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04.02.12 / London deckt Stasi-Agenten / Geheimdienste im Visier: Großbritannien verhindert Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-12 vom 04. Februar 2012

London deckt Stasi-Agenten
Geheimdienste im Visier: Großbritannien verhindert Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit

Das DDR-Regime ließ nicht nur Deutsche auf mittel- und westdeutschem Boden agieren, auch Nicht-Deutsche spitzelten im Auftrag von Ostberlin im Ausland. Doch bisher ist dieses Kapitel der DDR-Vergangenheit kaum erforscht, auch weil das Ausland abblockt.

Briten und Amerikaner in Stasi-Diensten? Dass Bürger westlicher Länder als Stasi-Mitarbeiter in der öffentlichen Wahrnehmung bisher kaum eine Rolle spielen, hat nicht nur mit dem Vernichten von Akten in den Wendejahren 1989/90 zu tun. Bis heute halten die USA und Großbritannien von der Stasi erbeutetes Material zurück: Würde man einen Wettbewerb veranstalten, welcher Nachrichtendienst die wenigsten Spuren in den Archiven hinterlassen hat, gäbe es einen klaren Anwärter für eine Spitzenposition: die militärische Aufklärung der NVA. Einige wenige enttarnte Agenten in Westeuropa, einige Zeitzeugen und eine Handvoll Akten im Bundesarchiv sind schon fast alles, was man mit dem 1990 aufgelösten Nachrichtendienst noch in Verbindung bringen kann.

Die geheime Truppe, die den Ruf hatte, recht effektiv zu arbeiten, ist heute nur noch das Spezialgebiet einiger Historiker und Geheimdienstexperten. Nicht ganz so erfolgreich beim Beseitigen von Spuren war die Auslandsspionage der Staatssicherheit, die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des MfS. Das Beseitigen von schriftlichem Material ist ihr nur teilweise gelungen. Zum Debakel geriet sogar der Versuch, hochbrisante Daten beim KGB in Sicherheit zu bringen. Wie es dem CIA gelungen ist, das unter der Bezeichnung „Rosenholz“-Datei bekannt gewordene Material an sich zu bringen, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Kolportiert wird, dass die Bestechung eines Mitarbeiters in der Ostberliner KGB-Residentur eine entscheidende Rolle gespielt hat. Unbestritten ist allerdings die Bedeutung des von der CIA erbeuteten Materials: Nicht nur die Ergebnisse der Stasi-Auslandsspionage wurden rekonstruierbar, sondern auch die Identitäten der angeworbenen Agenten in Westeuropa und den USA.

Nach hartnäckigem Bemühen durch die Bundesregierung wurden zwischen 1999 und 2003 durch die US-Behörden Kopien der „Rosenholz“-Datei an Deutschland übergeben. Das übergebene Material kam nicht nur reichlich spät, es ist auch bis heute unvollständig: Auf den insgesamt 381 Datenträgern, die an Deutschland übergeben wurden, fehlt Material, das sich auf nichtdeutsche Stasi-Agenten in Westeuropa bezieht. Diese Daten wurden von den Amerikanern zwar den betreffenden Staaten ausgehändigt, aber nicht Deutschland.

Die Regierungen von Norwegen, Dänemark und Schweden haben inzwischen signalisiert, dass sie die Datenbestände, die sie von der CIA erhalten haben, Deutschland zugänglich machen wollen. Auf Granit gebissen ist die deutsche Anfrage allerdings im Falle Großbritanniens. Obwohl für die wissenschaftliche Forschung die Zusammenführung der Datenbestände dringend nötig wäre, wird eine Einsichtnahme bisher strikt abgelehnt. Gestützt auf Angaben des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5 wurden im Jahr 1999 vom damaligen Innenminister Jack Straw gegenüber Parlamentariern angegeben, dass etwa 100 Briten für die Stasi gearbeitet hätten. Zumindest in juristischer Hinsicht scheint diese Zusammenarbeit in keinem einzigen Fall Folgen gehabt zu haben.

Anthony Glees, Professor an der University of Buckingham, gab gegenüber dem „Guardian“ an, dass es in Großbritannien bisher keine Verurteilung wegen Spionage für die Stasi gegeben habe. Über den modus operandi, auf den sich der Inlandsgeheimdienst MI5 und die enttarnten Agenten geeinigt haben, kann man nur spekulieren.

Ähnlichen Pragmatismus kennzeichnet auch die britische Auslandsspionage durch den MI6. Bereits 2006 sah er sich Vorwürfen russischer Behörden ausgesetzt. Außer der „üblichen“ Spionage ging es bei den damaligen Vorwürfen um die verdeckte Unterstützung auf von Bürgerrechtsgruppen. Dass es sich damals nicht um russische Paranoia gehandelt hat, wurde vor kurzem durch eine Dokumentation des Senders BBC2 aufgedeckt. Die russischen Vorwürfe waren zutreffend, wie Jonathan Powell, ein ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter Tony Blairs, gegenüber der BBC bestätigte.

Die damals vom britischen Botschafter vehement bestrittene geheime finanzielle Unterstützung von Bürgerrechtsgruppen gehört eigentlich zum Standardrepertoire von Nachrichtendiensten. Mehr aus einem James-Bond-Film könnten allerdings Geräte stammen, die dem russischen FSB im Zusammenhang mit den damaligen britischen Aktionen aufgefallen waren. Als moderne Variante des „Toten Briefkastens“ nutzte der MI6 Mini-Computer zur Datenübermittlung. In

Steinattrappen eingebaut, wurden die Computer unauffällig am Rande Moskauer Straßen deponiert und konnten per Funk von Agenten mit Daten beschrieben und ebenfalls per Funk im Vorbeigehen oder Fahren ausgelesen werden. Norman Hanert


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