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28.01.12 / Ein Schloss im Schloss / »Unteres Fürstenquartier« im Neuen Palais nach Restaurierung wiedereröffnet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-12 vom 28. Januar 2012

Ein Schloss im Schloss
»Unteres Fürstenquartier« im Neuen Palais nach Restaurierung wiedereröffnet

Das ist ein besonderer Moment,“ sagte Samuel Wittwer, Direktor der Abteilung Schlösser und Sammlungen der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten (SPSG) anlässlich der Vorstellung des restaurierten „Unteren Fürstenquartiers“, einer von zehn „Gästewohnungen“ im Neuen Palais Potsdam. Zu den wiederhergestellten Räumen gehört auch das einzigartige Tressenzimmer. In Anwesenheit des Generaldirektors Hartmut Dorgerloh hatten sich die Förderer des Projektes und zahlreiche Pressevertreter im Vorzimmer des „Unteren Fürstenquartiers“ eingefunden. Endlich konnten, nachdem es vor fast 30 Jahren geschlossen wurde, am 18. Januar die Pforten zu einem „Juwel aus friderizianischer Zeit“, so Dorgerloh, wieder geöffnet werden. Zumindest für die Presse, denn die Öffentlichkeit bekommt die Kostbarkeiten erst ab dem 28. April zu sehen.

„Den Besuchern werden die Augen übergehen,“ schwärmte der Generaldirektor, und er hat recht. Was da schlicht als „Unteres Fürstenquartier“ bezeichnet wird, erschlägt den Besucher beinahe an Pracht. Und das, obwohl das Mobiliar noch fehlt. Doch bis zur Eröffnung wird es fertig eingerichtet sein. Fast fünf Jahre waren die Restauratoren damit befasst, die Räume wieder instand zu setzen. Die Restaurierung verschlang 1,2 Millionen Euro, die zu einem Großteil aus Spenden der Mittelbrandenburgischen Sparkasse, der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und des World Monuments Fund Europe (WMF) stammten.

Als Fanfaronade, einer Art Paukenschlag, Machtdemonstration der ungebrochenen Stärke Preußens nach dem Siebenjährigen Krieg, sollte das Neue Palais geschaffen werden. Des Königs letztes und größtes Schloss könne als ein „Grand Hotel für Fürsten“ angesehen werden, so Dorgerloh. Es enthält sieben Doppel- und drei Einzelappartements. Das „Untere Fürstenquartier“ besteht aus einem Vorzimmer, dem Tressenzimmer, einem Konzertzimmer und dem Ovalen Kabinett. Hinzu kommen zur Hofseite noch zwei Schlafzimmer und ein Schreibkabinett.

„In keinem anderen Schloss in Deutschland haben wir so einen Reichtum an verschieden gestalteten Wandoberflächen,“ erläuterte Wittwer. Eine Herausforderung für die Restauratoren war insofern auch das Tressenzimmer. Die Seidentapeten stammen noch aus der Zeit Friedrichs. Anhand der Signatur konnte man sie der Seidenmanufaktur Baudouin aus Berlin zuweisen. Die hinter den 250 Jahre alten Stoffen befindlichen Holzkonstruktionen waren stark mit Holzwürmern befallen, der Seidenstoff durch Lichteinwirkung fragil. Beinahe alle Bahnen mussten abgenommen, aufwendig gereinigt, anschließend mit Baumwollgewebe gestützt und nach einem historischen Verfahren mit Kartoffelstärke wieder angeklebt werden. Nadel und Faden hätten weiteren Schaden zugefügt. Acht Personen waren nötig, um eine Bahn wieder anzubringen.

Kostbar ist die Wandbespannung, da sie mit goldenen Borten bestickt ist. Anhand einer Rechnung für ein gleiches Zimmer im Schloss Charlottenburg konnte man die Kosten genau ermitteln: 14000 Taler. Samuel Wittwer erwähnte als Vergleich das Monatsgehalt eines Klavierstimmers am Hofe Friedrichs: ganze zwei Taler. Von den Textilausstattungen her ist somit das Tressenzimmer als das Kostbarste anzusehen. Und es ist auch das einzig original erhaltene in allen preußischen Schlössern. Nur im Lesekabinett Friedrichs gibt es noch eine originale Wandbespannung.

Im Konzertzimmer hatte sich ein Hausschwamm entwickelt. Nach dessen Entfernung restaurierte man das Parkett. Inzwischen befinden sich auch die fünf Wandgemälde wieder an ihrem historischen Platz. Die von Jacob van Schuppens gemalten Szenen aus der griechischen Mythologie hingen dereinst im Schloss Laxenburg in Österreich. Um die Kunstwerke rankt sich der Mythos, dass Kaiserin Maria Theresia sie nach dem Tod des Kaisers wegen zu freizügiger Darstellung aussortierte, was für Friedrich ein besonderer Anreiz gewesen sein soll, sie käuflich zu erwerben. Die Arbeiten im benachbarten Ovalen Kabinett, wegen seiner Form auch „Tassenkopfkabinett“ genannt, halten noch an. Die Restaurierung der Lackoberfläche, eine Technik, die damals aus Paris kam, erfordert einen ungeheuren Aufwand. Bis zur Ausstellungseröffnung soll jedoch alles fertig sein.

Das „Untere Fürstenquartier“ ist das prächtigste aller Appartements im Neuen Palais. „Ein kleines Schloss im Schloss,“ so Wittwer. Ein wahrlich königliches Geschenk zu Friedrichs 300. Geburtstag. Silvia Friedrich


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