18.04.2024

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18.02.12 / Reformer haben sich durchgesetzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-12 vom 18. Februar 2012

Reformer haben sich durchgesetzt

Protagonisten der Reformpädagogik behaupten gerne, ihre Pädagogik habe sich unterrichtlich auch in den Regelschulen breitgemacht. Das stimmt. Denn wer heute etwa als Lehrerbildner etwas auf sich hält, dem gehen Selbstentfaltung, Selbstregulierung, Selbstunterrichtung, Selbstverwirklichung als Ziele „modernen“ Unterrichts wie selbstverständlich von den Lippen. Projektunterricht, offener Unterricht, Lernen durch Lehren, Freiarbeit, Kreisgespräch, Materialtheke, Wochenplanarbeit sind angesagt. Der lehrergeleitete Unterricht scheint als „Frontalunterricht“ zur Igittigitt-Methode verkommen zu sein.

Ob die folgende Schülerfrage so gestellt wurde oder ob sie nur treffend erfunden ist, sei dahingestellt: „Frau Lehrerin, dürfen wir heute, was wir sollen, oder müssen wir wieder, was wir wollen?“ Aber ernsthaft: Studien der Max-Planck-Institute für Bildungsforschung (Berlin) und für psychologische Forschung (München) widerlegen die reformpädagogischen Erwartungen. Immer wieder wird festgestellt: Es erweist sich diejenige Lehrform als besonders effektiv, die als direkte Instruktion bezeichnet wird. Direkte Instruktion verbessere die Leistungen aller Schüler, erhöhe deren Selbstvertrauen in die eigene Tüchtigkeit und reduziere ihre Leistungsängstlichkeit. Bei einem guten Lehrer handle es sich dementsprechend um einen Lehrer mit geschickter Fragetechnik, mit hoher Leistungserwartung und mit straff organisiertem Unterricht. Bemerkenswert ist schließlich, dass die pädagogischen Vorzüge guter Lehrer nach den Befunden der wissenschaftlichen Unterrichtsforschung eher in kognitiven als in sozio-emotionalen Aspekten der Unterrichtsgestaltung liegen. Und: Gerade schwächere Schüler brauchen einen solchen lehrerzentrierten Unterricht. J.K.

 

Zeitzeugen

Rudolf Steiner (1861–1925) – Der Begründer der Anthroposophischen Gesellschaft und der Waldorf-Pädagogik leitete von 1919 bis 1925 die von dem Waldorf-Astoria-Zigaretten-Industriellen Emil Molt in Stuttgart errichtete erste Waldorfschule. In Deutschland gibt es 230 Waldorfschulen; das sind 0,5 Prozent aller Schulen in Deutschland.

Peter Petersen (1884–1952) – Ab 1923 Professor der Pädagogik in Jena, war Petersen Begründer der Jenaplan-Schule als „Lebensgemeinschaftsschule“ mit Wochenplanarbeit statt 45-Minuten-Takt und mit Stammgruppen statt Jahr-gangsklassen. In Deutschland gibt es rund 40 Schulen, die sich ex-plizit als Jenaplan-Schulen ver-stehen.

Maria Montessori (1870–1952) – Die studierte Ärztin war in Rom vor allem in der Erziehung und Betreuung schwächer Begabter tätig. Sie betrachtete das Kind als „Baumeister seines Selbst“. „Sage nie einem Kind, dass es etwas falsch oder schlecht gemacht hat. Biete dem Kind bei nächster Gelegenheit wieder diese Aufgabe an, bis es selbst an der Aufgabe seinen Fehler merkt und korrigiert“, so Montessori, die sich gegen Strafe und Belohnung gleichermaßen aussprach. In Deutschland sind 400 Schulen, 300 davon im Primarbereich, nach ihr benannt, oder sie arbeiten überwiegend nach den Grundsätzen der Montessori-Pädagogik.

Célestin Freinet (1896–1966) – Der Franzose wandelte eine ein-klassige französische Dorfschule in eine Druckerei um, in der die Schüler ihre Lernmaterialen selbst herstellten. Er gilt als Be-gründer der Methode der Freiar-beit als Unterrichtsprinzip. Hier entscheiden die Schüler weitge-hend selbst, welchen Themen sie sich auf welche Weise widmen.

Hermann Lietz (1868–1919) – Begründer der deutschen Lander-ziehungsheime, die sich vor allem als Lebensraum für Schüler ver-stehen sollen. Nach dem 2011 erfolgten Austritt der Schloss-Schule Salem und der Odenwaldschule sind derzeit 19 der deutschen Landerziehungsheime in der Vereinigung Deutscher Landerziehungsheime zusammengeschlossen.


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