierte Deutsche, darunter 20 protestantische und 18 katholische Missionare sowie der deutsche Künstler Walter Spies.

67 Männer erreichten Nias, wovon 65 überlebten. Die Aufnahme durch die Einheimischen war freundlich. Nias war damals eine der wenigen mehrheitlich christlichen Inseln im indonesischen Inselreich, das heute der größte islamische Staat weltweit ist. Deutsche Missionare beiderlei Konfession hatten sich über 150 Jahre um den Aufbau der christlichen Kirchen und Schulen auf Nias gekümmert und der Insel einen höheren Lebensstandard als im übrigen Indonesien beschert. Sie genossen unter der einheimischen Bevölkerung besonderes Vertrauen.

Nichtsdestoweniger wurden die gestrandeten Deutschen am darauffolgenden Tag wieder von den dortigen Holländern gefangen genommen. Einheimische Indonesier befreiten jedoch die Deutschen, verbündeten sich mit ihnen und setzten am 29. März 1942 die holländische Verwaltung ab. In einer Art Staatstreich wurde die „Republik Nias Merdeka“, die „Republik Freies Nias“ gegründet. Die Niasser jubelten, sie hatten nun mit Hilfe der Deutschen endlich das Kolonialjoch abgeschüttelt. Ein Vertreter der Firma Bosch namens Fischer wurde der erste Präsident dieser Republik und Albert Vehring ihr Außenminister. Einige Wochen regierten die Deutschen im Einvernehmen mit den Niassern ihre Insel, bevor die Japaner auch dort das Kommando übernahmen, nachdem sie vorher schon auf Sumatra und Java gelandet waren, wo sie nun ihrerseits die Niederländer in Internierungslagern gefangen hielten. Bodo Bost


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