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21.01.12 / Extremistenabwehr mit Schlagseite / Unverkennbare staatliche Defizite motivieren einzelne sogar zur Lynchjustiz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-07 vom 21. Januar 2012

Extremistenabwehr mit Schlagseite
Unverkennbare staatliche Defizite motivieren einzelne sogar zur Lynchjustiz

Während sich die Partei „Die Linke“ noch ärgert, dass Familienministerin Kristina Schröder (CDU) eine Einordnung der Parteizeitung „Neues Deutschland“ als linksextremistisch unterstützt, überweist die Ministerin 2012 24 Millionen Euro im „Kampf gegen Rechts“ und fünf Millionen im Kampf gegen Linksextremismus und Islamismus.

Obwohl die Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) offenbar keineswegs so unbeobachtet ihre grauenvolle Mordserie verübte, wie zuerst angenommen, beschäftigt sie erst seit dem tödlichen Finale im November die Öffentlichkeit und die Bundesministerien. Erst vor wenigen Tagen bekannte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), dass es ein „gravierendes Strukturproblem“ bei den Ermittlungen gegen das Zwickauer Neonazi-Trio gegeben habe. Doch das von ihm im Dezember überraschend schnell ins Leben gerufene „Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus“ – von vielen Medien fälschlicherweise als „Abwehrzentrum Rechts“ bezeichnet – soll nun die Kooperation der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder verbessern. Es soll wie das „Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum“ (GTAZ) gegen islamistischen Terrorismus, das nach dem 11. September 2001 2004 ins Leben gerufen wurde, dem bundesweiten Informationsaustausch dienen. Trotzdem muss die Politik mit der Kritik leben, dass die staatlichen Institutionen im Fall der NSU auf viel breiterer Front als zugegeben versagt haben.

Das scheint wiederum in gewissen Kreisen die Absicht zu verstärken, die Dinge selbst zu regeln. So überraschte der Sicherheitschef des Fußballvereins St. Pauli, Sven Brux, nach schweren Krawallen bei einem Hallenfußballturnier in Hamburg mit bedenklichen Aussagen: „Der FC St. Pauli wird ... gerühmt für dieses gegen Rechtssein ..., meine Güte, da muss das in der Realität auch mal umgesetzt werden. Wenn irgend so ein Nazi da meint, er könnte im St.-Pauli-Block derartige Sprüche loslassen, dann muss der auch das Gefühl haben, dass ihm das gesundheitlich womöglich nicht ganz gut tut.“ Da viele diese Rechtfertigung für Gewalt kritisierten, merkte Brux zwar später an, so habe er das nicht gemeint, trotzdem ist die Massenschlägerei, in der einige meinten, das Recht verfassungswidrig selbst in die Hand nehmen zu müssen, mit 90 verletzten Zuschauern und Polizisten geschehen.

Die Hamburger Polizei hat keinerlei Verständnis hierfür, beobachtet sie doch mit dem Landesverfassungsschutz Personen mit rechtsextremen Hintergrund (überwiegend Mitglieder der NPD, aber auch einige autonome Nationalisten). Und wer sich von Rechtsextremen bedroht füllt, kann jederzeit Sicherheitsbehörden, aber auch das Mobile Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus kontaktieren. Das Beratungsnetzwerk, das so hyperaktiv im „Kampf gegen Rechts“ ist, dass es die PAZ zunächst als Feind ansah und Auskunft über seine Arbeit verweigerte, hat 2011 in Hamburg 90 Beratungen mit Eltern, Schulen und Unternehmen über Probleme mit rechtsextrem-auffälligen Kindern, Schülern und Arbeitnehmern geführt. Es existiert in jedem Bundesland und wird vom Bund massiv gefördert. Nach dem Anschlag in Norwegen durch den mörderischen Psychopathen Anders Breivik im Juli letzten Jahres stockte der Bund allein für die Stadt Hamburg die Bundesmittel von 200000 um 50000 Euro auf.

Auch in Sachen Prävention ist Hamburg aktiv. Lehrer könne sich über zahlreiche Publikationen für jede Bildungs- und Altersstufe freuen, zudem werden Seminare und Fachveranstaltungen wie „Krass gegen Rechtsextremismus – Zivilcourage macht Schule“ angeboten. Ein wenig wundert es, warum der Landesjugendring Hamburg e.V. seine „Alternativen Stadtrundfahrten“, so sie denn objektiv und unideologisch angelegt sind, nicht unter der Rubrik Geschichtsunterricht, sondern unter „Kampf gegen Rechts“ anbietet. Das albern anmutende durchgestrichene Playmobilmännchen mit Hitlerbart auf der Internetseite des Landesjugendrings macht allerdings einen zwanghaft politisierenden Eindruck à la Antifa. Dabei passen Fahrten zur KZ-Gedenkstätte Neuengamme und Themen wie „Hamburger Kirchen und Glaubensgemeinschaften im Dritten Reich“ in den regulären Geschichtsunterricht.

Trotz des umfangreichen Engagements im „Kampf gegen Rechts“ fühlten sich die St-Pauli-Fans berufen, das Recht in die Hand zu nehmen, da sie angeblich den Hitler-gruß und entsprechende Äußerungen aus dem gegnerischen Fanblock wahrgenommen haben wollten. Auch sieht sich der FC St. Pauli nicht veranlasst, seinen Sicherheitschef nach dessen zur Gewalt aufrufenden Äußerungen zu entlassen. Auf Anfrage der PAZ, was die Stadt Hamburg gegen Linksextremismus täte, antwortete das Landesamt für Verfassungsschutz, dass sich Bürger mit Fragen und Hinweisen an den Verfassungsschutz wenden könnten, dies „gilt aber selbstverständlich auch für ausstiegswillige Linksextremisten“. Zudem habe sich der Landesverfassungsschutz über die Bundesprogramme „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ und „Initiative Demokratie stärken“ mit Einstiegswegen in den gewaltorientierten Linksextremismus befasst.

Allerdings sehen einige wiederum Defizite im „Kampf gegen Linksextremismus“ und so forderte vor kurzem der Bund deutscher Kriminalbeamter ein „Gemeinsames Abwehrzentrum Linksextremismus“. Und das Bundesfamilienministerium unter Kristina Schröder unterstützte vor kurzem eine Broschüre für Schüler mit dem Titel „Demokratie stärken – Linksextremismus verhindern“. Rebecca Bellano


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