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28.01.12 / Denkmalschutz zur Chefsache erklärt / Medwedjew besorgt über Zustand des deutschen Kulturerbes − Er will Privatisierungen zurücknehmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-12 vom 28. Januar 2012

Denkmalschutz zur Chefsache erklärt
Medwedjew besorgt über Zustand des deutschen Kulturerbes − Er will Privatisierungen zurücknehmen

Diskussionen über den Zustand und die Nutzbarkeit noch erhaltener deutscher Architekturdenkmäler finden in periodischen Abständen unter Königsberger Politikern statt. Erstmals hat sich nun ein russischer Präsident direkt eingemischt.

Eigentlich sind sich in Königsberg alle bewusst darüber, dass deutsches Kulturerbe erhaltenswert ist, nicht zuletzt, weil es sich für die Förderung des Tourismus in der Region nutzen ließe.

Vor kurzem wurde der Denkmalschutz im Königsberger Gebiet zur Chefsache erklärt, als auf höchster Ebene über die noch erhaltenen Bauten beraten wurde. Mit Dmitrij Medwedjew hatte erstmals ein russischer Präsident die Regionalregierung darauf aufmerksam gemacht. Das Staatsoberhaupt warf die Frage auf, die Privatisierung historischer Bauten, die zur Zeit nicht genutzt werden, auf den Prüfstand zu stellen. Er lenkte die Aufmerksamkeit auf europäische Erfahrungen und meinte, es sei wichtig, die Gebäude nur in die Hände von solchen Eigentümern zu geben, die sich auch um ihren Erhalt kümmerten, keine entstellenden Veränderungen an den Fassaden vornehmen und sich für den Erhalt ihres ursprüngliches Aussehen einsetzen. Medwedjew verwies auf die Praxis im Ausland, wo sich sehr viele Architekturdenkmäler in Privatbesitz befinden. Er sagte: „Diese Architekturdenkmäler müssen eine richtige Umgebung haben, in der sie zur Entwicklung der Region beitragen, neue Arbeitsplätze schaffen und den Tourismus ankurbeln“.

Bei einem Treffen mit Journalisten ging Medwedjew auf das Thema „deutsches Kulturerbe“ ein: „Das Königsberger Gebiet muss sich seiner Vergangenheit nicht schämen“. Er führte weiter aus, es sei in der Geschichte der Menschheit ein üblicher Fall, dass eine Stadt von einem Staat in einen anderen übergehe. So etwas komme vor. Dennoch müsse man die Kulturgegenstände aus vergangenen Epochen genauso erhalten wie die der gegenwärtigen. Medwedjew drückte sein Bedauern darüber aus, dass die Denkmäler der Vergangenheit immer mehr verfallen, umso mehr, als gerade sie eine Quelle des künftigen Tourismus in der Region sein könnten. Schon zuvor hatte der Präsident das Problem mit Gouverneur Nikolaj Zukanow erörtert und ihm vorgeschlagen, ein Programm zum Erhalt des Kulturerbes zu erarbeiten.

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Auf einer der vergangenen Sitzungen der Regionalregierung wurde sogleich ein Konzept zur Nutzung von historischen Gebäuden verfasst, in dem es vor allem um die Gebäude der Stadtbefestigung geht. Schon jetzt ist klar, dass für die Erhaltungsmaßnahmen Unsummen an Geld vonnöten sind. Will man beispielsweise das Fort Nr. 3 in den kommenden fünf Jahren in Ordnung bringen, bedürfe es einer Summe von 2,5 Millionen Euro. Für diese Summe will man auf dem Gelände des Forts Cafés, ein Hotel, einen Spielplatz, einen Campingplatz sowie Ausstellungssäle bauen. Damit die neuen Objekte auch gut besucht werden, sollen drei Touristenrouten ausgearbeitet werden, die die Forts der Stadt und die Burgen der Region miteinander verbinden.

Nikolaj Zukanow erinnerte an das Roßgärter Tor, in dem das Restaurant „Solnetschnyj kamen“ (Sonnenstein) und das Bernsteinmuseum neben dem Dohna-Turm untergebracht sind. Früher war das Tor in Privatbesitz übergeben worden gemäß einem Privatisierungsprogramnm, das der damalige Präsident auf den Weg gebracht hatte. Jetzt besteht der Gouverneur darauf, dass es wieder verstaatlicht und dem Bernsteinmuseum übertragen wird.

Eine anderes ungelöstes Problem ist das Schicksal des Wrangelturms, der sich am Oberteich hinter dem Zentralen Markt der Stadt befindet. Der Wrangelturm wurde im Jahr 1859 zerstört. Er ist quasi eine Kopie des etwa einen halben Kilometer von ihm entfernten Dohna-Turms. Bis zum Zweiten Weltkrieg war hier ein Museum beheimatet. Der Pachtvertrag, der bis zum Jahr 2049 mit einer Privatfirma abgeschlossen wurde, die auf dem Gelände ein Café und ein Antiquariat betreibt, soll jetzt gekündigt werden.

Nach Informationen der städtischen Denkmalschutzbehörde ist der Pächter jedoch seit zwei Jahren mit der Zahlung der Pacht im Rückstand. Außerdem soll der Pächter die notwendigen Maßnahmen zum Erhalt der Anlage nicht ausgeführt haben. Auf dem Dach des Forts wachsen immer mehr Sträucher hindurch, deren Wurzeln die Ziegel zerstören. Zwar hat der derzeitige Hausherr im Innern einige notdürftige Reparaturen vorgenommen, doch reichen diese bei weitem nicht aus. Der Denkmalschutz fordert, dass der Pächter auf eigene Kosten eine Dokumentation erstellen lassen und umfassende Restaurierungsarbeiten durchführen lassen soll. Weil er dem wohl nicht nachkommen wird, hofft der Gouverneur, den Pachtvertrag deshalb vorzeitig kündigen zu können. Jurij Tschernyschew


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